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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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hart rügte, indem er sie gottlos und närrisch unbedacht nannte, wörtlich:
atrocissima
1 .

ACHTES KAPITEL
     
    Am 10ten Oktober begab ich mich auf meiner Stute Accla nach Frontignan, um Doktor d’Assas zu besuchen. Fogacer begleitete mich auf meines Bruders Pferd Albière, um mir die Wege entwirren zu helfen, aber auch gelüstig auf den Muskateller des Professors.
    Dieser, so erklärte mir Fogacer, während wir die steinigen Pfade ritten, sei getaufter Jude und heiße in Wahrheit Salomon, doch sei ihm sein Name zu auffallend hebräisch erschienen, weshalb er denn den seines Landgutes in Frontignan angenommen habe und sich seither Monsieur d’Assas nenne. Was seine Brüder, die Maranen, anfänglich erzürnt hatte, zumal der gute Doktor, als er Hugenotte geworden, von den geheimen Riten abgegangen war, denen viele weiterhin Treue wahrten. Die Papisten spotteten über diesen Monsieur d’Assas und seine neue Adelspartikel. (Aber hatte mein Großvater nicht ein Gleiches getan?) Dagegen die Hugenotten, viel zu ernst, um über einen Namen zu lachen, sich bekümmerten, daß Monsieur d’Assas so lau im reformierten Glauben war und nur selten den Gottesdienst besuchte.
    Als ich absaß und er mit vorgereckten Händen auf mich zukam, mich stürmisch umarmte und in seinem ganzen Wesen Güte und Duldsamkeit verströmte, wie liebte ich ihn da, den Herrn von Assas! Alles an ihm war rund: das Haupt, das Gesicht, die Schultern, der Bauch, die Seele und auch das Herz. Des Lebens Stacheln waren über diese Rundungen, anders als beim verstorbenen Kanzler Rondelet, sanft drübergeglitten, hatten ihn nicht geschrammt, obwohl er ein gleiches Maß an Trauerfällen erlitten wie sein Schwiegervater, zwei Ehefrauen und vier seiner sechs Kinder verloren hatte; doch nach jedem Tränenfluß war er aus der Asche wieder emporgefahren, erfüllt von einer Lebensfreude, die er immerfort aus sich zapfte wie den Muskateller aus seinen Fässern.
    In der Tat stand der Trinker irgendwie sehr in Einklang mitseinem Getränk. Denn seinem Wesen nach war Doktor d’Assas mild, lieblich und fruchtig, ein wahrer Nektar von Mensch, nachsichtig sich selbst und den anderen gegenüber, zuvorkommend, jedermann verzeihend, Feindschaft abhold, auf Ausgleich und Versöhnung bedacht und solcherweise allerdings – jede Medaille hat zwei Seiten – auch sehr wenig geneigt, Eifer an den Tag zu legen, auch nicht in seiner Kunst: er hatte wenig Vertrauen in die Medizin und tat nichts lieber als seinen Weingarten zu hegen, den er höher schätzte als der König sein Königreich.
    Nachdem er uns im Schatten seines lieblichen Gartens Platz angeboten hatte, bedachte er uns mit tausend Komplimenten, hieß seine Diener unsere Pferde tränken, sein Kammermädchen uns Kuchen auftragen und Wein. Die junge Bedienstete, eine hübsche Braune, schlank und schmiegsam wie eine Gerte, mit großen goldgepunkteten grünen Augen, war so genüßlich anzuschauen wie ihr Gebäck köstlich schmeckte, darüber wir uns gierig hermachten. Doktor d’Assas lächelte gutmütig, als er uns nach dem langen Ritt so heißhungrig sah. Er saß lässig in seinem Sessel, wiegte fröhlich den Kopf hin und her und brachte in Abständen – der Leser möge mir nicht zürnen – auch den Bariton seines Hinterns zu Gehör. Obzwar von ehrbaren Manieren, furzte er oft und laut, wenn auch nicht mit Gestank, da von gutem sauberem Gedärm, nur daß er eben zum Anus die übermäßig eingeatmete Luft (er hatte die Angewohnheit, bei jedem Satz zu gähnen) wieder ausstieß.
    Als ich mir den Bauch halb gefüllt hatte (denn in meinen jungen Jahren war dieser Abgrund bodenlos), sagte Monsieur d’Assas, ohne im Essen und Trinken einzuhalten:
    »Monsieur … aber lassen wir den Monsieur fort, ich werde Euch einfach Pierre nennen, so sehr gefallt Ihr mir bereits mit Eurem jungen Gesicht … Ihr werdet verzeihen (hier gähnte er und gab dabei einen merkwürdigen Ton von sich:
haamm )
, aber greift bitte weiter zu, unterdessen ich rede, eßt und trinkt, nur die Lebenden essen und trinken, die Toten gelüstet es nur noch nach Gott, und Gott ist ewig, warum also sollten wir Eile haben, zu ihm zu gelangen? Pierre, Ihr werdet mir verzeihen, daß ich Euch ein paar kleine Fragen in Medizin stelle (hier reckte er seine linke Hinterbacke hoch und furzte), doch es muß sein, ich habe hierüber unserem liebenswerten Kanzler
(haamm)
schriftliches Urteil zu geben, also will ich Euch ungesäumt prüfen
(haamm)
über die italienische

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