In Todesangst
ich zurück. »Andy kann ja so lange meine Kunden übernehmen.«
»Das hätte ich dir sowieso vorgeschlagen.« Sie hielt kurz inne. »Tim, es fällt mir wirklich schwer, dir das zu sagen, aber …«
»Was?«
»Du fährst einen Firmenwagen. Beim allerbesten Willen, ich kann ihn dir nicht auf unbegrenzte Zeit überlassen.«
Einen Moment lang fragte ich mich, ob sie tatsächlich die Stirn haben würde, mich hier an Ort und Stelle um die Autoschlüssel zu bitten, aber dann kam doch nichts.
»Ein, zwei Tage würden mir schon reichen«, sagte ich. »Bis ich mir einen neuen Wagen besorgt habe.«
»Selbstverständlich«, sagte Laura.
»Vielleicht rufe ich mal bei Bob’s Motors an«, sagte ich halb zu mir selbst. »Bestimmt hat er ein Sonderangebot, jede Wette.«
***
Detective Jennings wartete an meinem Schreibtisch.
»Noch mal von vorn«, sagte sie. »Weshalb wollte dieser Typ Sie umbringen?«
»Um Syd dazu zu bewegen, wieder nach Hause zu kommen. Quasi nach dem Motto: Wenn Papa tot ist, wird sie schon bei seiner Beerdigung auftauchen.«
Jennings schwieg einen Augenblick.
»Was ist?«, fragte ich.
»Tja«, sagte sie. »Damit hätten wir wenigstens einen Anhaltspunkt, dass sie noch lebt.«
Ich runzelte die Stirn. »Spricht irgendwas dagegen?«
»Ich habe eben mit den Jungs vom Labor telefoniert«, sagte sie. »Die Ergebnisse der DNA-Analyse sind da. Sie wissen schon, die Blutspuren, die wir am Wagen Ihrer Tochter gefunden haben.«
Plötzlich wurde mir flau im Magen.
»Nun ja, das Blut stammt von zwei Personen«, sagte sie. »Und bei der einen handelt es sich definitiv um Ihre Tochter.«
***
Mir war speiübel. Detective Jennings wartete, bis ich mich gesetzt hatte, und nahm mir gegenüber Platz.
»Die Blutspuren am Steuer und am Türgriff stammen zum Teil von Sydney«, sagte Jennings.
»Aber das heißt ja nicht zwangsläufig, dass sie tot ist«, sagte ich. »Genauso gut könnte sie sich in den Finger geschnitten haben.«
»Stimmt«, bestätigte Kip Jennings.
Ich zwang mich, unsere Unterhaltung noch einmal im Geiste durchzugehen. »Was meinten Sie mit ›zum Teil‹?«, fragte ich dann.
»Tja«, erwiderte sie. »Im Lauf der letzten Jahre haben wir eine ziemlich große DNA-Datenbank aufgebaut, in der sowohl Profile von an Tatorten gefundenen Spuren als auch solche von verdächtigen Personen gespeichert sind.«
»Und?«
»Die anderen Blutspuren konnten wir einem gewissen Randall Tripe zuordnen.«
Stirnrunzelnd sah ich sie an. »Irgendwie kommt es mir vor, als hätte ich den Namen schon mal gehört.«
»Wir haben schon mal über ihn gesprochen«, sagte sie. »Ein übler Typ, der seine Finger in allen möglichen miesen Geschichten drin hatte – vom Kreditkartenbetrug bis zum Menschenhandel mit illegalen Einwanderern. Seine Leiche wurde in einem Müllcontainer in Bridgeport gefunden, einen Tag nach dem Verschwinden Ihrer Tochter. Erinnern Sie sich?«
»Jetzt verstehe ich gar nichts mehr«, sagte ich. »Sydneys Wagen ist doch in Derby gefunden worden. Eine ziemliche Ecke von da nach Bridgeport.«
»Er könnte von dort nach Bridgeport gebracht worden sein«, erklärte Jennings. »Nun ja, ich habe zwei Theorien, was das Blut am Wagen Ihrer Tochter angeht. Entweder war Mr Tripe verwundet, hatte Blut Ihrer Tochter an den Fingern und hat sich mit ihrem Wagen aus dem Staub gemacht. Oder Ihre verletzte Tochter hatte Mr Tripes Blut an ihren Händen und saß selbst am Steuer.«
»Aber Tripe ist doch tot«, sagte ich.
»Bingo. Und genau deshalb tendiere ich auch zur zweiten Theorie.«
»Aber wenn Syd Tripes Blut an den Händen …«
»Tja«, sagte Jennings. »Das macht einen ziemlich nachdenklich, nicht wahr?«
Unwillkürlich musste ich daran denken, was »Eric« zu mir gesagt hatte. Dass Sydney sich für etwas schämen würde, das sie getan hatte.
***
Es war bereits dunkel, als ich nach Hause fuhr.
Nach allem, was ich an diesem Tag erlebt hatte, waren meine Nerven zum Zerreißen gespannt. Ich fühlte mich wie eine Maus im nächtlichen Wald, die sich fragt, wie viele Eulen in den Ästen über ihr sitzen. Auf dem Weg nach Hause sah ich alle paar Sekunden in den Rückspiegel, hielt Ausschau nach einem dunkelblauen Van und taxierte die Fußgänger in meinem Viertel schon von weitem mit misstrauischem Blick. Hinter jedem Busch vermutete ich jemanden, der es auf mich abgesehen hatte.
Ich hatte Detective Jennings gefragt, ob ich Polizeischutz bekommen würde, und die Antwort erhalten,
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