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In Vino Veritas

In Vino Veritas

Titel: In Vino Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Henn
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wie gebannt ins Flussbett. »Prima! –
Guckst du auch mal ins Wasser? Und sag mir direkt Bescheid, wenn du was
entdeckst! Sind nicht zu übersehen. Die Brocken werden hier bis zu einem Meter
lang und zehn Kilo schwer!«
    Aber keine Flosse zeigte sich.
    Julius hielt es für an der Zeit, auf den wirklichen Grund seines
Besuchs zu kommen.
    »Sag mal, August, bist du nicht Mitglied in der Weinbruderschaft?«
    Herold schaute auf. »Wie kommst du denn jetzt darauf?« Seine Stimme
hatte einen überraschten Ton angenommen.
    »Ich spiele ja schon lange mit dem Gedanken einzutreten. Und
irgendwie denk ich, es ist so weit.«
    Das war natürlich eine schwache Begründung. Er konnte nur hoffen,
dass Herold den erbärmlichen Köder schluckte.
    »Das wurde auch langsam mal Zeit!«
    Gefressen.
    »Und wie läuft das ab?«
    Herold blickte nun wieder auf die Ahr, in Kreisen seine nähere
Umgebung absuchend.
    »Du brauchst zwei Bürgen. Einen hast du hiermit schon mal!«
    Eine bessere Möglichkeit, sich über die Identität der Weinbrüder zu
informieren als nach dieser Steilvorlage, würde sich kaum bieten. Julius griff
zu.
    »Und wen sollte ich deiner Meinung nach noch fragen?«
    »Tja, Julius, das ist das Problem. Ich darf dir dazu nichts sagen.
Weinbrüder können sich immer nur persönlich offenbaren.«
    Dagegen war die Stasi ja eine offenherzige Organisation!
    »Nu lass aber mal die Kirche im Dorf, wenn ich sowieso Mitglied
werde, dann …«
    »Jaja, ist schon gut. Einfach gesagt: Alle wichtigen Leute sind
drin – außer dir natürlich!«
    Der Regen verdichtete sich, und Julius musste schon fast rufen,
damit Herold ihn verstand. Ins Wasser gehen wollte er nicht. Die Gefahr, sich
schmutzig zu machen, war einfach zu groß.
    »Auch Politiker und Winzer?«
    » Alle Wichtigen, Julius! Einige Herren aus
der Kreisverwaltung, Bürgermeister, und auch wir Winzer. Der Siggi war
allerdings nie Mitglied, weiß der Himmel warum! Aber Markus Brück ist dafür bei
uns.«
    Das reichte Julius. Mehr brauchte er von den Brüdern vorerst nicht
zu wissen.
    Brück war einer der wenigen, die überhaupt von seinen
Nachforschungen wussten. Und Brück hatte sich bei ihrem Gespräch merkwürdig
verhalten, als hätte er etwas zu verbergen, als belaste ihn etwas. Er war ein
heißer Tipp als anonymer Schreiber. Der heißeste, den er hatte. Aber warum
hatte er die eigenen Weinbrüder belastet? Was hatten sie mit dem Mord zu tun?
Und was hatte es mit dem Exempel auf sich?
    Herold würde dazu nichts sagen. Aber es gab etwas anderes, das er
ihn fragen musste. Sei es auch nur, um seine Reaktion zu sehen.
    »Hast du schon gehört, dass Siggis Flaschen für den IHK -Kammerpreis verschwunden sind?«
    Herold blickte von Julius fort, ans andere Ufer der Ahr. »Wie?
Alle?«
    »Ja. Die letzten sechs vom Top-Rotwein. Mit dem letzten Jahrgang
kommt er nicht mehr aufs Treppchen.«
    Herold antwortete nicht sofort.
    »Das wünscht man keinem. Du weißt, dass wir uns nicht immer grün
waren. Schließlich kann es nur eine Nummer eins geben.«
    »Was meinst du, wer die Flaschen geklaut hat? Das war eine gezielte
Aktion. Sonst fehlen keine Weine.«
    »Vielleicht ein Kunde, der nichts mehr davon bekommen hat?«
    »Der hätte bestimmt noch ein paar andere Schätze eingepackt. Nur
Winzer wussten vom Abgabetermin für den Kammerpreis, und nur Winzer profitieren
davon, dass Siggis Wein nicht dabei ist.«
    Herold drehte sich um und blickte Julius an. »Winzer gibt es viele
im Tal.«
    Julius spürte, dass er die Situation entschärfen musste.
    »Da hast du leider Recht.«
    Er wollte sich verabschieden, doch die Vereinsschlinge hatte sich
bereits um seinen Hals gelegt.
    »Noch mal zur Weinbruderschaft, Julius. Unter Freunden :
Ich besorg dir einen zweiten Bürgen, und beim nächsten Treffen stimmen wir
darüber ab, ob wir dich wollen. Reine Formalia. Und ich sag dir dann wegen der
Aufnahmezeremonie Bescheid. Bei uns heißt das allerdings Initiation. – Ist
ja klar, dass alles, was ich dir gesagt habe, unter uns …«
    Dann schrie er auf. » Da ! Siehst du ihn?«
    Julius sah nichts. Plötzlich klatschte der Käscher ins Wasser und
kam mit einem Prachtkerl von zappelndem Lachs wieder hervor. Herold zog aus
seiner Gesäßtasche einen Zollstock und entfaltete ihn geschickt mit einer Hand.
    »Sieh dir diesen Brocken an! Der ist gut eins zwanzig lang! Der
erste dieses Jahr! Siehst du das rot gefleckte Hochzeitskleid? Wunderschön ist
das, wunderschön. Und vorne am Unterkiefer der

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