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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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meint Ihr das?«
    »Habt Ihr nicht meine gute Herrin als Schülerin in Eure Schule des Stöhnens aufgenommen? Und Ihr müßt ein sehr tüchtiger Lehrer sein, denn ich höre sie jeden Mittwoch, den Gott werden läßt, lauter und lauter stöhnen.«
    »Madame, wenn ich das Glück hätte, Euer Ehegemahl zu sein, ich würde Euch morgens, mittags und abends unterrichten.«
    Hierauf sie lachte und allerliebst errötete.
    »Monsieur, sollte das nicht doch zu viel Schule und Studium sein?« sagte sie schließlich.
    »Aber keineswegs. Das Stöhnen ist so mühevoll nicht. Hingabe genügt.«
    Wieder lachte sie mit entzückenden Grübchen in den Mundwinkeln.
    »Ha, Madame, Eure Grübchen! Ich muß sie auf der Stelle küssen«, sagte ich.
    »Und warum, Monsieur?« fragte sie und runzelte die Stirn, blieb aber trotzdem stehen und schien sich mir noch mehr zu nähern, statt zurückzuweichen.
    »Weil Ihr sie mir verdankt: ich habe Euch zum Lachen gebracht.«
    Und ohne weiteres Reden schloß ich sie in die Arme und gab ihr drei Küsse: auf jedes Grübchen einen und einen auf den Mund.
    »Aber Monsieur!« wehrte sie ab, gleichwohl erschauernd. »Ihr rekrutiert mich mit Gewalt für Eure Schule! Geht allein weiter, ich bleibe hier.«
    In der Tat setzte sie sich mit abgewandtem Kopf in einen Sessel, wohl um vor den anderen Damen nicht in solcher Erregung zu erscheinen. Ich selbst machte den Hofdamen wenig Komplimente, weil es mich drängte, mit Madame de Joyeuse allein zu sein, nachdem die Begegnung mit Aglaé mich so in Wallung gebracht hatte.
    »Aber Liebster, was soll denn das? Was habt Ihr vor?« rief Madame de Joyeuse, als ich die Vorhänge ihres Baldachins zuzog. »Jesus, was für ein Mannsbild! Gleich
in medias res
! Bin ich ein Stubenmädchen? Seid Ihr ein Stallknecht? So ein Berserker! Ihr bringt mich noch um! Ach, Pierre, das ist unwürdig! Ach, mein Schatz!«
    Und gewiß, ich ging wenig behutsam mit ihr um bei diesem wilden Überfall, ganz meinem Stolz und Glück hingegeben, weil ich mein Schwert wiedergefunden. Doch sie, von so großem Herzen und nicht minder zum Gipfel der Wonnen gelangt, schalt mein Ungestüm nicht, sondern lachte ganz laut, als nach dem Sturm wieder Stille einkehrte.
    »Ha, Liebster, das Säckchen von Monsieur de Montaigne hat Wunder gewirkt! Habt Ihr es treulich getragen?«
    »Aber ja!« sagte ich und nahm es vom Hals. »Und was ist mit dem Inhalt? es fühlt sich sehr dünn an.«
    »Nun, das werden wir gleich sehen.«
    Mit schelmischem Blick nahm sie eine silberne Schere, schnitt das Säckchen auf, und siehe: es war leer. Da lachte sie noch herzhafter.
    »Oh, Madame, Ihr habt es gewußt!« rief ich.
    »Ja, hab ich es doch selbst genäht!«
    »Madame, Ihr habt mich hereingelegt!«
    »Liebster, es mußte sein. Betrug hat Euch gefesselt, und Gegenbetrug hat Euch befreit.«
    »Ein genialer Einfall, Madame!« sagte ich.
    »Der geniale Einfall stammt von Montaigne, die Ausführung von mir«, sagte sie, nicht ohne eine Spur von Eitelkeit.
    Da warf ich mich ihr in die Arme, dankte ihr und sagte, daß ich daran verzweifele, ihr meine Erkenntlichkeit nimmer gebührend beweisen zu können.
    »Ach, Pierre, verzweifelt nicht«, sagte sie, »dafür ist Euch eine sehr schöne Möglichkeit gegeben.« Und sie legte ihre Hände auf meine Schultern, drückte mich sanft in die Tiefe und gab mir zu verstehen, daß sie die Zärtlichkeit vom letzten Male wieder begehre. Ha! mußte ich denken, Ihr täuscht Euch, Aglaé: eher bin ich in der Schule Eurer Herrin als sie in der meinen! Ich versuchte, mich ihrer Lehren zu erinnern, die sie mir, die Leiter ihres Stöhnens mich emporführend, taktvoll gegeben hatte, wollte ihr nach bestem Vermögen die höchste Lust verschaffen, dabei ich im Innersten verwundert war, welche Möglichkeit der Leib uns bietet, einem geliebten Wesen in unseren vergänglichen Tagen so viel Glück zu bescheren.
    »Mein Pierre«, fragte sie unvermittelt, als sie auf der Erde wieder Fuß faßte, »wie steht es jetzt um Eure traurige Affäre?«
    Vermutend, daß sie aus Cossolats Mund bereits alles wußte und lediglich fragte, um ihre Quelle zu verhehlen und meine eigene Version zu hören, gab ich in allen Einzelheiten treulich Bericht, verheimlichte nur den Namen Fogacer, den ich nicht offen in Verbindung bringen wollte mit dem Richter des Provinzialgerichts, zumal ich sicher war, daß auch der umsichtige Cossolat ihn in seiner Erzählung ausgespart hatte.
    Madame de Joyeuse, sehr klug und welterfahren, störte

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