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In Todesangst

Titel: In Todesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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registrierte ich eine Bewegung auf dem Beifahrersitz.
    Als ich, meinen Kaffeebecher in der Hand, an den Wagen trat, sah ich, dass ein Mädchen von etwa zwölf oder dreizehn auf dem Beifahrersitz saß. Zu ihren Füßen lag ein Rucksack. Als sie mich bemerkte, ließ sie das Schulbuch sinken und sah durch das offene Fahrerfenster zu mir hinaus.
    »Hi«, sagte ich. »Du bist bestimmt Cassie.«
    Sie antwortete nicht.
    »Na, lernst du noch was auf den letzten Drücker vor der Schule?«, fragte ich.
    »Meine Mutter ist Polizistin«, gab sie zurück. »Sie ist gleich wieder da.«
    »Okay, schon verstanden«, sagte ich. Als ich zum Haus gehen wollte, kam Kip Jennings gerade die Einfahrt herunter.
    »Guten Morgen«, sagte ich. »Sie haben Ihre Tochter ja gut trainiert.«
    »Inwiefern?«
    »Von Fremden lässt sie sich jedenfalls nicht anquatschen«, sagte ich. »Ich wollte mich vorstellen, aber sie hat mich eiskalt abblitzen lassen.«
    »Sie muss zur Schule. Ich habe hier nur kurz gehalten, um nach dem Rechten zu sehen. Nun ja, wir sind so weit fertig. Das Haus gehört wieder Ihnen.«
    »Danke. Das ist doch schon mal was.« »Nur zu Ihrer Warnung«, sagte sie. »Da drin herrscht immer noch ein völliges Chaos.«
    »Dachte ich mir schon.«
    »Am besten, Sie beauftragen eine Reinigungsfirma. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen ein paar Adressen geben.«
    »Kein Problem«, sagte ich. »Ich kümmere mich selbst darum.«
    »Und wegen des Kokains wird man Sie auch nicht belangen«, sagte sie.
    »Gute Nachrichten«, sagte ich.
    »Übrigens war es tatsächlich Kokain«, sagte sie. »Aber mit so viel Milchpulver versetzt, dass es ohnehin keinen großen Marktwert hat.«
    »Meins war’s ja nicht.«
    Sie musterte mich nachdenklich. »Auch egal. Der Staatsanwalt wäre sowieso nicht mit einer Anklage durchgekommen.«
    »Darum geht es nicht«, sagte ich. »Glauben Sie etwa, ich würde mit Drogen dealen?«
    »Nein. Eher nicht.«
    Aber offensichtlich schien sie es auch nicht ganz ausschließen zu wollen.
    »Für mich sieht es jedenfalls so aus, als hätte Ihnen jemand das Zeug unterschieben wollen.«
    Aus ihrem Wagen ertönte eine helle Mädchenstimme: »Mom! Ich komme zu spät!«
    »Warum sollte das jemand tun?«, fragte ich.
    »Was für ein Zufall«, gab sie zurück. »Genau das wollte ich Sie gerade fragen.«
    »Mom!«
    Detective Jennings seufzte. »Genau wie ihr Vater.«
    »Ist er auch Polizist?«, fragte ich.
    Ein Schatten verdüsterte ihre Miene, auch wenn sie sich alle Mühe gab, sich nichts anmerken zu lassen. »Ingenieur«, erwiderte sie. »Im Moment arbeitet er irgendwo oben in Alaska, und wenn wir Glück haben, belästigt er uns nicht wieder.«
    Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte, also schwieg ich.
    »Ich bin seit jetzt drei Jahren geschieden«, fuhr sie fort. »Und Cassie und ich kommen bestens ohne ihn klar.«
    »Tough, Ihre Kleine«, sagte ich. »Das merkt man sofort.«
    »Mr Blake«, sagte sie. »Sie sollten sich dringend Gedanken darüber machen, wer ein Interesse daran haben könnte, Sie aus der Stadt zu lotsen, damit er Ihnen einen Haufen Kokain unterschieben kann.«
    Ich ließ den Blick ziellos über die Straße schweifen.
    »Außerdem kommen Sie nicht daran vorbei, sich die Frage zu stellen, die ich Ihnen bereits beim letzten Mal gestellt habe. Wie gut kannten Sie Ihre Tochter, Mr Blake?«
    »Die Blutspuren an Syds Wagen«, sagte ich. »Haben Sie schon etwas herausgefunden?«
    »Sobald ich etwas erfahre, gebe ich Ihnen Bescheid«, sagte sie. Und damit ging sie zu ihrem Wagen, um ihre Tochter zur Schule zu fahren.
     
    ***
     
    Ich beschloss, ein Zimmer nach dem anderen aufzuräumen.
    Erst einmal aber ging ich nach oben in mein Büro, um zu checken, ob jemand angerufen oder mir eine E-Mail geschickt hatte. Nichts. Das war unsere moderne Hightech-Welt, dachte ich: Es gab zahllose neue Möglichkeiten der Kommunikation, und trotzdem ließ niemand von sich hören.
    Anschließend begab ich mich in die Küche. Ja, am besten fing ich hier an. Unter der Spüle fand ich ein paar Mülltüten und begann, die Lebensmittel wegzuwerfen, die aus dem Kühlschrank und dem Gefrierfach genommen und achtlos auf den Boden geschleudert worden waren.
    Ich war bereits eine gute Stunde zugange, als plötzlich eine Stimme über das Dröhnen des Staubsaugers an meine Ohren drang.
    »Hallo?«
    Die Haustür stand offen. Im Türrahmen erblickte ich einen spindeldürren Mann in einem Anzug, der ihm mindestens zwei Nummern zu groß war. Dazu trug er

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