Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition)

In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Fux
Vom Netzwerk:
unseren Todesfällen zu tun? Schließlich hat Nathalie ja wohl kaum ihren Antizwilling getroffen und sich in einen Strahlenblitz dematerialisiert.«
    Sylvia lächelte. »Natürlich nicht. Aber ich glaube, dass das, was für die Materie gilt, eben auch auf Energie und Antienergie zutrifft. Das Negative kann man nur mit seinem identischen Zwilling vollständig auslöschen. Dem Antinegativen.«
    »Und das wäre dann das Positive?«, fragte Hadice, die sich zunehmend verwirrt fühlte.
    Sylvia rollte mit den Augen. »Eben nicht.« Sie beugte sich vor. »Eine entsprechende positive Energie würde eine negative zwar für den Moment ausgleichen, aber sie wäre noch immer da. Es ist vielmehr so: Antinegatives hat genau die gleichen Eigenschaften wie das Negative. Nur darum heben sie einander gegenseitig auf.« Sie machte eine Pause und blickte Hadice an wie die Lehrerin ein besonders begriffsstutziges Kind.
    »Erinnerst du dich nicht mehr? Mathematik siebte Klasse? Minus mal minus …«
    »… ist plus.« Und wieder schob sich Henry als Lieblingsschüler in den Vordergrund.
    Elender Streber, dachte Hadice.
    »Negative Energie, wie sie Menschen wie Sebastian, Reinhold und Nathalie verkörpern, lässt sich nur mit einer entsprechenden negativen Antienergie wirklich auslöschen. Und ich glaube, genau das geschieht hier.«
    »Aber Sebastian und Reinhold haben sich ja nicht in einem Lichtblitz aufgelöst«, wandte Henry ein.
    »Ich spreche ja auch nicht von ihrer stofflichen Existenz, sondern von der negativen Energie, die sie angetrieben hat.«
    Hadice starrte Sylvia aus schmalen Augen an. Sie hatte den vagen Verdacht, dass die Wissenschaftlerin sie auf die Schippe nahm. Andererseits klang das Ganze auf eine völlig verrückte Weise einleuchtend.
    »Und du bist nicht zufällig ein Instrument dieser kosmischen Gleichung?«
    »Das kann man nie so genau wissen.« Sylvia lächelte listig. »Das Universum hat seine eigenen Pläne – wir sind nur Marionetten.«
    Hadice stöhnte. »Mal was anderes. Wo warst du gestern Abend?«
    »Eine echte Bullenfrage, was?« Sie lehnte sich in ihrem Bürostuhl zurück und betrachtete Hadice amüsiert. »Leider kann ich mit keinem Alibi dienen. Ich habe so bis um neun gearbeitet und bin dann heimgefahren. Kein Mann, keine Kinder, nicht mal ein Hund als Zeuge.« Sie lachte. »Wie bei dir auch, Hadice, nehme ich mal an.«
    Wie kommt die darauf?, dachte Hadice wütend.
    Henry, der sah, wie Hadice kochte, und einem möglichen Ausbruch zuvorkommen wollte, ergriff wieder das Wort: »Sie haben in der Vergangenheit mit Viren gearbeitet.«
    Sylvia wandte sich ihm zu. »Oh, das ist schon eine ganze Weile her.«
    »Wenn Sie sich ein paar Tollwutviren besorgen wollten, wie würden Sie das anstellen?«
    Sylvia strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr und blickte Henry tief in die Augen. »Ich würde mir vermutlich einen Liebhaber im Bernhard-Nocht-Institut organisieren.«
    Hadice schluckte. Ein vages Bild huschte über ihr inneres Auge: Sylvia in leidenschaftlicher Umarmung mit einem gut gebauten Laboranten zwischen infernalisch röchelnden Erlenmeyerkolben. Sie schob die Szene beiseite. Vermutlich waren so was wie Erlenmeyerkolben heutzutage überhaupt nicht mehr im Einsatz.
    »Aber natürlich haben wir auch hier bei DESY eine paar Mikroben lagern.«
    »Schießt ihr die jetzt auch durch euren Teilchenbeschleuniger, oder wie?«
    Sylvia lächelte herablassend. »Interessanter Ansatz, aber nein. Die werden lediglich bei PETRA auf ihre molekularen Strukturen hin untersucht. Damit hoffen die Kollegen aus der Molekularmedizin, passgenaue Wirkstoffe zu finden. Aber dass wir ausgerechnet Tollwutviren dahaben, wage ich zu bezweifeln.«
    Was zu überprüfen wäre, dachte Hadice.

KAPITEL 19
    Der Besuch von Hanna und Theo in der Gärtnerei war ergebnislos geblieben. »Benno ist freitags nie da«, hatte ihnen Frau Hansen erklärt. »Da hat er nämlich immer einen seiner Auftritte.« Sie hatte ihnen verschwörerisch zugeblinzelt.
    »Auftritte? Was denn für Auftritte?«
    »Er singt. In verschiedenen Nachtclubs.«
    »Wer, Benno?« Theo war perplex. Seinen einsiedlerischen ehemaligen Mitschüler konnte er sich nun wirklich nicht auf einer Bühne vorstellen.
    Die Blumenhändlerin packte einen jungen Mann am Arm, der gerade zwei Eimer voller Rosen vorbeischleppte.
    »Wie heißt noch mal der Club, in dem Benno heute auftritt?«
    »Angie’s«, nuschelte der junge Typ.
    Hamburgs berühmter Nachtclub neben dem legendären Schmidts

Weitere Kostenlose Bücher