In sündiger Silvesternacht
geben. Zwischen ihnen existierte zwar eine Kluft, aber er war fest entschlossen, eine Brücke darüber zu schlagen.
Das würde allerdings nicht per Telefon funktionieren.
Es war Zeit, aufs Ganze zu gehen. Zeit, die schweren Geschütze der Romantik aufzufahren.
Sie kam zu spät, und allmählich wurde er nervös. Den ganzen Tag hatte Ty mit Büroarbeiten verbracht und alle möglichen Details mit Fred besprochen, doch dabei hatte er sich ständig darauf gefreut, Claire am Abend zu sehen, vorausgesetzt, sie ließ ihn überhaupt ins Haus.
Wenn sie allerdings gar nicht nach Hause kam, konnte er all seine Pläne vergessen.
Wo steckt sie denn, verdammt?
Darüber wollte er lieber nicht weiter nachdenken, denn die Vorstellung, dass sie vielleicht gerade ein Date mit einem anderen hatte, war einfach zu deprimierend. Stattdessen wartete er und wartete noch ein bisschen länger.
Als Mitternacht vorüber war und es auf eins zuging, spielte er mit dem Gedanken, aufzugeben und wieder nach Hause zu fahren. Gerade wollte er seinen Palm, auf dem er ein paar Dokumente durchgelesen hatte, zuklappen, als er das Scheinwerferlicht eines Wagens bemerkte.
Gespannt hielt er den Atem an. Ja! Es war tatsächlich ein VW-Käfer, der in die Auffahrt einbog. Claire stieg aus.
Zuerst bemerkte sie ihn nicht, weil sie sich darauf konzentrierte, ihre Handtasche vom Beifahrersitz zu nehmen. Dabei beugte sie sich weit vor, und Ty musterte ungehemmt ihren runden Po in der eng anliegenden Jeans. In seiner Fantasie strich sie sich über die Rundung, weil er es sich wünschte, und dann malte er sich aus, er selbst streichle ihren Po.
Mehr als alles andere wünschte er sich im Moment jedoch, sie einfach nur im Arm zu halten.
Claire hängte sich die Handtasche über die Schulter und ging einen Schritt in Richtung Haustür, dann blieb sie misstrauisch stehen. „Hallo?“
Belustigt wartete er reglos, denn ihm war klar, dass sie nicht Ty Coleman vor sich sah, sondern einen Handwerker im Overall mit Cap auf dem Kopf und einem großen Werkzeugkoffer. „Claire“, sagte er leise. „Ich bin’s.“
Sie ließ die angespannten Schultern sinken, und bei der Freude und Erleichterung, die sich auf ihrem Gesicht zeigten, zog sich sein Herz vor Glück zusammen. Auch wenn sie es noch so oft leugnen würde, er wusste in diesem Moment, dass sie sich freute, ihn zu sehen.
Nach der ersten Überraschung zog sie die Augenbrauen zusammen und schürzte die Lippen. „Was tust du hier?“
„Ich habe auf dich gewartet, aber ehrlich gesagt wollte ich gerade wieder nach Hause fahren, als ich dich kommen sah.“
Sie ging zur Tür. Während sie aufschloss, warf sie einen Blick auf den Werkzeugkoffer, den er sich im Baumarkt besorgt hatte.
„Und was in aller Welt ist das da?“ Sie stieß die Tür auf.
„Seit acht.“
Verständnislos sah sie ihm in die Augen, dann hielt sie sich erschrocken eine Hand vor den Mund. „Du wartest seit acht Uhr?“
Er zuckte mit den Schultern. „Ich musste dich einfach sehen, Claire.“
Es gelang ihr nicht, ein gerührtes Lächeln zu unterdrücken.
„Ich weiß. Das geht mir genauso.“
Ty sah, wie sie die Augen schloss und tief durchatmete. Obwohl sein Herz vor Freude raste, wusste er, dass dieses Eingeständnis sie Überwindung gekostet hatte.
„Komm lieber rein. Bei unserem Glück sitzt in irgendeinem Auto an der Straße ein Fotograf, und morgen können wir uns dann im ‚National Enquirer‘ bewundern.“
Er deutete auf seine Arbeitskleidung. „Ich bezweifle, dass sie mich in dieser Verkleidung erkennen. Ich bin nur ein einfacher Handwerker, der sich pflichtbewusst um die Fußböden im Haus kümmern will, Ma’am.“
„Um die Fußböden?“
„Ich habe dir doch versprochen, dass ich dir zeige, wie du den Beton beizen kannst.“ Er hörte sie leise nach Luft schnappen und dann tonlos seinen Namen ausstoßen.
„Das ist … wow!“ Gerührt biss sie sich auf die Unterlippe und hielt ihm die Tür auf. „Aber nur wegen der Fußböden. Ich will, dass wir uns da einig sind.“
Er trat ein. „Und wenn ich dich aus dem anderen Zimmer anrufe? Können wir auch über andere Dinge reden, wenn wir es übers Telefon tun?“
„Ty.“
Er schloss die Tür, wobei er den Werkzeugkasten auf der Veranda ließ. „Ich habe dich vermisst.“ Langsam trat er einen Schritt näher zu ihr und hoffte inständig, dass sie nicht zurückwich.
„Ich habe dich auch vermisst.“
Sie blieb reglos stehen, und Ty dankte seinem Schicksal
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