In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Cossolat in die Stille hinein, »ich verhafte Euch wegen versuchten Mordes an dem hier anwesenden Edelmann Pierre de Siorac.«
»Aber der ist doch nur ein Hugenotte!« schrie Caudebec, und etliche der Mönche und papistischen Eiferer brüllten: »Faßt ihn! Packt ihn!«
Da sprang Cossolat auf den leeren Schemel des Barons, zog seinen Degen aus der Scheide und rief mit markiger Stimme:
»Wer wagt es, sich dem Hauptmann der Stadtgarde entgegenzustellen? Muß ich meine Männer rufen, um euch einzusperren? Soll ich euch alle samt euren Pferden in die Stadtgräben werfen?«
Cossolats Degen, seine Vierschrötigkeit, sein blitzendes schwarzes Auge und gar auch sein Französisch (mit einem schauderhaften Akzent) wirkten Wunder unter den Pilgern. Die senkten die Köpfe, sehr verwirrt bei dem Gedanken, jählings die Köstlichkeiten der
Drei Könige
einzubüßen.
»Hauptmann«, sagte Caudebec endlich, enttäuscht darüber, daß die Seinen ihn so im Stich ließen, jedoch noch aufbegehrend, »Hauptmann, Ihr könnt mich nicht verhaften, ich bin Baron.«
»Möglich, daß ich dies in der Normandie nicht kann, hier kann ich es«, entgegnete Cossolat kalt. »Und ich tue es, falls Monsieur de Siorac sich mit Euch nicht ins Einvernehmen setzt und Ihr Euch nicht mit ihm.«
»Ich mich mit dem Baron aussöhnen!« rief ich, darauf bedacht, diesem Knäuel noch einige Knoten beizufügen, damit der Baron mehr Mühe hätte, es zu entwirren. »Ich, der ich ihm das Leben rettete! Ich, den er zum Lohn dafür umbringen wollte, obwohl ich unbewaffnet war! Im übrigen hat er meine Ehre beschmutzt mit schändlichen, beleidigenden Worten. Nie und nimmer! Entweder Ihr nehmt den Baron fest, Hauptmann, oder ich stecke ihm die Beleidigungen in die Kehle zurück!«
Bei diesen Worten erbleichte der Baron, er sah sich schon blutüberströmt auf der Erde liegen oder gar bereits im Fegefeuer braten, gedreht und gewendet an des Teufels Spieß, bis er knusprige Bräune hätte, um so vor dem Herrgott seine Freßsucht und Geilheit zu büßen. Mit diesem bekümmerlichen Gedanken imHirn stand der Baron wortlos da. Der Dame Gertrude du Luc allerdings war nicht entgangen, daß in meiner Ereiferung etwas Komödie mitschwang, und da sie im eigenen Interesse inständig meine Versöhnung mit dem Baron wünschte, so sehr wie die ihre mit ihm (denn sie hatte dem Berserker weiß einer wieviel Becher und Gedecke an den Kopf geworfen), eilte sie mir entgegen, faßte meine Rechte (ein Billettchen hineinschmuggelnd, das ich in mein Wams verschwinden ließ), sank anmutig vor mir nieder und sprach mit klagender Stimme:
»Oh, Monsieur de Siorac, seid Ihr ein Türke? Oder seid Ihr Christ? Falls ein Christ, wie ich annehme, bitte ich Euch auf meinen Knien in Christi Namen, Baron Caudebec zu schonen, der uns ein heißgeliebter Vater ist und ohne den für uns kein Weiterleben wäre.«
Hierauf all diese schönen normannischen Damen keine bessere Antwort fanden, als daß sie sich rings um mich drängten mit Ächzen, Geseufze und Tränen (wahren oder erheuchelten) und mich anflehten, den Baron nicht zu töten. Hierauf der Baron, eine Träne im Augenwinkel, sagte:
»Die Pest über Euch Schelminnen! Bin ich so schwach? Möchte man da nicht meinen, ich sei schon tot?«
Jetzt erschien im Saal ein sehr schöner, majestätisch wirkender Edelmann, gefolgt von einem Lakaien, der vor sich ein Fäßchen trug, das ich mit kostbarem Wein gefüllt wähnte. Sofort sprang Cossolat vom Hocker, steckte den Degen in die Scheide, grüßte den Ankömmling mit einer tiefen Verbeugung.
»Was geht hier vor?« fragte der Edelmann etwas ungehalten. »Mein lieber Cossolat, Ihr mit blanker Waffe? Hat es hier Aufruhr gegeben?«
»Die Besänftigung ist grad im Gange, Monsieur de Lattes«, sagte Cossolat.
Und schon hatte auch Caudebec heimlich die Klinge in ihre Behausung zurückgeführt und schaute Monsieur de Lattes ohne Mucks und Geräusper an, so überrascht war er von der überwältigenden Erscheinung.
»Seid Ihr Baron Caudebec?« fragte der hohe Herr.
»Der bin ich«, erwiderte der Baron.
»Baron Caudebec, zum Dank für Eure gütlich beabsichtigte Versöhnung mit Monsieur de Siorac möchte Monsieur de Joyeuse Euch dieses Fäßchen Muskateller schenken, als Ersatzfür jenes andere, das Ihr in feiner Kriegslist den Strolchen der Corbières-Berge zukommen ließet. Ist die Versöhnung geschehen?«
»Sie ist im Gange«, erwiderte ich, Monsieur de Lattes mit einer tiefen Verbeugung grüßend. »Noch
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