In Wahrheit wird viel mehr gelogen - Erben bringen Glück
Geschlechtsverkehr, und irgendwo da drinnen könnte jetzt gerade im Moment ein Baby entstehen – und für dieses Baby ist die Torte. Da kannst du nichts gegen sagen. Sekt habe ich auch mitgebracht, denn das muss gefeiert werden. Und ich will dir damit beweisen, dass man sich auch dann schon über ein Baby freuen kann, wenn man es noch gar nicht gezeugt hat. Jawohl.«
Mimi knurrte etwas Unverständliches, aber da gerade eine Kundin hereinkam, blieb die Torte unversehrt. Das heißt, so lange, bis Constanze sie anschnitt und verteilte. Wirklich – die köstlichste Torte der Welt. Ich fragte, ob ich zwei Stücke davon rüber in die Apotheke bringen dürfe, und Constanze erlaubte es mir. Justus freute sich, als er mich und die Torte sah.
»Endlich mal jemand Normales«, sagte er. »Heute kommen hier nämlich nur Bekloppte und Perverse rein, stimmt’s, Janina?«
Seine PTA schmachtete die Torte an. »Oh, ist die selbst gemacht?«
Ich war geschmeichelt, mich ausdrücklich nicht zu den Bekloppten und Perversen zählen zu dürfen. Das war mal ein ganzneues Gefühl. Gerade kam wieder einer von den Bekloppten herein, eine jüngere Frau, die recht bestimmt an den Tresen trat.
»Ich brauche Paprika, scharf, Kreuzkümmel, Oregano und Estragon«, sagte sie. Der Apotheker verdrehte die Augen, während Janina der Frau geduldig erklärte, dass sie – leider – keine Gewürze führen würden.
»Aber Sie sind eine Apotheke !«, sagte die Frau empört.
»Und du bist ein roter Omnibus«, murmelte Justus, aber Janina sagte mit geradezu überirdisch freundlicher Stimme: »Ja, wir sind eine Apotheke, und deshalb führen wir keine Gewürze.«
»Unmöglich finde ich das. Und wie Sie mir das einfach so ins Gesicht sagen! Als wären Sie auch noch stolz darauf.« Die Frau machte auf dem Absatz kehrt und verließ das Geschäft.
»Wahrscheinlich geht sie jetzt rüber in den Schuhladen – ich hoffe, ihr führt da Estragon?« Justus grinste mich an. »Was kann ich für dich tun?«
»Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich die braunen oder die schwarzen Schuhe nehmen soll.«
»Oh, das ist doch wirklich mal ein echtes Problem. Janina, kommst du hier mal ein paar Minuten ohne mich klar?«
Janina hatte den Mund voller Torte und nickte.
Beiwurde der Apotheker neugierig beäugt. Ich hatte allen von meinem neuen, schwulen, besten Freund erzählt, und nun waren sie ein wenig neidisch. Vor allem natürlich auf die La-Mer -Produkte.
Trudi hatte allerdings gemeint, der Apotheker sei auf keinen Fall schwul, denn sie kenne seine Exfreundin höchst persönlich aus einem ihrer Atemtherapiekurse.
»Nein, ausgeschlossen«, sagte ich, und Mimi stimmte mir zu: »Der ist so was von schwul, Trudi, der heißt sogar Detlefsen mit Nachnamen.«
Constanze meinte, da, woher sie stamme, gäbe es sehr viele Menschen mit Namen Detlefsen, und davon sei ihres Wissens keiner schwul.
»Der hier ist aber schwul«, sagte ich und erzählte, dass er mir die Fußnägel lackiert habe. Lila.
Damit war Constanze überzeugt, aber Trudi noch lange nicht. »Also, erstens finde ich das diskriminierend – wieso sollten heterosexuelle Männer nicht Nägel lackieren können? –, und zweitens kann ich mich an seine Exfreundin genau erinnern. Es hat ewig gedauert, bis wir ihr den Apotheker aus dem Bauch geatmet hatten.«
»Das muss ein anderer Apotheker gewesen sein«, sagte ich.
»Nein, es war dieser«, sagte Trudi. »Das weiß ich genau.«
»Dieser ist aber schwul.«
»Damals aber noch nicht«, sagte Trudi.
Als Justus nun den Laden betrat, schulterte Trudi ihr Baby und beäugte ihn ganz genau. Hinter seinem Rücken machte sie seltsame Zeichen in meine Richtung.
»Was?«, flüsterte ich.
»Nicht schwul«, flüsterte sie zurück.
»Warum nicht?«
»Er geht nicht schwul«, flüsterte Trudi.
»Wie bitte?«, fragte Justus.
»Heute ist es nicht schwül«, sagte Trudi laut.
»Allerdings nicht«, erwiderte Justus. »Wir haben ja auch minus acht Grad. Also, wo sind die Schuhe?«
Ich zeigte sie ihm.
»Hm«, machte Justus und betrachtete zuerst das schwarze Paar. »Schon wieder schwarz? Ich finde, sie ähneln sehr denen, die du schon hast.«
»Oh. Ja, stimmt. Dann nehme ich wohl die braunen.«
»Die braunen – sind sehr schön. Aber ehrlich gesagt, wozuwillst du sie tragen? Du hast überhaupt keine braunen Sachen. Und ich würde mir an deiner Stelle auch keine braunen Sachen kaufen – braun ist nicht unbedingt deine Farbe – zu langweilig.«
Ich sah vielsagend zu
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