In weißer Stille
versteckt. Aber was war mit dem toten Vogel? Falls Bertram nicht gelogen hatte, wie kam dann die Uhr in Alberts Schreibtisch? Babs starrte ihr Spiegelbild an. Vielleicht wartete Dühnfort gar nicht in Münsing. Die Anspannung wuchs, ihre Nerven vibrierten wie gespannte Seile, an denen eine ungeheure Kraft zog. Ihre Hände begannen zu zittern. Sie glaubte ihrem Mann nicht … sie hielt ihn für … Babs rief sich zur Ordnung, straffte die Schultern und schüttelte den Kopf. Warum hätte Albert seinen Vater töten sollen? Er hatte nicht den Hauch eines Motivs.
Die Tür einer Kabine wurde aufgestoßen. Eine junge Polizistin trat heraus. Babs fuhr herum und fegte dabei ihre Handtasche zu Boden. Lippenstift, Handy, Geldbörse, alles ergoss sich auf den dreckigen Fliesenboden.
Die Polizistin musterte sie. »Alles in Ordnung?«
Babs bückte sich und raffte mit fliegenden Fingern ihre Sachen zusammen. »Ja, sicher. Ich bin nur in Eile.« Sie stopfte alles in die Tasche und versuchte ein Lächeln.
* * *
Dühnfort verstand, was die Häufung der grünen Fähnchen innerhalb der Münsinger Funkzelle bedeutete. »Albert hat das Auto seines Vaters auf den Hotelparkplatz gebracht.«
»Sieht so aus. Und es gibt noch etwas.« Meo klickte die blauen Fähnchen weg. Orangefarbene erschienen.Er ließ den Laserpointer über die Karte wandern. »Eine Woche später, am Tag des Leichenfundes, hat sich Albert um kurz nach 21 Uhr auf den Heimweg gemacht, nachdem du ihn vermutlich gefragt hast, ob er das alleine schafft.«
Dühnfort erinnerte sich.
Es geht schon,
hatte Albert gesagt.
»Albert ist auf der Autobahn Richtung München gefahren, am Autobahnkreuz Starnberg allerdings nach Westen abgebogen und in die Ortsmitte von Starnberg gefahren. Erst dann ist er zurück in die Stadt.« Meo blickte zu ihm. »Ich wette, er hatte Bertrams Rad die ganze Zeit im Kofferraum, während du mit ihm gesprochen hast und Buchholz mit seinen Leuten im Haus arbeitete. Ganz schön dreist!«
»Das erklärt auch die 22 Minuten Zeitdifferenz zwischen Ankunft und Notruf. Nicht Bertram, sondern Albert hat sie genutzt, um die Spuren zu beseitigen.« Plötzlich fügten sich eine Menge Informationen zu einem Bild. »Bertram, der sich um seinen Vater sorgt, trifft kurz vor Albert am Wochenendhaus ein. Auch er hat einen Schlüssel. Er betritt das Haus und findet die Leiche. Ein Auto nähert sich. Der verhasste Bruder steigt aus. Bertram bekommt Panik; Albert wird denken, dass er den Vater umgebracht hat. Deshalb flüchtet er durch das Fenster.« Dühnfort spann den Faden weiter. »Sicher hat Bertram aus dem Schutz der Dunkelheit beobachtet, wie Albert reagiert. Und was er dann gesehen hat, muss ihn überrascht haben.« Das nächste Mosaiksteinchen purzelte an seinen Platz. »Bertram konnte mit seinem Handy fotografieren und Videos aufzeichnen, das würde erklären, warum er den Irrtum mit dem Rad nicht aufgeklärt hat. Er hat seinen Bruder erpresst.«
»Das mit dem Rad verstehe ich nicht«, sagte Meo. »Weshalb hat Albert Bertrams Rad nach Starnberg gebracht?«
»Albert hat am Tag des Überfalls das Rad seines Vaters in den Kofferraum des Jeeps gelegt, um damit vom Hotelparkplatz zurück zu seinem Auto gelangen zu können. Und dann hat er es, warum auch immer, zurückgestellt. Am Tag des Leichenfundes hat er falsche Fährten gelegt und Spuren verwischt. Er wollte das Rad des Vaters verschwinden lassen und hat dabei das falsche, nämlich das von Bertram erwischt.«
Dühnforts Handy begann zu klingeln. Er zog es aus der Tasche. »Polizeihauptmeisterin Meingast«, meldete sich eine Frauenstimme. Er erinnerte sich an die Streifenpolizistin, die mit ihrem Kollegen Fischer nach Alberts Notruf zum Wochenendhaus gefahren war. »Ich weiß nicht, ob das von Bedeutung ist. Aber der Mann, der neulich die Leiche seines Vaters gefunden hat, dieser Dr. Heckeroth, dem bin ich auf dem Rastplatz Höhenrain über den Weg gelaufen. Er hat eine Frau bei sich, die ist das reinste Nervenbündel. Ich dachte, das interessiert Sie. Sicherheitshalber habe ich mich mit ordentlich Abstand an ihn drangehängt.«
»Wie sieht sie aus?«
Die Beschreibung der Kollegin passte auf Barbara Heckeroth.
»Wo sind Sie?« Dühnfort machte sich auf den Weg in sein Büro und schlüpfte in den Mantel.
»Auf der A95 Richtung Süden. Nächste Ausfahrt Wolfratshausen.«
»Vermutlich fährt er zum Wochenendhaus. Folgen Sie ihm mit großem Abstand, er darf Sie nicht bemerken. Und halten Sie mich auf
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