In tiefster Dunkelheit
einzementiert. Sie tastete am Rand des Loches entlang, grub ein bisschen weiter.
Jetzt verstand sie. Zu beiden Seiten des Loches, mit dem sie begonnen hatte, befand sich Zement. Dazwischen aber waren ungefähr sechzig Zentimeter Abstand. Andrea hatte zugesehen, wie die Männer im Garten die große Laube für die Kletterrosen ihrer Mutter gebaut hatten. Erst hatten sie Pfosten in Zement im Boden eingelassen, um dann die anderen Holzteile an diesen Pfosten zu befestigen.
Sie setzte sich auf die Hacken. Diese Wand musste genauso gebaut sein. Zu ihrem Glück fühlte es sich an, als wäre genug Platz zwischen den Zementbrocken, die die Pfosten hielten, um sich auf die andere Seite durchzugraben. Der Gedanke versetzte sie in Aufregung, sodass sie den Schmerz in den Fingern vergaß und weitermachte.
Der Bereich hinter dem Holz auf dieser Seite der Wand war hohl. Sie fasste tiefer hinein. Auch auf der anderen Seite war Holz. Vielleicht zwölf Zentimeter fehlten noch, dann war sie an der Wand vorbei und konnte hoffentlich weit genug greifen und sich schnell genug auf die andere Seite graben, um hier raus zu sein, bevor diese schrecklichen Leute zurückkamen. Mittagessen war vorbei. Den anderen Mädchen hatten sie Brote gebracht. Andreas Magen knurrte. Ihr nicht. Sie wurde bestraft.
Schweine
. Sie richtete ihre ganze Wut auf das Loch.
Sie wusste nicht, wie lange sie in der Erde gewühlt hatte, als Andrea sich zurücksetzte, um die Lage zu beurteilen. Konnte sie sich durch die Lücke quetschen? Sie fühlte sich breit und tief genug an, doch sie würde sich sehr verbiegen müssen, um sich unter der Wand hindurchzuschlängeln.
Es gab nur einen Weg, das herauszufinden. Sie versuchte ihren Oberkörper unter die Wand zu schieben. Dann fuhr sie zurück. Nein, so nicht.
Moment. Mit dem Rücken zum Boden klappte es vielleicht.
Sie legte sich auf den Rücken und begann, Kopf und Schultern in die Öffnung zu drücken.
»Was machst du da?«
Andrea fuhr zusammen und schlug sich den Kopf an der Wand an. Sie blieb still liegen, bis ihr Herz nicht mehr raste. »Callie, du hast mir einen Heidenschreck eingejagt.«
»Sie werden dir wehtun, wenn du da rausgehst.«
»Das ist mir egal. Ich muss es versuchen.«
»Aber … was hast du vor? Glaubst du, du schaffst es aus dem Haus raus?«
»Ich weiß es nicht.« Andrea schob, wackelte, drehte den Kopf auf die Seite und stemmte die Fersen in den Boden, um noch fester schieben zu können.
Kopf und Schultern waren durch, doch die Brust steckte fest. Sie versuchte sich zu krümmen, indem sie den Rücken an den Boden presste. Noch ein paar Zentimeter. Schieb weiter! Die Wand drückte schmerzhaft gegen ihre Brüste. Sie biss sich auf die Lippe, um nicht zu weinen, und schob mit aller Kraft mit den Beinen.
Sie rutschte weiter bis zur Hüfte. Neue Hoffnung durchströmte sie. Andrea entspannte sich. Holte Luft und horchte, ob sich etwas regte.
Alles ruhig.
Okay. Sie steckte einen Arm heraus, dann den anderen. Mit den Handballen stützte sie sich auf dem Erdboden ab und ruckelte und wand sich, bis ihre Hüften frei waren. Vor Aufregung wurde ihr schwindelig.
Sie war draußen!
»Was siehst du?«
Andrea blinzelte und wartete ungeduldig, bis sich ihre Augen an das unheimliche Dämmerlicht angepasst hatten.
»Alles in Ordnung?«
»Ja. Ich seh mich mal um.«
Als sie aufstand, taumelte sie leicht. Hinter dem Stück Holzwand führten Stufen aus Backstein nach oben. Andrea schauderte. Dort waren die Bösen. Vielleicht waren sie irgendwo hingegangen. Am ganzen Körper zitternd schob sie sich die Treppe hinauf. Eine Stufe, dann die nächste. Sie blieb stehen.
Ging weiter, eine Stufe nach der anderen, bis sie zu einem kleinen Treppenabsatz kam, von wo aus die Treppe in der entgegengesetzten Richtung weiterführte. Oben wartete eine Tür.
»Hab keine Angst«, flüsterte sie sich zu, als sie hinaufstieg.
Wenn sie den Türknauf drehte, und sie hörten sie … Wenn sie die Tür öffnete, und sie warteten auf der anderen Seite …
Andrea packte den abgegriffenen Messingknauf und drehte ihn.
Die Tür war verschlossen. Sie hielt den Atem an und ließ los. Der Knauf quietschte. Die Angst traf sie wie ein Schlag auf die Brust. Sie erstarrte.
Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, bis sie sich wieder bewegen konnte. Niemand kam schreiend durch die Tür gestürzt oder so.
Auf dem Weg wieder nach unten stolperte sie, fing sich aber gleich wieder. Unter ihr erstreckte sich der Keller. Die
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