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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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ich lachend, »ich verstehe Euch! Hier sind Rondelet und Rondibilis eins: durch des letzteren Mund gibt Rabelais Eure Gedanken kund.«
    »Richtig verstanden!« bemerkte der Kanzler. »Wie aber ist Eure Meinung den Inhalt dessen betreffend, was die Person sagt?«
    »Daß beide Geschlechter darin einander sehr ähneln: auch der Mann hat in seiner Mitte ein Tier, welches mit seinem gleicherweise sauren und juckenden Saft das von Euch genannte Tier sucht.«
    »Crede illi experto
1
«
rief der Kanzler. »Ha, Siorac, Ihr gefallt mir! Solch einen frohgemuten, arbeitsamen Sohn hätte ich gern gehabt, um meinem greisen Alter Trost zu geben. Leider ist meine erste Frau gestorben, desgleichen die Tochter, die sie mir geschenkt und die ich dem braven Doktor Salomon d’Assas anvermählt hatte. Und auch die vier Söhne aus meiner zweiten Ehe hat der Herrgott einen nach dem anderen zu sich gerufen.«
    Er schlug traurig die Augen nieder und senkte sein rundes Haupt auf die Brust. Verwundert darüber, wie Kanzler Rondelet so jäh vom Lachen zum Schmerz wechselte, blieb ich stumm, schielte zu Fogacer hin, der mir mit einem verstohlenen Blick bedeutete, daß dieser Kummer nicht lange anhalten werde. Und in der Tat: ächzend, als würfe er sich das schwere Bündel des Lebens wieder auf die runden Schultern, reckte sich der Kanzler in seinem Sessel empor und tat die Augen plötzlich weit auf.
    »Siorac«, sprach er, »da Ihr hier vor mir ohne Pomp und Formen ein kleines Examen zu absolvieren habt, ehe Ihr in unser berühmtes Kolleg eingeschrieben werdet, will ich Euch eine schwierige Frage stellen: Vor zwanzig Jahren, Siorac, als mein zweiter Sohn derselben unbekannten Krankheit erlegen war wie der erste, schickte ich meine Frau, meine Töchter und den Diener in mein Landhaus und habe, allein geblieben, den kleinen Toten obduziert.«
    »Monsieur«, rief ich sehr bewegt, dabei ich an meinen Vater dachte, der meiner kleinen Hélix den Schädel aufgesägt hatte, »Monsieur, welch großen Mut habt Ihr da aufbringen müssen!«
    »Einen gar großen«, sagte Rondelet mit tränenfeuchten Augen. »Zumal ich auch noch kundgab, was ich getan. Siorac, ein gewaltiger Sturm erhob sich da
urbi et orbi
gegen mich, brach dichter als Hagelgewitter über mich herein, und Ihr erratet, von welcher Seite; ein Schwall von Anklagen und gehässigen Schmähschriften bis auf den heutigen Tag, darin ich gemeinhin als Heide, Türke und Frevler traktiert werde … Nun, Siorac, wie denkt Ihr darüber? Habe ich schlecht gehandelt oder recht getan? Habt keine Furcht, mich zu beleidigen, sprecht in aller Herzensaufrichtigkeit. Aber bescheidet Euch nicht mit einem Ja oder Nein. Bringt Eure Gründe vor, in geordneter Folge.«
    »Herr Kanzler, das ist längst erwogen!« rief ich. »Ihr habt recht getan, und ich sehe hierfür zwei Gründe. Primo: Da Euer zweiter Sohn an demselben unbekannten Leiden gestorben war wie der erste, versuchtet Ihr mit Eurer Autopsie die Ursache der Infektion herauszufinden, um vielleicht Euern dritten Sohn davor zu bewahren.«
    »Leider ist auch er gestorben.«
    »Aber Ihr habt zumindest versucht, ihn zu retten. Secundo: Indem Ihr die Autopsie publik gemacht, habt Ihr beweisen wollen, daß sie, obgleich sehr schmerzlich für Euch, doch notwendig war. So habt Ihr denn bei erheblicher Gefahr und um den Preis Eurer Reputation gegen die unsinnigen Verbote der Papisten angekämpft.«
    »Vorzüglich!« rief Rondelet. »Vorzüglich gedacht, erwogen und argumentiert! Fogacer, wir werden aus diesem perigurdinischen Burschen einen ordentlichen Mediziner machen.«
    »Das will ich gern glauben«, sagte Fogacer ernst.
    »Doch fahren wir fort«, sagte Rondelet und rieb sich die Hände. »Siorac, einige Fragen noch: Wann und von wem wurde zu Montpellier das Anatomische Theater gegründet?«
    »Anno 1556, Herr Kanzler, und zwar von Euch und den Doktoren Schyron, Saporta und Bocaud.«
    »Wer von diesen Doktoren gehörte dem reformierten Glauben an?«
    »Alle, Ihr inbegriffen.«
    »Seht Ihr einen Zusammenhang zwischen der Gründung dieses
theatrum anatomicum
und unserem neuen Bekenntnis?«
    »Gewiß«, sagte ich. »Weil die in Frage stehenden Doktorenfreie Forschung betrieben, waren sie über die Vorurteile der Priester und der landläufigen weltlichen Meinung erhaben.«
    »Bene. Bene.«
    Wieder rieb er sich die Hände, beglückt über meine trefflichen Antworten, als wäre ich sein Sohn. Was meine Gefühle nicht unberührt ließ für diesen Mann von so großer

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