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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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versprochen. Wenn Ihr wollt, schnitze ich Euch eine andere.«
    »Könntest du sie nach einer Vorlage schnitzen, die ich dir aufzeichne?«
    »Aber ja, Moussu, wenn sie die entsprechende Größe hat.«
    »Und wie lange brauchst du, um deine
peteta
zu schnitzen?«
    »Einen Tag, wenn Ihr mir ein Stück Weichholz beschafft, in der rechten Größe, und dazu die drei Werkzeuge.«
    Ich überlegte ein Weilchen, denn ich hatte eine Idee.
    »Espoumel«, sagte ich, »du schenkst mir die erste
peteta
, aber die anderen bezahle ich dir, denn ich möchte jeden Tag eine, solange du im Gefängnis auf die Begnadigung wartest. Dann hast du in deiner Zelle Beschäftigung und, wenn du freikommst, etwas Geld für Essen und Trinken.«
    »Mein edler Herr, Ihr seid sehr gütig! Aber wenn ich länger als einen Monat hierbleibe, was macht Ihr dann mit all den
petetas

    »Soldaten mache ich daraus. Ein paar französische, aus dem Rest englische. Und mit den beiden Armeen kann ich die Belagerungvon Calais nachstellen, in der sich mein Vater hervorgetan.«
    Ich versprach, am nächsten Tag wiederzukommen, und ging vergnügt von dannen, in dem Gedanken, daß ich aus diesen
petetas
guten Nutzen ziehen würde. Ich weiß, daß manche Leser hier die Brauen runzeln werden: als wäre es nicht schon schlimm genug, daß ein Edelmann Medizin studiert – nun will er noch Geld schlagen aus den Dingen. Für die besagten Leser gibt es nur eine Art, edel zu leben: der Erstgeborene soll seine Landleute schinden, der Zweitgeborene das geistliche Amt oder den Waffenrock wählen. Doch durch meinen Glauben ist mir die Kirche mit ihren fetten Pfründen verschlossen. Und soll ich meinen Degen in den Dienst eines Prinzen stellen, von dem ich nicht weiß, ob er die Hugenotten morgen nicht wieder mit Acht und Bann belegt?
    Mein Vater und Sauveterre meinen, ganz wie Calvin, daß ehrbar gewonnenes Geld sauber sei und daß es als verläßliches Zeichen der Gunst des Himmels gelten müsse, wenn er uns den Gedanken eingibt, zu wählen, was uns tunlichst nützt. Diesem Grundsatz im Geiste der Bibel verdanken sie ihre Prosperität in Mespech.
    Was mich betrifft, der ich von den gleichen Erwägungen geleitet bin, so möchte ich die Herren Brüder nicht so viele Dukaten kosten und auch nicht von ihnen abhängig sein, denn wer einem anderen auf der Tasche liegt – mag es der eigene Vater sein –, ist noch immer ein Kind. Als Zweitgeborener, der ich mein Lebensglück selbst bestreiten muß, finde ich es beklaglich, daß ich mich nur schwarz kleiden soll, zumal ich schon in der Gunst von Monsieur de Joyeuse stehe und es darin um so weiter brächte, wenn ich vor ihm in einem Aufzug erschiene, der mir keine Verachtung einträgt. Das Wams aus blauem Satin, danach mir der Sinn steht, finde ich weder »nichtig« noch »frivol«, es dünkt mir Mittel zu nutzbringendem Zweck, wie es für mich diese
petetas
sind, die ich nicht auf offener Straße feilbieten werde, sondern mir auf feinere Weise werde frommen lassen.
    Vertieft in diese Gedanken, merkte ich, daß ich Saint-Firmin entgegenschritt, dabei mich freilich nicht diese Papistenkirche lockte, sondern das gegenüberliegende Haus. Wie leicht fällt es dem Menschenhirn, zwei Gedanken gleichzeitig zu verfolgen!Denn sosehr ich mit Zukunftsplänen befaßt war, seit Espoumel mir von seinen
petetas
erzählt hatte, ich hing ebensosehr der Erinnerung an die
patota
nach, was nur eine mundartliche Abwandlung desselben Wortes ist und
Puppe
bedeutet. Und mich der köstlichen Kuchenstücke dieser guten Wirtin entsinnend, kaute ich in Gedanken gar bald jene, die ich am Abend zuvor im Nadelhaus genossen. Und vom Backwerk sanft zur Bäckerin übergleitend, erfaßte mich jäh solcher Appetit auf die Thomassine, daß es mich drängte, ihn augenblicklich zu stillen.
    Aber die Thomassine war nicht zu Hause und würde es den ganzen Tag nicht sein, wie ich von Azaïs erfuhr, die neckisch tat und sich vor mir wie eine kleine Schlange wand, scheinheiliges Getue. Ich machte dem ein Ende, indem ich sagte, ich wolle nicht schuld sein an ihrer Entlassung; ein Skrupel, den ich bei Fontanette freilich nicht gehabt.
    Damit verließ ich sie, sehr zufrieden ob meiner Standhaftigkeit, die indes nur Berechnung war und – ein einziges Mal wenigstens – kluge Vorsicht. Sie zählt, ich kann es nicht verhehlen, zu meinen Stärken nicht. Denn einen Monat später beging ich mit Kommilitonen meiner Schule eine Handlung, die mein Vater, dem ich sie brieflich beichtete,

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