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In Wahrheit wird viel mehr gelogen - Erben bringen Glück

Titel: In Wahrheit wird viel mehr gelogen - Erben bringen Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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komisch, dass Dinge, von denen man weiß, dass sie keine Kalorien haben, überhaupt nicht schmecken? Geschweige denn satt machen? Egal, heute werden wir eine Liste mit all den Dingen erstellen, die Sie diese Woche dringend erledigen müssen. Wohnung! Erbe! Job!« Sie warf einen kritischen Blick auf meinen Pony. »Und Friseur, meinetwegen.«
    »Wie bitte? Alles in einer Woche?«
    »Kommen Sie, Carolin. Sie sind gesund! Sie dürfen sich nicht mehr vor dem richtigen Leben drücken.« Dabei seufzte sie und schob sich ein Diätbonbon in den Mund.
    »Sie hat Recht«, sagte der Apotheker, als ich mich bei ihmüber meine unfähige Therapeutin beklagte. »Ich meine, sie ist unfähig, und das, was sie über Karl gesagt hat, ist absoluter Unfug, aber sonst hat sie Recht. Worauf wartest du denn noch?«
    »Na ja, ich hatte doch nicht wissen können, dass eine Wohnung mit Kaminsims so schwierig zu finden ist«, sagte ich. »Und was kann ich dafür, wenn sich das mit dem Erbe so lange hinzieht? Onkel Thomas’ Anwalt schreibt einen Brief nach dem anderen. Und was die Abschlussarbeit angeht …«
    »Ja?«
    »Na, ehrlich gesagt fällt mir dazu keine Ausrede ein. Ich könnte sie zu Ende schreiben.«
    »Dann mach das – das ist ein Studienabschluss, der dir die Jobsuche garantiert erleichtern wird. Ich würde dich dann als privaten Wirtschaftsprüfer einstellen, ich blicke im Augenblick wieder mal gar nicht durch.« Er seufzte.
    Ich tätschelte seinen Arm. »Justus, du kannst dir einen Wirtschaftsprüfer gar nicht leisten. Aber ich helfe dir gern umsonst. Zahlen sind meine Spezialität.« Tatsächlich hielt ich mich immer öfter in der Apotheke auf und brachte Justus’ Buchhaltung auf Vordermann. Sein Vater hatte in den letzten Jahren vor der Geschäftsübergabe schlampig gewirtschaftet, und es standen einige Forderungen vom Finanzamt aus, die Justus Kopfzerbrechen bereiteten. Als ich mir einen groben Überblick verschafft hatte, riet ich ihm, den Steuerberater zu wechseln.
    »Aber der macht das schon seit zwanzig Jahren«, sagte Justus.
    »Ja, und er macht das schon seit zwanzig Jahren schlecht«, sagte ich. »Hör auf mich! Genau wie du weißt, welche Schuhe mir am besten stehen, so sicher weiß ich, wie wir aus deiner Apotheke eine Goldgrube machen können.«
    Und Justus hörte auf mich und engagierte denselben Steuerberater, den Mimi und Constanze fürhatten.
    Im Gegenzug sprang ich über meinen Schatten und sagte der Maklerin, dass ich bereit wäre, auch eine Wohnung ohne Kamin in Erwägung zu ziehen. Damit machte ich der Frau eine große Freude. Innerhalb von vier Tagen hatte ich sieben Wohnungsbesichtigungen. Weil sowohl Mimi als auch der Apotheker der Meinung waren, ein Dachstudio mit großer Terrasse und feuerroter, moderner Einbauküche sei absolut perfekt für mich, unterschrieb ich einen Mietvertrag zum ersten Juni. Das war zwar noch ein bisschen hin, aber ich würde ja auch noch eine Menge erledigen müssen, bis dahin. Zum Beispiel ein Bett kaufen.
    Meine künftige Wohnung lag im Schwebfliegenweg, nicht weit von Mimis Haus.
    »Wenn das Baby schreit, werde ich es vermutlich sogar hören«, sagte ich gedankenverloren, und Mimi keifte ausnahmsweise mal nicht: »Das was, bitte? Ich dachte, die Regeln hätte jeder verstanden!«, sondern fasste sich an den Bauch und rief: »Es hat mich getreten!«
    Obwohl es eine Steilvorlage gewesen wäre, sagte ich nicht: » Was bitte hat dich getreten? Ich dachte, die Regeln hätte jeder verstanden!«, sondern drückte meine Hand gegen ihren Bauch und fühlte es auch. Die kleine Pflaume bewegte sich.
    Es ging irgendwie alles voran.
    Im Büro der Apotheke begann ich auch wieder, an meiner Abschlussarbeit zu schreiben, dort war es ruhig und gemütlich, und es gab keine Katzen, die sich auf der Tastatur herumfläzten, sobald man anfing zu schreiben. Ab und an half ich für ein paar Minuten vorne im Geschäft aus, etwa, wenn viele Kunden auf einmal da waren oder wenn Janina und Justus eine Pause benötigten. Ich mochte die Apotheke. Ich liebte dasleise Geräusch, dass die Auszüge der Medikamentenschränke beim Öffnen machten, ich liebte die Ordnung, die in diesen Schränken herrschte, und ich liebte die komplizierten Namen der Medikamente und Wirkstoffe – ich fand, manche klangen wie Gedichte, vor allem, wenn man sie hintereinander aufzählte. Xylometazolinhydrochlorid, das zerging einem doch beim Sprechen auf der Zunge.
    Mit den Kunden hatte ich meistens Glück, die Bekloppten und

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