In sündiger Silvesternacht
er den Kopf frei und war halb verhungert.
Ein paar Surfer aus Neuseeland nahmen ihn mit in die Stadt zurück. Während der Fahrt dachte er an Elizabeth. Ihre seidige Haut. Ihren süßen Geschmack. Den Duft ihres Haars.
Er hatte sie in der vergangenen Nacht dreimal geliebt, und trotzdem wollte er sie schon wieder. Ihm war nicht ganz klar, was das zu bedeuten hatte, aber er würde es nicht hinterfragen. Die Bilder von heller Haut und hübschen rosa Brustwarzen lenkten ihn wenigstens von anderen, düsteren Erinnerungen ab.
Nathan fragte sich, ob er Elizabeth an diesem Abend wiedersehen würde. Dann lächelte er vor sich hin. Er würde schon dafür sorgen. Warum es dem Zufall überlassen?
Als er wenig später sein Surfbrett vom Dachgepäckträger herunterhievte und sich von den Neuseeländern verabschiedete, fiel sein Blick auf den dicken weißen Umschlag, der aus dem Briefkasten vorm Haus lugte. Seine Stimmung verschlechterte sich. Das hatte ihm gerade noch gefehlt – eine Erinnerung an all das, was er hinter sich gelassen hatte.
Er zog das Kuvert im Vorbeigehen heraus und schaute nicht einmal auf das rot-schwarze Logo in der oberen linken Ecke. Nachdem er das Surfbrett neben der Hintertür abgestellt hatte, betrat er die Küche und warf den Brief in eine Ecke, wo schon ein ganzer Stapel ungeöffneter Umschläge lag. Eines Tages würde er sie alle in den Müll werfen.
Nathan duschte schnell, zog sich frische Kleidung an und überlegte, was er als Nächstes tun könnte. Wegen des unseligen Briefs war er ein wenig aus dem Gleichgewicht geraten. Erbärmlich, dass dies schon genügte.
Wieder dachte er an Elizabeth, doch so kurz nachdem er ihr Bett verlassen hatte, wollte er sie nicht schon wieder aufsuchen.
Unruhe erfasste ihn. Ohne ein Bier in der Hand konnte er schlecht allein sein, aber es war definitiv noch zu früh zum Trinken. Kurzentschlossen nahm er seine Brieftasche und verließ das Haus. Er würde ein paar Besorgungen in der Stadt erledigen und sich damit die nächsten ein, zwei Stunden ablenken.
Die erste Person, die er in der Main Street sah, war Elizabeth. Sie saß an einem der Tische vorm Euphoria Café. Die Zurückhaltung, die er sich ihr gegenüber auferlegt hatte, war bei ihrem Anblick sofort vergessen. Er wollte gerade an ihren Tisch gehen, da kam ein großer dunkelhaariger Mann aus dem Café und setzte sich zu ihr. Nathan sträubten sich die Nackenhaare. Das unangenehme Gefühl verstärkte sich, als der Unbekannte ihr tief in die Augen sah und ihre Hand ergriff. Elizabeth ließ es auch noch zu! Sie lachte sogar über etwas, das er sagte, und drückte seine Finger.
Elizabeth hatte ihm gesagt, dass sie Single war. Sie hatte es am Strand mit ihm getrieben, später seine Laken zerwühlt, und vor ein paar Stunden hatte sie ihn hingebungsvoll mit dem Mund verwöhnt. Wer zum Teufel war also der Kerl? Dieser blasse, lächerlich korrekt gekleidete Typ mit dem Haarschnitt eines Bankers?
Noch während Nathan in ihre Richtung marschierte, wurde ihm bewusst, dass seine Reaktion reichlich übertrieben war. Elizabeth war ihm keine Rechenschaft schuldig. Sie hatten nur unkomplizierten Sex ohne die geringsten Verpflichtungen gehabt.
Warum stand er dann hier an ihrem Tisch und funkelte sie herausfordernd an?
„Lizzy. Lange nicht gesehen“, sagte er.
Ihre Augen wurden groß vor Schreck. „Nathan. Hallo. Hm, ja.“
Als der andere Mann ihn abschätzend musterte, richtete sich Nathan unwillkürlich zu seiner vollen Größe auf und reichte ihm die Hand.
„Nathan Jones.“
„Martin St. Clair“, stellte sich der Mann mit dem gleichen harten Akzent wie Elizabeth vor.
„Nathan wohnt mit meinem Vater in einem Haus. Er hilft mir, mit ihm in Verbindung zu treten“, erklärte Elizabeth, wobei sie nervös einen Teelöffel zwischen den Fingern drehte.
„Ich verstehe. Es ist schön zu wissen, dass Elizabeth auch hier in der Fremde Freunde hat, die sie unterstützen“, meinte St. Clair.
Die kurze Rede wirkte so steif, dass Nathan grinsen musste. St. Clair sah nicht viel älter aus als er – Anfang Dreißig –, also warum das affektierte Getue?
„Es ist mir ein ganz besonderes Vergnügen, ihr zu helfen“, erwiderte er in anzüglichem Ton.
Elizabeth kniff die Augen zusammen und lief rot an. St. Clair schaute stirnrunzelnd zwischen ihnen hin und her.
„Kennen Sie Blackwell schon länger?“, fragte er.
„Ungefähr zehn Jahre.“ Nathan hätte es näher erläutern können, doch er zog es vor, es nicht
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