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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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verschonten unteren Reisigbündel ziemlich gut, dennoch wollte das Feuer nicht in die Höhe flackern, es war mehr Rauch als Flammen. Letztere fraßen sich allerdings an das
Nego
heran, das plötzlich loderte und das Gesicht von Cabassus erhellte, der seine Augen den Domherren zuwandte und rief:
    »Mögt Ihr mich und mein
Nego
zu Asche machen, unsere Asche wird Euch entgegenschreien: Es gibt keinen Gott!«
    Der Stellvertreter des Seneschalls gab dem Henker hierauf einen Wink, und Vignogoule bestieg von hinten den Scheiterhaufen, faßte den Strick, der aus dem Pfahlloch hing, und zog ihn zögerlich zu sich heran, wie wider Willen.
    »Gott sei Dank, er hat ihn erdrosselt!« sagte Fogacer, der den Namen des Allmächtigen sonst nicht in den Mund nahm, und faßte meine Hand.
    Die Schlinge würgte den Hals, und Cabassus’ Kopf sank auf die Brust, die Menge aber buhte den Henker aus in ihrem Zorn, daß er Cabassus nicht den Flammentod sterben ließ. Nur kurz währte freilich die Wut, denn nun erreichte das Feuer den Verurteilten, der sich plötzlich aufbäumte in seinen Fesseln und vor Schmerzen zu brüllen begann.
    »Ha, Vignogoule, du Schuft!« rief Fogacer und preßte meine Hand mit marterndem Griff, »du Schurke hast ihn nicht erdrosselt!«
    Cabassus brüllte so entsetzlich, daß es auch dem Verstocktesten das Herz abschnürte, zumal der Scheiterhaufen nicht richtig brennen wollte, nur schmächtig züngelte, gar hier und da zu verlöschen drohte, weil der Regen plötzlich heftiger niederging.
    »Henker!« rief mit zornigem Gesicht der Offizier des Seneschalls, in seinen Steigbügeln sich aufrichtend, »wenn du das Feuer nicht anfachst, verlierst du deinen Posten.«
    Vignogoule kam zu Meister Sanches Apotheke gerannt, klopfte und begehrte Terpentinöl zur Belebung der Flammen. Hinter den Vorhängen verborgen, damit ich nicht erkannt würde, beugte ich mich aus dem Fenster, sah Meister Sanche die Pforte einen Spalt breit auftun und hörte ihn sagen, er gebe all sein Öl, doch es sei spärlich wenig und reiche gewiß nicht aus.
    »Henker, schaff Stroh herbei!« rief der Offizier. Unterdessen schmorte Cabassus auf kleinem Feuer, wand sich wie irre in seinen Fesseln und schrie gottsjämmerlich und herzzerreißend, ohne daß ein Ende seiner Marter abzusehen war: das Stroh herbeizukarren würde gut eine Stunde dauern. Letzthin begann die Menge in seltsamem Gefühlsumschwung den Leidenden zu beklagen und gegen Henker und Richter zu murren, zumal jäh grelle Blitze über die Stadt zuckten – selbst der Himmelschien zu zürnen, daß der Gottesleugner so stümperhaft verbrannt wurde.
    Ein Verrückter (wie er bei solchen Volksaufläufen immer zugegen ist) schrie unaufhörlich, der Allmächtige werde Cabassus mit Blitzen erschlagen, und in der Menge drängten die einen, den Blitz fürchtend, vom Scheiterhaufen fort, während die anderen, um Cabassus besser fallen zu sehen, herbeidrängten, was heftigen Tumult verursachte mit Flüchen, Tritten, Wehgeschrei.
    Das Durcheinander beunruhigte die Richter und die Domherren, die bis zum Schluß ausharren mußten, obwohl arg belästigt von dichtem Qualm, den der Wind ihnen ins Gesicht blies, ohne daß sie sich hätten von der Stelle rühren können, da hinter ihnen die Wache stand, die mit ihren Piken mühsamst der Menge wehrte. Cossolat versuchte die Emotionen zu dämpfen, hätschelte oder bedrohte die Leute je nach Erfordernis, doch närrisch geworden vom gräßlichen Brüllen des Gemarterten, von den Blitzen am dunklen fahlen Himmel und dem unaufhörlichen Donnergrollen, reagierte die Menge nur mit wildem Gemurr.
    Jäh war mein Entschluß gefaßt. Ich lud die Arkebuse und zielte auf Cabassus’ Herz.
    »Bei allen Teufeln der Hölle!« schrie Fogacer und riß den Lauf der Waffe herunter, »was tut Ihr da, Siorac? Seid Ihr wahnsinnig? Habt Ihr nicht schon genug Ärger und Händel? Einen Verurteilten töten ist Mord, ist Kapitalverbrechen! Wollt Ihr neuerlich den Kopf riskieren?«
    »Aber Fogacer, die Richter und Domherren sind eingenebelt von dem Qualm, Cossolat hat Mühe, die Menge zurückzuhalten, und es donnert in einem fort – niemand wird den Schuß hören. Soll ich dieses entsetzliche Sterben noch eine weitere Stunde erdulden? Fogacer, Ihr wißt, ich bin mit schuld an diesem Scheiterhaufen.«
    »Nicht im mindesten!« rief Fogacer, meine Waffe niederhaltend. »Cabassus stirbt, weil er sein
Nego
geschrieben hat und mit aller Gewalt Märtyrer werden wollte.«
    »Aber ich habe den

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