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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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mein Teil Ewigkeit dem Teufel verkaufen.«
    »Miroul, führe nicht solche Rede, schon gar nicht unter den Krallen des Todes«, sagte Samson, eher traurig als gestreng.
    »Die Krallen gelten ihnen, nicht uns!« verkündete ich. »Und nun genug geredet, die Zeit drängt! Ich galoppiere mitten auf der Straße. Miroul, an meiner Linken, schießt auf die zwei Spitzbuben unmittelbar vor ihm; ich auf die zwei in der Mitte. Und du, Samson, tötest stracks den Schuft vor dir.«
    »Das werde ich tun«, sagte Samson, den Blick senkend.
    Doch er tat es nicht. Mochte es Zufall sein oder insgeheim beabsichtigt: obwohl er unser bester Schütze war, verfehlte seine Kugel ihr Ziel, und von den fünf Strauchdieben blieb als einziger sein Mann im Sattel, nachdem wir uns auf sie gestürzt und ihre Gäule mit Geballer und schauerlichem Gebrüll irre erschreckt hatten. Der Überlebende floh, doch ich setzte ihm nach und hatte reichlich Glück: ich stieß ihm meinen Degen in die Schulter, er ließ die Pike fallen und gab sich in unsere Gewalt. Miroul fesselte ihn auf sein Pferd, und selbiges mit Peitschenschlägen vor mir hertreibend, kehrte ich zu Caudebec zurück, mit loderndem Gesicht und hocherhobenem Haupt.

DRITTES KAPITEL
     
    Wir fanden die Pilger – Männer wie Frauen – in großer Aufregung ob der Schüsse, sie erwarteten uns mit Arkebuse und Pistole im Anschlag und mit brennender Lunte in der Hand. Caudebec, ganz rot im Gesicht, wußte nicht was tun, denn er war eher ein Meister im Überlegen als im Kämpfen.
    Sobald er aber meinen Gefangenen sah und bevor ich noch den Mund auftun konnte, befahl er zweien seiner Leute, den Mann vom Pferd zu holen und zu verhören, damit wir erführen, was er über die Banditen der Corbières-Berge wußte. Dem Unglückskerl, der blutend auf den Kieseln der Straße kniete, legten die Soldaten des Barons einen Hanfstrick um den Hals, den sie immer enger zusammenzogen.
    »Herr Baron, dies ist mein Gefangener«, wandte ich ein, »er verliert Blut, er ist sehr verstört. Eure Leute verstehen seine Sprache nicht, sie könnten ihn umbringen, bevor er redet. Bitte befehlt, daß man ihn von diesem Würgestrick befreit und ihn mir aushändigt. Ich werde ihn in aller Ruhe verhören, aber nicht jetzt in dieser für uns äußersten Gefahr. Ich meine, wir müssen die Straße schleunigst verlassen und sollten den Hügel zur Linken wählen, von wo aus wir guten Ausblick haben und aus beherrschender Lage jeden Angreifer gleich erspähen.«
    Da die Pilger hinter ihm schon kopflos wurden und wild durcheinanderhasteten, willigte der Baron in alles ein, so unentschieden war er und so sehr auch überzeugt, daß mein Vater mir seine Kampferfahrung vererbt habe; ein absurder Glaube, aber nicht selten anzutreffen unter unseren Edelleuten.
    Nachdem der von mir gewiesene kleine Berg erklommen war, saßen wir ab; die Pferde wurden in eine Mulde geführt, und einige Späher legten sich auf die Lauer. Der Hügel war ein wenig angenehmer Fleck, um hier seine Tage zu beenden oder aber hier zu leben, es war steinig kahles Gelände, wo die Sonne gräßlich herniederbrannte auf ein schütteres, vergilbtes Gras, das wohl gar die Schafe verschmähten.
    Ich nahm den Gefangenen beiseite, ebenso Miroul und Samson zu seiner Bewachung, löste ihm die Fesseln, wusch seine Wunde mit Weingeist aus, verband ihn, hieß ihn trinken. Er war ganz verwundert über die milde Behandlung, erwartete er doch Folter und Hinrichtung und fügte sich darein mit jenem wilden Mut, den mein Vater einst bei den Elenden in Sarlat erlebt hatte, welche die Pesttoten begruben.
    Espoumel hieß der Spitzbube, er sprach ein von Provenzalisch durchmischtes Katalanisch und hatte, obwohl schmutzig und unrasiert, kein schurkisches Gesicht; seine Augen blickten eher dümmlich denn böse drein.
    »Espoumel, wieviel Mann zählt deine Bande?« fragte ich.
    »Weiß ich nicht, Moussu, ich kann nicht zählen.«
    »Du kennst ihre Namen?«
    »Kenn ich.«
    »Nenne sie mir außer von denen, die wir getötet haben.«
    Er nannte sie, einen um den anderen, und an meinen Fingern zählte ich ihrer neunzehn. Das war nicht viel. Das Gerücht hatte auf dem Wege von Narbonne nach Toulouse die doppelte und gar dreifache Menge daraus gemacht.
    »Espoumel, wer von denen hat ein Schießeisen?«
    »Der Hauptmann und der Leutnant.«
    Als ich dies hörte, war ich unendlich erleichtert. Ich ließ den Gefangenen unter Samsons Bewachung zurück und begab mich mit Miroul zum Baron, der am Fuße

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