In tödlicher Gefahr
dünne Stimme klang ärgerlich, doch der Mann schüttelte nachdrücklich den Kopf.
„Ich bin nicht hier, um Sie zu belästigen, Miss DiAngelo, ich schwöre es. Und ich bin Ihnen auch nicht böse, dass Sie mir die Polizei geschickt haben. Ich an Ihrer Stelle …“
„Das reicht. Verschwinden Sie.“ John packte ihn am Arm. „Ehe ich Sie ins Gefängnis werfe.“
„Sie verstehen nicht. Miss DiAngelo, bitte, hören Sie mir zu. Ich weiß, wer Ihren Jungen hat.“
40. KAPITEL
A bbie ließ ihm kaum Zeit, den Satz zu beenden. Sie schob John beiseite und zog Ken am Hemdärmel ins Haus. „Wer, Ken? Wer hat meinen Sohn mitgenommen? Was wissen Sie? Was haben Sie gesehen?“
„Abbie, lass mich das machen“, wandte John ein.
„Nein! Lass ihn reden!“ Sie ließ Ken nicht aus den Augen. Falls er log und dies nur ein weiterer Trick war, um es ihr heimzuzahlen, würde sie es merken, und dann gnade ihm Gott. „Wer hat meinen Sohn mitgenommen?“ wiederholte sie.
„Arturo Garcia.“ Er sah John an. „Nachdem Sie weg waren, musste ich an die frische Luft. Ich bin spazieren gegangen und war dann auf ein Bier im Winberie. Da habe ich das Gesicht von dem Kerl im Fernsehen gesehen und mich an ihn erinnert.“
„Wie meinen Sie das, Sie haben sich erinnert?“
„Ich habe ihn gestern gesehen.“ Er wandte den Blick ab und sprach leiser. „Ich bin zur Schule gegangen, um meinen Jungen zu sehen. Robby wurde gestern zehn, und ich wollte nicht, dass er glaubt, ich hätte ihn vergessen.“ Er blickte wieder auf und sah Abbie an. „Ich denke, Sie wissen, dass Lainie mich rausgeworfen hat.“ Als sie nickte, fuhr er fort: „Ich bin hingegangen, weil ich Robby mein Geschenk geben wollte. Als ich draußen auf ihn wartete, hielt etwa drei oder vier Wagenlängen vor mir eine braune Limousine am Straßenrand. Der Fahrer ist mir überhaupt nur deshalb aufgefallen, weil er näher an der Schule hätte parken können. Aber das hat er nicht getan. Und er schien sich, während er wartete, irgendwie nicht wohl zu fühlen, als gehörte er nicht dahin. Ich habe mir nichts weiter dabei gedacht, bis ich das Gesicht im Fernsehen wiedersah.“
Der Mann vor Rose’ Apartment hatte ebenfalls eine braune Limousine gefahren. „Konnten Sie ihn tatsächlich gut sehen?“
„Gut genug, um zu sagen, dass es der Mann aus dem Fernsehen war.“
„Was hat er gemacht, als Bens Mitschüler herauskamen?“
„Ich weiß nicht. Robbys Klasse kam als erste. Ich musste mich beeilen, ihm sein Geschenk zu geben, ehe sein Bus abfuhr. Dann bin ich wieder los.“
„Und der Mann ist noch geblieben?“
„Ich glaube, ja. Wie gesagt, ich habe mir nichts dabei gedacht, deshalb habe ich nach dem ersten Blick nicht weiter auf den Mann geachtet.“
„Hat er mit jemandem geredet?“
„Nicht, dass ich wüsste.“
Abbie lehnte sich gegen die Konsole. Trotz ihrer Differenzen mit Ken und seines Auftritts neulich im Campagne glaubte sie nicht, dass er eine so verrückte Geschichte erfinden würde, schon gar nicht in Gegenwart eines Detectives. Er sagte die Wahrheit. Arturo war gestern Nachmittag vor Bens Schule gewesen. Vermutlich, um sich mit den Gegebenheiten vertraut zu machen. Vielleicht hatte er Ben schon gestern entführen wollen, es aber aus irgendeinem Grund auf heute verschoben. Doch all das änderte nichts. Auch wenn sie jetzt wussten, wer Ben gekidnappt hatte, so blieb Arturo doch unauffindbar.
„Sie müssten mit mir aufs Revier fahren und sich noch mal Garcias Fahndungsfoto ansehen.“ John hatte bereits die Wagenschlüssel in der Hand. „Ginge das sofort?“
„Ja, sicher. Mache ich gern.“ Ken fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht, zögerte und sagte zu Abbie: „Das mit Ben tut mir wirklich Leid, Miss DiAngelo. Ich hoffe, Sie finden ihn bald.“
„Danke. Und danke, dass Sie gekommen sind. Ich weiß, das war nicht leicht für Sie.“
„Sie hätten dasselbe für mich getan.“
Claudia hielt Abbies Hand, als sie zusahen, wie John mit Ken davonfuhr. Es gab noch viele offene Fragen, doch nur eine war wirklich wichtig: Wo steckte Ben?
Als John Garcias Fahndungsfoto auf den Schreibtisch legte, brauchte Ken nur eine Sekunde, um ihn als den Mann zu identifizieren, den er am Vortag vor der Princeton Elementary gesehen hatte. Laut Kens Beschreibung hatte Garcia sich seinen Spitzbart abrasiert, trotzdem erkannte er ihn zweifelsfrei.
Tina nahm die Aussage auf, tippte sie und gab sie Ken, der sie unterschrieb. Sie war soeben gegangen, um sich einen
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