In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)
die Waffe gegen unseren Monarchen erheben, denn er hatte dem Vater des Königs vor Calais gedient, seinem Großvater bei Ceresole, und verdankte dem einen wie dem anderen seine Erhebung in den Adelsstand.«
»Recht getan hat Euer Vater … Ich bin Baron zu Arques, Monsieur de Siorac, meine Baronie liegt in den Corbières-Bergen zwischen Mouthoumet und Couiza, dorther dieser mein Diener stammt. Ich bin Euch sehr dankbar, daß Ihr etlichen Strolchen den Garaus gemacht habt. Schade nur, daß ich mich nicht selbst hinbegeben kann, die Schurken zu bestrafen. Aber ich habe hier übergenug zu tun, den Streit zwischen Katholiken und Hugenotten zu schlichten, die sich katzbalgen, einander viel Böses antun und sich gar gegenseitig massakrieren würden, wenn ich sie nur gewähren ließe. Monsieur de Siorac, haltet Euch fern jenen Ereiferungen.«
Ha, nun wird es klar! war mein Gedanke. Cossolat hatte es angedeutet: man will mir auf den Zahn fühlen und mich warnen.
»Monsieur le Vicomte«, sagte ich ernst und blickte ihm offen ins Gesicht, »ich bin hier, um Medizin zu studieren, nicht zum Unruhestiften. Händel liegen mir fern. So wenig würdevoll es manchem scheinen mag, daß ein Edelmann Medizin studiert – als Zweitgeborener muß ich mein Lebensglück selbst bestreiten, und mein Vorsatz ist es, dies durch das Studium zu erreichen und nicht durch Rebellion.«
»Ich verstehe«, sagte Monsieur de Joyeuse, der mich die ganze Zeit durchdringend gemustert hatte. »Eines aber müßt Ihr mir näher erklären. Dieser Caudebec, von dem Ihr sprachet, ist gestern hier eingetroffen und hat in der Herberge
Zu den drei Königen
Quartier genommen. Er bezichtigt Euch in aller Öffentlichkeit, Ihr hättet Euch als Katholik ausgegeben, um ihn hinters Licht zu führen, und hättet sogar gebeichtet.«
Hier nun packte mich der Grimm, und nicht ohne Ereiferung beschied ich:
»Ich habe diesen Edelmann nicht hintergangen. Ich habe ihm vierzehn Tage lang als Dolmetsch gedient, ohne jeden Lohn. Ganz auf eigene Gefahr habe ich ihm einen Kampf erspart, dermanchem aus seiner Truppe schlimme Verwundung oder gar den Tod gebracht hätte. Und daß ich die Beichte ablegte, war eine Kriegslist, um meine Haut zu retten, denn in seinem blinden Glaubenseifer hatte er mir angedroht, mich mit dem Degen zu durchbohren, falls ich ein Ketzer wäre.«
»Herr Vicomte, darf ich sprechen?« fragte Cossolat.
»Ihr dürft, mein lieber Cossolat«, sagte Monsieur de Joyeuse, der ihn stets »mein lieber« titulierte und ihn dennoch stehen ließ.
»Herr Vicomte, auf das Gerücht hin, daß sich Monsieur de Caudebec in Morddrohungen und ehrverletzenden Worten gegen Monsieur de Siorac ergangen habe, bin ich gestern in die Herberge geeilt und habe mir der Reihe nach diese normannischen Pilger vorgenommen; sie bestätigten die Geschichte, die wir eben gehört haben.«
»Habt Ihr alle befragt?«
»Ausgenommen die Damen und die Mönche.«
»Warum diese Ausnahmen?«
»Weil die Damen unseren Helden gar zu sehr und die Mönche ihn gar zu wenig mögen.«
»Ha, mein lieber Cossolat, es ist Euch nicht Genüge, ein tüchtiger Hauptmann zu sein! Ihr beweist auch klugen Geist! Den werdet Ihr freilich brauchen, um diese Angelegenheit aus der Welt zu schaffen, sie im Ei zu ersticken, ehe da Geflügelvieh schlüpft und dann gackert und sich behackt, daß die Federn fliegen und das Blut fließt. Denn sollte dieser Caudebec, der mir in großem Zorn scheint, Monsieur de Siorac töten oder verwunden, werden die Hugenotten auf Rache an den Pilgern sinnen, denen dann die Katholiken zu Hilfe eilen, und über diesem Streit wird aus dem Nichts ein Aufruhr von ungewissem Ausgang.« An mich gewandt, fügte er hinzu: »Wenn Ihr gütigst meinen Rat befolgen wollt, begebt Euch stracks zu den
Drei Königen
und sägt diesem normannischen Stier die Hörner ab.«
»Aber ich bin nicht bewaffnet.«
»Das ist nur gut so bei einem Brausekopf von Eurer Tapferkeit und Eurem jugendlichen Ungestüm. Aber Cossolat wird zur Stelle sein und keinen Fingerbreit von Eurer Seite weichen; ich hoffe, daß er Euch mit dem Baron in ein gütliches Einvernehmen bringt. Eben das will ich: Einvernehmen.«
Der Vicomte betonte dies nachdrücklich, als wollte er mir zuverstehen geben, daß er im Namen des Königs sprach. Ich verbeugte mich tief und versicherte, mich so fügsam zeigen zu wollen, wie er es wünsche.
Hierauf entließ mich Monsieur de Joyeuse anstandsvoll, ohne sich indes von seinem Platz zu erheben. Doch
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