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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Handgelenk zu binden. Ich tat ein Gleiches. Dann erinnerte ich Samson mit gestrenger Stimme, daß seine zögerliche Art, den Degen zu ziehen, und seine Abneigung, auf seinesgleichen zu schießen, selbst wenn der Gegner in Mordabsicht kam, mich zu Lendrevie um ein Haar das Leben gekostet hatten; darum auch habe mein Vater ihm die Verwaltung der Börse anvertraut, mir aber ausdrücklich das Kommando über unsere kleine Gruppe; er, Samson, sei jetzt also meinen Befehlen unterstellt und habe, wie ein Schweizer seinem Hauptmann, ohne Murren und Reden zu gehorchen, sonst brächte er sein Leben, meins und das von Miroul in Gefahr; und selbst wenn diese Gefahr keine gar zu schlimmen Folgen zeitigte, hätte er meine Freundschaft dann für immer verwirkt.
    Bei diesen letzten Worten traten meinem schönen Engel die Tränen in die Augen. Es gereute mich, daß ich ihn so hart ins Gebet genommen hatte, und da wir gerade nebeneinander ritten, streckte ich ihm versöhnlich die Hand hin. Er drückte sie dankbar mit seinen beiden Händen und versicherte mir, leise und klar vernehmlich:
    »Mein Pierre, ich werde dir gehorchen.«
    Nun ich mir bei meiner Streitmacht Geltung verschafft hatte,fühlte ich mich zuversichtlicher, doch blieb ich sehr auf der Hut, sandte meine Späherblicke in alle Richtungen. Denn in diesem Abschnitt war die Straße gewunden, die Flur nicht mehr so eben, die Hügel reichten dichter an den Weg heran. Wir brachten keine zweihundert Klaftern hinter uns, ohne daß nicht eine Krümmung oder Kuppe uns die Sicht nach vorn oder nach hinten nahm. Ich befahl meinen Begleitern, an der Seite im Gras zu reiten, damit das Getrappel unserer Pferde nicht zu hören sei und wir, umgekehrt, schon den leisesten Galopp fremder Pferde vernähmen. Ein nützlicher Gedanke, denn bald hörten wir eine Kavalkade, und mit raschem Blick über die Schulter sah ich, etwa hundert Klaftern hinter uns, ein halbes Dutzend Reiter auftauchen.
    »Miroul, dreh dich nicht um, auch du nicht, Samson«, sagte ich. »Hinter uns haben wir einen Trupp, der von den Hügeln gekommen sein muß. Was mögen das für Lumpenkerle sein, die uns von Caudebec abschneiden? Wir müssen es schleunigst herausfinden. Miroul, bei jener Biegung dort verbirgst du dich im Dickicht, du läßt sie nahe genug heran, um sie genau zu sehen, aber nicht so nahe, daß sie dich angreifen. Dann schließt du im Galopp zu uns auf und meldest mir ihre Mienen und den Zustand ihrer Waffen und Pferde.«
    Miroul sagte kein Wort, doch hinter der Biegung tauchte er so trefflich ins Gebüsch, daß ich ihn schon auf wenige Klaftern Entfernung nicht mehr sah, ebensowenig seine Stute. Solange ich mich von ihm entfernte und ihn dort allein ließ, klopfte mein Herz heftig, wie sehr ich auch Vertrauen haben mochte in seine Pfiffigkeit und Gewandtheit und in die Schnelligkeit seines Araberpferdes. Samsons wegen gab ich mich gelassen, konnte aber, als Miroul mit einem Lächeln plötzlich wieder neben uns ritt, den tiefen Seufzer der Erleichterung nicht unterdrücken.
    »Fünf Mann sind’s, schurkische, blutrünstige Gesichter«, meldete er, »auf reichlich dürren Kleppern, aber bespickt mit Piken, leichten Lanzen, Hirschfängern und Degen.«
    »Haben sie Schießprügel?«
    »Pistolen oder Arkebusen habe ich nicht entdeckt, aber von meinem Versteck aus waren ihre Satteltaschen nicht auszumachen.«
    »Ich schätze, diese Kerle haben vor uns etliche Komplizen«, sagte ich nach kurzer Überlegung. »Wenn die uns angreifen, fallen die anderen von hinten über uns her, beide Trupps mitblanker Waffe, damit Caudebec nicht gewarnt wird. Und ist die Vorhut erst vernichtet, ist es ein Kinderspiel, die Pilger zu überrumpeln.«
    Samson und Miroul erwiderten nichts, sie harrten meiner Fortsetzung.
    »Nun, wir jedenfalls wollen nicht zwischen zwei Mahlsteine geraten«, sagte ich. »Hinter der nächsten Biegung, wenn uns die Schurken dann nicht sehen, machen wir kehrt und warten, bis sie auf etwa zehn Klaftern heran sind, dann werfen wir uns im Galopp auf sie, die Zügel zwischen den Zähnen und in jeder Faust eine Pistole …«
    »Aber vielleicht sind es nur friedfertige Bauersleute?« wandte Samson ein.
    »Mein Herr Bruder, Ihr schwätzt, oder?« entgegnete ich grimmig.
    »Nein, nein«, sagte Samson errötend. »Ich schweige, und wie versprochen: ich gehorche.«
    »Moussu«, sprach Miroul zu Samson, »wenn das friedfertige Bauersleute sind und nicht Halsabschneider, dann will ich, so wahr ich sie gesehen habe,

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