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In tiefster Dunkelheit

In tiefster Dunkelheit

Titel: In tiefster Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debra Webb
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fragte der Mann, »Andrea zu deiner rechtmäßigen Ehefrau nehmen? Sie lieben und ehren, bis dass der Tod euch scheidet?«
    Ein Moment der Stille folgte.
    Der Mann und die Frau lächelten. »Das ist mein Junge«, sagte sie.
    »Hiermit erklären wir euch zu Mann und Frau«, sagte er.
    Die Frau machte noch ein Foto. »Und jetzt der Kuss!«
    Der Mann kam herangeeilt und drehte den Stuhl des Jungen so herum, dass er Andrea zugewandt war.
    »Tate«, sagte er sanft, »du darfst deine Braut jetzt küssen.«
    »Geh zur Seite, Daddy«, schrie die Frau. »Du stehst im Bild.«
    Für einen Moment war Andrea wie gelähmt. Sie starrte das mitleiderregende Gesicht an, das zwar noch nicht gänzlich verwest war, aber schon Zeichen von Fäulnis zeigte. Sie warteten, die Kamera im Anschlag.
    Sie musste es tun. Ihr Leben hing davon ab. Gott allein wusste, was sie den anderen schon angetan hatten.
    Andrea beugte sich langsam vor. Als sie näher und näher kam, stieg ihr ein scharfer Geruch wie nach Desinfektionsmittel in die Nase, und ihr blieb kurz die Luft weg. Dann drückte sie die Lippen an seinen kalten, harten Mund.
    Die Kamera blitzte. Begeisterte Rufe und Klatschen füllten das Zimmer.
    »Hol den Champagner, Daddy. Ich schneide die Torte an.«
    Andrea starrte die Leiche an. Was war diesem Jungen zugestoßen? Waren diese Leute wirklich seine Eltern? Was war mit den Leichen im Keller? Gab es noch mehr?
    Ein kleiner Porzellanteller mit Torte wurde ihr hingehalten. Andrea zwang ihre Lippen zu lächeln. »Danke.« Sie bemühte sich, dass ihre Finger nicht zitterten, als sie den Teller hielt. Wenn sie ihn fallen ließ, würden sie sie vermutlich bestrafen.
    Ein weiterer Teller mit einem großen Stück Torte wurde auf den Tisch gestellt und zu dem Stuhl, auf dem der Junge saß, geschoben.
    Ein lautes Ploppen erschreckte Andrea so sehr, dass sie fast die Torte fallen ließ. Ihre Gabel schlug klappernd gegen den Teller.
    Der Champagner sprudelte aus der Flasche. Zwei langstielige Gläser wurden gefüllt. Eines wurde Andrea hingehalten, das andere vor den Jungen auf den Tisch gestellt.
    Der Mann und die Frau tranken Champagner und tanzten durch das Zimmer. Sie tranken auf ihren Sohn und sprachen darüber, was für ein wunderbares Geburtstagsgeschenk seine Braut war. Sie sangen Happy Birthday für ihn.
    Heute war sein Geburtstag.
    Andrea saß da und sah ihnen zu. Sie konnte sich nicht rühren. Der tote Junge tat ihr leid. Wenn diese Leute wirklich seine Eltern waren, sollten sie ihm so etwas nicht antun. Als er noch lebte, musste er wohl hübsch gewesen sein. Und jung. Erst siebzehn oder achtzehn vermutlich. Der Anzug, den er trug, sah relativ neu aus. Hatten sie ihn in diesem Zustand konserviert? Hatten sie ihn getötet? Vielleicht war er an einer Krankheit gestorben, und nun waren sie nicht in der Lage, die schreckliche Wahrheit zu akzeptieren.
    Andrea nippte am Champagner. Schlückchen für Schlückchen, dabei betrachtete sie den Jungen, trank und betete darum, der Alkohol möge diesen Alptraum erträglicher machen. Auf einmal fiel ihr ein, was Dan immer gesagt hatte.
Sei clever, trink nie zu viel. Trinken macht dumm
.
    »Iss deine Torte, Andrea.« Die Frau nahm Andreas leeres Glas und stellte es zur Seite.
    Andrea aß ihre Torte. Eine Gabel nach der anderen zwang sie sich in den Mund und kaute nur so viel, bis sie den Klumpen herunterschlucken konnte.
    »Ist das nicht süß?«, sagte die Frau zu ihrem Mann. »Wie sie ihn anschaut? Wenn das keine Liebe ist.«
    Andrea quälte sich die Torte in den Mund, bis nichts mehr davon übrig war.
    »Gut, Mädchen!« Der Teller und die Gabel wurden ihr weggenommen. »Morgen beginnen wir mit dem Kochunterricht. Aber der heutige Abend gehört nur dir und Tate.«
    Andrea spürte, wie die Torte ihr den Hals hochkroch. Sie schluckte heftig, um sie unten zu behalten.
    »Zuerst«, sagte der Mann, »müssen wir noch etwas anderes erledigen.«
    Ein neuer Brechreiz zog Andreas Muskeln zusammen. Sie kämpfte gegen den Impuls an.
    Die Frau nickte. »Das hätte ich fast vergessen. Hol ihre Handschuhe, Daddy. Wir wollen ja nicht, dass ihre Hände Blasen bekommen. Das würde Tate nicht gefallen.«
    »Komm mit mir, Tochter.« Der Mann nahm ihren Arm und zog sie vom Stuhl hoch.
    »Tate und ich feiern so lange weiter«, sagte die Frau. »Tate und Andrea sitzen im Baum – und küssen sich, man glaubt es kaum – erst kommt die Hochzeit, dann das Glück …«
    Das verrückte Lied wurde leiser, während der Mann

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