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In Tödlicher Mission

In Tödlicher Mission

Titel: In Tödlicher Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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was er fröhlich verneint hatte. Dann hatte er darauf gewartet, dass die Büchse der Pandora geöffnet wurde. Er war einigermaßen interessiert, weil M ihn mit James angesprochen hatte anstatt mit seiner Nummer – 007. Das war während der Dienstzeit recht ungewöhnlich. Es klang so, als könnte hinter diesem Auftrag ein persönliches Interesse stecken – als ob es sich eher um eine Bitte als um einen Befehl handelte. Und Bond hatte den Eindruck, dass sich zwischen den kalten, unnachgiebigen, klaren grauen Augen eine zusätzliche Sorgenfalte befand. Und drei Minuten waren definitiv zu lange, um eine Pfeife in Gang zu bringen.
    M drehte sich mit seinem Stuhl zum Schreibtisch herum und warf die Streichholzschachtel darauf, sodass sie über die rote Lederauflage auf Bond zurutschte. Bond fing sie ab und schob sie höflich zurück in die Mitte des Tisches. M ließ ein kurzes Lächeln aufblitzen. Er schien eine Entscheidung getroffen zu haben. »James«, sagte er ruhig, »ist Ihnen jemals der Gedanke gekommen, dass jeder Mann in der Flotte genau weiß, was er zu tun hat, nur der befehlshabende Admiral nicht?«
    Bond runzelte die Stirn. »Der Gedanke ist mir noch nicht gekommen, Sir«, erwiderte er. »Aber ich verstehe, was Sie meinen. Der Rest muss nur Befehle ausführen. Der Admiral muss entscheiden, welche Befehle gegeben werden. Ich schätze, es ist das Gleiche, als wenn man sagt, dass das Oberkommando den einsamsten aller Posten darstellt.«
    M gestikulierte mit seiner Pfeife. »Es ist der gleiche Grundgedanke, ja. Jemand muss Entschlossenheit zeigen. Jemand muss am Ende die Entscheidungen treffen. Wenn man vor der Admiralität Unentschlossenheit zeigt, verdient man es, an Land gesetzt zu werden. Manche Leute sind religiös – sie überlassen Gott die Entscheidung.« Ms Blick war verteidigend. »Ich habe das während meiner Zeit beim Service ein paar Mal versucht, aber der liebe Herrgott hat mir den Schwarzen Peter immer wieder zurückgeschoben und mir gesagt, ich solle gefälligst meine eigenen Entscheidungen treffen. Ich vermute, das formt den Charakter, aber es ist hart. Das Problem ist, dass nur sehr wenige Menschen hart bleiben, nachdem sie über vierzig sind. Sie haben viel durchgemacht – Probleme, Tragödien, Krankheiten. Diese Dinge machen einen weich.« M warf Bond einen strengen Blick zu. »Wie steht es mit Ihrem Härtegrad, James? Sie haben das gefährliche Alter noch nicht erreicht.«
    Bond mochte keine persönlichen Fragen. Er wusste weder, was er darauf antworten sollte, noch was die Wahrheit war. Er hatte weder Frau noch Kinder – hatte nie die Tragödie eines persönlichen Verlusts erlitten. Er musste sich nicht mit Blindheit oder einer tödlichen Krankheit befassen. Er hatte absolut keine Ahnung, wie er sich diesen Dingen stellen sollte, die so viel mehr Härte erforderten, als er sie je hatte zeigen müssen. »Ich denke, ich kann die meisten Dinge ertragen, wenn es sein muss und ich der Meinung bin, dass es das Richtige ist, Sir«, antwortete er zögernd. »Ich meine« – er benutzte solche Worte nicht gern – »wenn die Sache … äh … irgendwie gerechtfertigt ist, Sir.« Er fuhr fort und schämte sich dafür, dass er den Ball zurück zu M spielte. »Natürlich ist es nicht leicht, zu wissen, was gerechtfertigt ist und was nicht. Ich schätze, wenn ich im Rahmen meiner Arbeit für den Service einen unangenehmen Auftrag erhalte, dann geht es um eine gerechte Sache.«
    »Verdammt.« Ms Augen funkelten ungeduldig. »Genau das meine ich! Sie verlassen sich auf
mich
. Sie übernehmen selbst nicht das kleinste verfluchte bisschen Verantwortung.« Er tippte mit dem Stiel seiner Pfeife gegen seine Brust. »Ich bin derjenige, der das tun muss. Ich bin derjenige, der entscheiden muss, ob eine Sache gerechtfertigt ist oder nicht.« Die Wut wich aus seinen Augen. Der zornige Mund verzog sich säuerlich nach unten. »Ach was soll’s«, knurrte er mürrisch, »ich schätze, dafür werde ich bezahlt. Jemand muss den verdammten Zug schließlich fahren.« M steckte sich seine Pfeife wieder in den Mund und sog den Rauch tief ein, um sich zu beruhigen.
    Nun empfand Bond Mitleid mit M. Er hatte noch nie zuvor gehört, dass sein Vorgesetzter während einer Besprechung so viel fluchte. Und M hatte auch noch nie einem Mitglied seines Stabs gegenüber angedeutet, dass er die Last der Bürde spürte, die er trug, seit er sich gegen die sichere Aussicht entschieden hatte, Fifth Sea Lord zu werden, um die Leitung

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