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In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition)

In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Fux
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Die tugendhafte Senta stürzte sich in die Fluten, um den fliegenden Holländer mit ihrer Treue von seinem Fluch zu erlösen. Unauffällig schielte Nathalie auf ihre Armbanduhr aus Platin, das kostspielige Geschenk eines Verehrers. Gleich halb elf. Zum Glück gehörte der »Holländer« zu den kürzeren Wagner-Opern.
    Eine gute Stunde später stand sie auf der Treppe der Staatsoper. Wenn Nathalie Opern an sich auch nicht mochte, der Bau mit seiner auch nach fünfzig Jahren noch immer modern wirkenden Glasfassade gefiel ihr gut. Keine verspielten Schnörkel, keine grinsenden Figuren, hell, klar und sachlich.
    Der Abend war lau. »Fahr schon mal vor, Papa«, sagte sie. »Ich laufe noch ein paar Schritte.«
    »Bist du sicher? Ich kann dich begleiten.«
    Nein, vielen Dank, dachte sie. Er würde nur endlos über die Begegnungen des Abends reden, mit den Künstlern, den Honoratioren, die ein Stückchen kulturellen Glanz abbekommen wollten. Alles Menschen, die sie nicht im Geringsten interessierten. »Nein, wirklich, ich bin ganz gern ein bisschen allein.«
    Er gab ihr einen Kuss auf die Wange. Mit Mitte sechzig sah er in seinem Smoking noch immer blendend aus. »Bleib nicht zu lange weg.«
    Als er davonging, atmete Nathalie zum ersten Mal an diesem Tag richtig durch. Sie schlenderte die große Theaterstraße herunter, die schnurgerade zur Alster führte. Dort setzte sie sich für einen Moment auf eine Bank und genoss den Blick auf die dunkle Wasserfläche und die hell erleuchteten Fassaden, die die Alster säumten. Jetzt nehme ich noch einen Drink, dachte sie aufmüpfig. Sie hatte bereits zwei Gläser lauwarmen Champagner getrunken – eigentlich ihr Limit für einen Abend. Sie erhob sich und strebte auf das Hotel Vier Jahreszeiten zu. In Bars guter Hotels herrschte immer eine angenehm anonyme Atmosphäre. Im Grunde war ihr die Bar im Vier Jahreszeiten mit den holzgetäfelten Wänden und den Kolonialmöbeln viel zu gediegen. Aber die Drinks waren gut. Sie setzte sich auf einen der roten Lederhocker direkt am Tresen und legte die silberne Abendhandtasche neben sich.
    »Was darf es sein für die Dame?«
    »Einen Manhattan.«
    »Für mich auch«, sagte eine Stimme neben ihr. »Sie mögen auch keine Opern, habe ich recht?«
    Das offene Lächeln war ihr auf Anhieb sympathisch. »Erwischt.« Nathalie lachte. »Aber verraten Sie das bloß niemandem.«

KAPITEL 15
    Hadice musterte zornerfüllt ihren verschalten Fuß. Noch mindestens zwei Wochen würde sie damit herumhumpeln müssen. Eine Kommissarin auf Krücken war ganz einfach eine Lachnummer. Sie hüpfte einbeinig in die kleine Küche und riss den Kühlschrank auf. Ihre Großmutter hatte ihn mit türkischen Köstlichkeiten bis oben hin vollgestopft. Aber wie sollte man Appetit haben, wenn man sich nicht ordentlich bewegen konnte. Sie nahm ein paar Schlucke Milch direkt aus der Tüte, als sie im Wohnzimmer das Diensthandy klingeln hörte. Sie hinkte schnell zurück und schaffte es gerade noch, den Anruf anzunehmen, bevor die Mailbox ansprang.
    »Öztürk.«
    »Hadice? Markus hier.«
    Müller, diese Pfeife von einem Polizisten. Wieso rief der sie denn auf einmal an? Sie ließ sich aufs Sofa plumpsen. »Was gibt’s denn?«
    »Ja, äh, das ist ein bisschen kompliziert …«
    Spuck’s aus Junge, dachte sie.
    »Wir haben hier einen Vermisstenfall.«
    Hadice setzte sich aufrecht hin. Eigentlich war das keine Sache, wegen der Markus sie anrufen würde, es sei denn …
    »Es handelt sich um die Senatorin …«
    »Nathalie Stüven?«
    »Genau.« Markus klang kleinlaut. Er hatte Hinweise darauf gehabt, dass die Senatorin gefährdet sein könnte, und er war dem nicht nachgegangen.
    »Ich kümmere mich darum.« Hadice schnappte sich ihre Krücken.
    Der Kleiderschrank gab nicht viel her. Hadice wühlte zunehmend frustriert in Jeans und Lederhosen – Motorradversion, nicht die bayerische Variante. Keine von denen würde sie über ihren Klumpfuß ziehen können. Und eine Hose zu opfern, indem sie einfach ein Hosenbein aufschnitt, kam nicht infrage. Die verblichenen Shorts, die sie im Wechsel seit fast zwei Wochen trug, waren jedenfalls auch nicht salonfähig. »Blöder Mist«, fluchte sie. Sie zerrte zwei Röcke hervor. Mini, Leder, rot. Kam nicht infrage. Jeans, mini, ebenso wenig. Schließlich fiel ihr Blick auf ein züchtig auf dem Bügel hängendes Teil, das noch in der Plastikhülle der Reinigung steckte. Letztes Jahr hatte ihre Nine den siebzigsten Geburtstag gefeiert.
    »Ich

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