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In Vino Veritas

In Vino Veritas

Titel: In Vino Veritas
Autoren: Carsten Henn
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so schätze ich, dass
Siggi den Vertrag mit dir auflösen wollte. Den Vertrag über den Spezialwein für
dein Restaurant. Siggi hat immer alles vertraglich abgesichert. Nach dem Mord
hat sich Hinckeldeyn dann so seine Gedanken gemacht.«
    »Er hat dir also gesagt, ich wäre es? Von wegen anwaltlicher
Schweigepflicht …«
    »Nein, nein, so was würde Hinckeldeyn nie machen. Er meinte nur, der
Mörder würde auffallen, die Sache würde schief gehen, weil bei ihm immer alles schief geht.«
    »So ein Blödsinn!«
    »Nein, er hatte Recht. Und als ich gestern in der Zeitung las, dass
›Animal Peace‹ gegen deinen Sauerbraten rebelliert, fing mein Kopf an zu
arbeiten.«
    Hans-Hubert Rude lachte auf. »Diese elenden Tierschützer! Die Idee,
Lachs auf Sauerbratenart zu machen, war übrigens clever von dir. Da wusste ich,
dass du mich in Verdacht hast. Das Rezept werd ich mir merken.«
    »Kann ich dir gern geben.«
    Julius erntete nur ein angedeutetes Kopfschütteln. »Erzähl lieber
weiter, das kann ja noch nicht alles gewesen sein.«
    »Dann war da die Sache mit dem Hund.«
    »Ein dummes Tier.«
    »Józef erzählte mir, dass Moritz mal bis nach Marienthal ausgebüxt
ist und ihn jemand zurückgebracht hat. Natürlich wusste ich, wer in Marienthal
lebt, aber ich musste sichergehen. Gestern hab ich noch mal nachgefragt, wer
der freundliche Helfer war.«
    »Ich hätte den Hund gleich in den Entrapper stecken sollen!«
    »Ich hab mich schon damals bei unserem Treffen in der Gutsschänke
gefragt, warum er dich so freundlich begrüßt und mich keines Blickes würdigt.
Komisch fand ich auch, dass der Hund so traurig über Siggis Tod war, wo deren
Beziehung doch nie sonderlich eng gewesen war. Siggi hatte nur einen Hund, weil
man eben einen haben musste. Der Hund war …«
    »… der Hund war traurig wegen seinem verdammten Stock. Und weil
er wusste, dass ich ihn hatte, hing er mir ständig am Bein. Beim Streit mit
Siggi war ich so wütend, dass ich das nächstbeste genommen habe, um ihn zu
erschlagen. Das war eben dieser Stock. Der Hund hat das mitbekommen.«
    »Und warum hast du ihn nicht weggeworfen?«
    »Ich wollte ihn nicht am Tatort liegen lassen, hab ihn bei der
Abfahrt schnell in den Wagen geschmissen, und als ich zu Hause ankam, lag er
immer noch dort. Da habe ich ihn eben zu meinem Feuerholz gesteckt. Ich dachte,
vielleicht kann ich ihn irgendwann noch mal gebrauchen, zum Beispiel, um eine
falsche Spur zu legen.«
    »Aber du hast eine richtige Spur damit gelegt.«
    »Wieso?«
    »Außer Franz-Xaver hatte ich nur dem Stammtisch erzählt, dass die
Polizei mich verdächtigt. Der Rest des Tals dachte, ich unterstütze die Behörden.
Wer immer den Stock in meinem Garten deponierte, wusste, dass er mich damit in
Schwierigkeiten bringen würde. Schon blieben nur noch vier Personen übrig.«
    »Das konnte ich nicht wissen.«
    »Man kann nie alles wissen. Und obwohl du mir dadurch geholfen hast,
fand ich das mit dem Stock in meinem Garten sehr unfein.«
    »Ich wollte dir das hier ersparen. Deswegen auch der anonyme Brief.
Ich hab’s gut mit dir gemeint. Aber du hast es ja so gewollt. Geh bitte mal zur
Seite, in die Nähe des Baums.«
    Julius ging betont langsam zur Blautanne, die neben dem Eingangstor
zum Garten wuchs.
    »Und erzähl schneller! Ewig kann ich schließlich nicht auf dem Klo bleiben!«
    »Lass mich die letzten Minuten doch noch genießen.«
    »Red keinen Blödsinn! Sag mir lieber, wie du von Siggis und meinem
Projekt erfahren hast? Das lief unter dem Siegel der absoluten
Verschwiegenheit.«
    »Ich hab einfach Glück gehabt. In der ›Wein + Wirtschaft‹ stand
etwas über einen Rebstockdiebstahl bei Romanée-Conti. Und ich musste dran
denken, dass August mir und Niemeier kürzlich erzählt hatte, im Altenahrer Eck,
in einer von Siggis Parzellen, ständen ein paar sehr wertvolle Burgunderklone,
wie man sie in Deutschland nicht findet.«
    »Deshalb gab es auch zwei Weine aus dem Eck zum Menü.«
    Julius nickte. »Dann fiel mir ein, dass du mit Siggi diese Bootstour
im Burgund gemacht hattest. Ich musste nur noch dazurechnen, dass du einen
großen, exklusiven Rotwein produzieren wolltest, der neue Maßstäbe setzen
sollte.«
    Hans-Hubert Rude grinste. »Und das wird er auch! Der bringt den
›Bahnhof‹ ganz nach vorn, für den Wein werden sie herpilgern, mit dem krieg ich einen Spitzenkoch und Spitzenpublikum mit
Spitzengeld. Dieser Wein macht mich zur Nummer eins.«
    »Ja, sehr schön, meinen herzlichen
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