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In Tödlicher Mission

In Tödlicher Mission

Titel: In Tödlicher Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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Karriere nicht guttun, wenn ich beim Gouverneur betteln gehe.‘
    Bis auf ein paar Kleinigkeiten gehörte nichts im Haus ihnen. Sie hatten es möbliert übernommen. Der Besitzer war die Woche zuvor vorbeigekommen und hatte das Abnahmeprotokoll unterschrieben. Es blieb nur noch ihr Wagen, ein Morris, den Masters mal gebraucht gekauft hatte, und ein Radiogrammofon, das ein letzter Versuch gewesen war, seine Frau zu unterhalten, bevor sie mit dem Golfspielen begonnen hatte.
    Philip Masters sah sie ein letztes Mal an. Danach würde er sie nie wieder sehen. ‚Also gut. Du kannst das Auto und das Radiogrammofon haben. Aber das ist alles. Ich muss jetzt packen. Lebwohl.‘ Und er ging in sein Zimmer.«
    Der Gouverneur warf Bond einen Blick zu. »Zumindest eine kleine Geste. Nicht wahr?« Der Gouverneur lächelte grimmig. »Als er fort war und Rhoda Masters allein zurückblieb, nahm sie den Wagen, ihren Verlobungsring, den Modeschmuck und den Fuchsmantel, fuhr nach Hamilton und klapperte die Pfandleiher ab. Am Ende bekam sie vierzig Pfund für den Schmuck und sieben Pfund für den Pelz. Als Nächstes fuhr sie zu dem Autohändler, dessen Namensschild auf der Windschutzscheibe des Autos klebte, und fragte nach dem Geschäftsführer. Als sie von ihm wissen wollte, wie viel er ihr für den Morris geben würde, dachte er, sie würde sich einen Spaß mit ihm erlauben. ‚Aber Madam, Mr Masters hat den Wagen auf Raten gekauft und ist mit den Zahlungen furchtbar im Rückstand. Er hat Ihnen doch bestimmt gesagt, dass wir ihm erst vor einer Woche einen Brief über unseren Anwalt zukommen lassen mussten. Wir hatten gehört, dass er fortgeht. Er schrieb zurück, dass Sie vorbeikommen und alles Weitere regeln würden. Lassen Sie mich mal sehen ... ‘ Er suchte eine Akte heraus und blätterte sie durch. ‚Ja, Sie schulden uns für den Wagen genau zweihundert Pfund.‘
    Natürlich brach Rhoda Masters in Tränen aus, und schließlich willigte der Geschäftsführer ein, das Auto zurückzunehmen, auch wenn es keine zweihundert Pfund mehr wert war, aber er bestand darauf, dass sie es ihm auf der Stelle daließ, mit der Tankfüllung und allem drum und dran. Rhoda Masters konnte nur zustimmen und dankbar sein, nicht verklagt zu werden. Sie verließ den Händler, ging die heiße Straße entlang und wusste bereits, was sie erwarten würde, wenn sie beim Elektrohändler ankam. Und sie hatte recht. Es war die gleiche Geschichte, nur dass sie dieses Mal zehn Pfund draufzahlen musste, um den Mann zu überzeugen, das Radiogrammofon zurückzunehmen. Sie ließ sich von jemandem bis in Laufweite des Bungalows mitnehmen, warf sich auf ihr Bett und weinte den Rest des Tages. Sie war bereits eine geschlagene Frau gewesen. Jetzt hatte Philip Masters auch noch nachgetreten, als sie bereits am Boden lag.«
    Wieder machte der Gouverneur eine Pause. »Wirklich außergewöhnlich. Ein Mann wie Masters, freundlich, sensibel, jemand, der normalerweise keiner Fliege etwas zuleide tun würde. Und dann handelte er so grausam, wie ich es bis dato nicht gekannt hatte. Aber das beweist nur mein Gesetz.« Der Gouverneur lächelte schwach. »Wie groß ihre Sünden auch gewesen sein mochten, wenn sie ihm dieses letzte Quantum Trost nicht verweigert hätte, wäre er niemals so hart zu ihr gewesen. Doch so hatte sie eine brutale Grausamkeit in ihm geweckt – eine Grausamkeit, die vielleicht tief in uns allen steckt und die nur eine Bedrohung unserer Existenz zum Vorschein bringen kann. Masters wollte, dass die Frau litt – nicht so sehr, wie er gelitten hatte, denn das war unmöglich, aber so viel, wie es ihm möglich war. Und die falsche Geste mit dem Auto und dem Radiogrammofon war ein teuflisch brillanter Einfall, um sie auch nach seiner Abreise daran zu erinnern, wie sehr er sie hasste, und wie sehr er sie immer noch verletzen wollte.«
    »Es muss eine niederschmetternde Erfahrung gewesen sein«, sagte Bond. »Es ist bemerkenswert, wie sehr sich zwei Menschen gegenseitig verletzen können. So langsam tut mir das arme Mädchen leid. Was wurde aus ihr – und aus ihm, da wir schon dabei sind?«
    Der Gouverneur erhob sich und warf einen Blick auf seine Uhr. »Meine Güte, es ist ja fast Mitternacht. Und ich habe nicht nur das Personal die ganze Zeit wach gehalten, sondern auch Sie.« Lächelnd ging er zum Kamin und läutete. Ein schwarzer Butler erschien. Der Gouverneur entschuldigte sich dafür, ihn so lange wach gehalten zu haben, und sagte ihm, er solle abschließen

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