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In Tödlicher Mission

In Tödlicher Mission

Titel: In Tödlicher Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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zurück in die Schublade und schloss sie. Er drehte die Mappe um und schob sie sachte über den Tisch zu Bond. Die roten, noch feuchten serifenlosen Buchstaben bildeten die Worte: STRENG VERTRAULICH.
    Bond sagte nichts. Er nickte, nahm die Aktenmappe an sich und verließ den Raum.
    Zwei Tage später nahm Bond die freitägliche Comet nach Montreal. Die Reise sagte ihm nicht sonderlich zu. Die Maschine flog zu hoch und zu schnell, und es gab zu viele Passagiere an Bord. Er vermisste die Tage der alten Stratocruiser – dieses schöne schwerfällige Flugzeug, das zehn Stunden benötigte, um den Atlantik zu überqueren. Damals konnte man noch in Ruhe zu Abend essen, sieben Stunden lang auf einem bequemen Liegesitz schlafen und rechtzeitig aufstehen, um auf das untere Deck zu spazieren und dieses alberne BOAC-»Landhausfrühstück« zu genießen, während die Sonne langsam aufging und die Kabine mit den ersten goldenen Strahlen der westlichen Hemisphäre flutete. Jetzt ging alles viel zu schnell. Die Stewards mussten alles nahezu im Eiltempo servieren, und dann hatte man nur noch knappe zwei Stunden Schlaf, bevor das Flugzeug aus zwölftausend Metern Höhe zum endlos langen Landeanflug ansetzte. Nur acht Stunden nachdem er London verlassen hatte, fuhr Bond mit einem Hertz-Mietwagen – einer Plymouth-Limousine – über die breite Route 17 von Montreal nach Ottawa und versuchte, daran zu denken, dass er auf der rechten Seite der Straße bleiben musste.
    Das Hauptquartier der Royal Canadian Mounted Police befand sich im Justizministerium zwischen den Regierungsgebäuden in Ottawa. Wie die meisten öffentlichen kanadischen Gebäude war das Justizministerium ein massives graues Gemäuer, das so konstruiert war, dass es auf schwerfällige Weise wichtig wirkte und gleichzeitig langen, harten Wintern widerstehen konnte. Bond sollte am Empfang nach dem Commissioner verlangen und sich als »Mr James« ausgeben. Das tat er auch, und ein junger, frischer Corporal der RCMP, der so aussah, als ob er sich an einem warmen, sonnigen Tag nicht gerne drinnen aufhielt, brachte ihn im Fahrstuhl in den dritten Stock. Dort übergab er ihn an einen Sergeant in einem großen, ordentlichen Büro mit schweren Möbeln, in dem zwei junge Sekretärinnen saßen. Der Sergeant sprach in eine Gegensprechanlage und es entstand eine Wartezeit von zehn Minuten, in denen Bond rauchte und den Anwerbungsprospekt las, der die Mounties wie eine Mischung aus einer Ferienranch, Dick Tracy und dem Film
Rose Marie
klingen ließ. Als er schließlich durch die Verbindungstür geführt wurde, wandte sich ein junger hoch gewachsener Mann in einem dunkelblauen Anzug, einem weißen Hemd und einer schwarzen Krawatte vom Fenster ab und kam auf ihn zu. »Mr James?« Der Mann lächelte dünn. »Ich bin Colonel, nun sagen wir … äh … Johns.«
    Sie schüttelten sich die Hände. »Kommen Sie rein und nehmen Sie Platz. Der Commissioner bedauert sehr, dass er nicht hier sein kann, um Sie persönlich zu empfangen. Er hat eine schlimme Erkältung – Sie wissen schon, eine dieser diplomatischen.« Colonel »Johns« wirkte amüsiert. »Er dachte, es wäre wohl besser, sich den Tag freizunehmen. Ich bin nur eine Aushilfe. Ich war allerdings ein oder zwei Mal mit auf einem Jagdausflug, und der Commissioner hat mich ausgewählt, damit ich mich um Ihren kleinen Urlaub hier kümmern kann.« Der Colonel hielt inne. »Er hat speziell mich ausgewählt. Sie verstehen?«
    Bond lächelte. Der Commissioner war gerne bereit zu helfen, aber er würde diese Situation mit äußerster Vorsicht behandeln. Nichts würde auf sein Büro zurückfallen. Bond kam zu dem Schluss, dass er ein vorsichtiger und sehr vernünftiger Mann sein musste. »Ich verstehe durchaus«, erwiderte er. »Meine Freunde in London wollten nicht, dass sich der Commissioner die Mühe macht, sich persönlich mit dieser Angelegenheit zu befassen. Und ich habe den Commissioner nicht gesehen und war auch nicht in der Nähe seines Hauptquartiers. Da das nun geklärt ist, können wir vielleicht mal zehn Minuten lang Klartext reden – unter uns?«
    Colonel Johns lachte. »Natürlich. Ich wurde angewiesen, diese kleine Rede zu halten und dann direkt zum Geschäftlichen zu kommen. Sie verstehen sicher, Commander, dass Sie und ich gemeinsam diverse Verbrechen begehen werden, angefangen damit, dass wir Ihnen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen eine kanadische Jagderlaubnis beschaffen und als Komplizen gegen die Grenzgesetze

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