Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition)

In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Fux
Vom Netzwerk:
Ihre Wangen waren gerötet und sie trug ein luftiges Sommerkleid. Die sorgfältig pedikürten Füße waren nackt.
    »Noch mehr Besuch«, sagte sie, »hereinspaziert.« Sie vollführte eine schwungvolle, etwas fahrige Armbewegung. Aus dem Hintergrund war Gelächter zu hören.
    Na, wie eine trauernde Witwe sieht die aber nicht gerade aus, dachte Hadice.
    Sie zückte ihren Ausweis. »Kriminalpolizei. Ich hoffe, wir stören nicht.«
    »Die Kripo?« Sabine Klasen nahm den Ausweis und betrachtete ihn neugierig. Dann spazierte sie damit davon. Auf der Terrasse im Garten saßen drei Frauen im gleichen Alter. Sektgläser standen auf dem Tisch. Die leere Flasche war offenbar nicht die erste.
    Sabine Klasen stolperte an der Türschwelle und musste sich mit einer Hand abfangen. »Hoppla.« Sie kicherte. »Wir haben Besuch von der Kriminalpolizei.« Das »a« in Kriminalpolizei dehnte sie dramatisch.
    »Im kleinen Schwarzen und auf Krücken«, bemerkte eine Brünette, deren große Brüste die Bluse zu sprengen drohten. »Das nenne ich mal Stil.«
    »Sabine«, sagte die Zweite mit bleistiftkurzen gebleichten Haaren und einer roten eckigen Brille, »jetzt haben wir den Salat: Du stehst unter Mordverdacht.«
    »Verdient gehabt hätte er es.« Die Brünette schwenkte ihr Sektglas. »Sebastian, der Schweinehund, möge er in der Hölle schmoren.«
    Hadice konnte sich kaum das Lachen verkneifen. Da schien der Tod ausnahmsweise mal den Richtigen getroffen zu haben.
    »Vielleicht können wir uns irgendwo ungestört unterhalten«, fragte Henry zuvorkommend.
    »Natürlich, wir gehen einfach ins Wohnzimmer.«
    Die junge Witwe ließ sich auf die helle Ledercouch plumpsen und zog die Füße hoch.
    Hadice setzte sich umständlich in einen Sessel. Henry zog sich einen Stuhl vom Esstisch heran.
    »Frau Klasen, es tut uns sehr leid, Sie belästigen zu müssen, aber es haben sich neue Gesichtspunkte ergeben …«
    »Nur zu.« Sabine Klasen wedelte vage mit der linken Hand. In der rechten hielt sie noch immer ihr leeres Sektglas. Verdutzt sah sie es an und stellte es auf den Glastisch vor sich.
    Hadice zog einen Block aus ihrer Umhängetasche.
    »Sie haben Ihren Mann am Donnerstag vor zwei Wochen vermisst gemeldet. Er war in der Nacht zuvor nicht nach Hause gekommen und auch nicht an seinem Arbeitsplatz erschienen. Ist das richtig?«
    »Das war vollkommen untypisch für Sebastian«, bestätigte die Witwe.
    »Wann hat er denn das Haus verlassen?«
    »So gegen sieben. Wir haben noch zusammen Abendbrot gegessen und dann ist er los.«
    »Wissen Sie, wohin?
    »Vermutlich zu Augusta. Da war er meistens …«
    »Zu diesem Portugiesen? Ich dachte, er hätte schon gegessen.«
    »Nicht wirklich.« Die Witwe strich sich trotzig eine Haarsträhne aus der Stirn, als verscheuche sie ein lästiges Insekt. »Er hat sich über den Kleinen geärgert. Und da ist er dann gegangen.«
    »Aber normalerweise ist er nie über Nacht weggeblieben?«
    Sabine Klasen starrte auf den Tisch vor sich. »Doch, das kam schon mal vor«, sagte sie leise. »Aber dass er dann am nächsten Tag nicht zur Arbeit erschienen ist – das hatte es noch nicht gegeben.«
    »Und?«, fragte Hadice, als sie wieder im Auto saßen.
    »Mir scheint, die Frau hätte einen guten Grund gehabt, ihren Mann loszuwerden – aber mit den Kindern stelle ich mir das schwierig vor. Ich meine, sie müsste ihn dann ja irgendwo eine Woche gefangen gehalten haben. Und überhaupt: Sie hat vermutlich keinerlei Motiv, auch Reinhold Lehmann etwas anzutun, geschweige denn Nathalie Stüven …«
    »Seh ich genauso.«
    »Also, auf zum Portugiesen.«
    Augusta entpuppte sich als Augusto und war damit beschäftigt, hinter der Bar die Gläser zu polieren. Der Wirt war groß und sehr dünn. Auf seinen Wangen sprossen enorme Koteletten. »Moin«, sagte er knapp und stellte das zuletzt bearbeitete Glas sorgsam auf den Tresen. »Sorry, Leute, aber die Küche macht erst in einer Stunde auf.«
    Hinter ihm hing ein großer Flachbildschirm, auf dem Werbung für Katzenstreu lief.
    Henry zeigte ihm seinen Ausweis. »Wir hätten nur ein paar kurze Fragen. Vorletzten Mittwoch. Können Sie sich erinnern, dass da Sebastian Klasen bei Ihnen gewesen ist?«
    »Schlimme Sache.« Der Wirt wirkte bekümmert.
    »Wir untersuchen die Umstände seines Todes, die gelinde gesagt, etwas ungewöhnlich waren«, sagte Henry.
    So kann man das natürlich auch ausdrücken, dachte Hadice.
    »Also, da gewesen ist er jedenfalls, an diesem Mittwoch, meine ich.«

Weitere Kostenlose Bücher