In weißer Stille
Haus.«
»Wie ist es zu der Beziehung zwischen Ihnen und Heckeroth gekommen? Waren Sie seine Geliebte?«
Sie sog an der Zigarette und musterte ihn. »So kann man das auch nennen.«
»Wie würden Sie es nennen?«
»Keine Ahnung.« Sie fischte einen Tabakkrümel von der Zunge und schmierte ihn auf den Tisch. Dann fasste sie ihre dünnen Haare zusammen und strich sie über die Schulter. Die Frau, die vor ihm saß, hatte nur noch wenig gemein mit dem molligen Mädchen auf dem Foto. Die Figur war ausgemergelt, das Gesicht eingefallen. Vielleicht hatte sie ein Alkohol- oder ein Drogenproblem. »Was wollen Sie eigentlich von mir? Das ist alles Schnee von gestern. Der Staatsanwalt hat die Sache nicht weiterverfolgt.«
»Was für eine Sache?«
»Das wissen Sie doch. Das Verfahren wurde auf meinen Wunsch wieder eingestellt.«
»Sie haben ihn also angezeigt und dann die Anzeige wieder zurückgezogen?«
Sie beugte sich vor und stützte die Arme auf den Tisch. »Sie haben die Akte doch gelesen. Wie wären Sie sonst auf die Idee gekommen, mich zu verdächtigen? Das tun Sie doch. Deswegen sind Sie doch hier. Aus dem Opfer eine Täterin machen. Scheißkerle seid ihr. Alle miteinander.« Sie sprach ruhig, aber ihre Augen wurden schmal, die Stimme leise. Die Zigarette in ihrer Hand zitterte.
»Wir sind über dieses Foto auf Sie gekommen. Caroline Heckeroth hat Sie erkannt.« Er legte die Kopie der Fotografie auf den Tisch.
Sie griff danach, und plötzlich wich alle Farbe aus ihrem Gesicht. »Woher haben Sie das?«
»Aus Heckeroths Wohnung.«
»Es hat dieses Bild gegeben! Die ganze Zeit! Und diese Drecksau ist ungeschoren davongekommen und hat sogar munter weitergemacht.« Ihre Stimme kippte um, wurde zu einem rauen Flüstern. In den dunklen Augen glomm Hass. »Weil ihr Wichser zusammenhaltet, weil Frauen für euch nur ein Stück Fleisch sind. Und jetzt wollt ihr mir das anhängen.« Sie ließ das Bild fallen; blitzschnell umschloss ihre Hand das Heft des Brotmessers und schoss auf ihn zu. Der Adrenalinschock riss Dühnfort hoch, der Stuhl kippte krachend zu Boden; er fasste nach dem Messer, die Klinge erwischte ihn; ein Schmerz zwischen Daumen und Zeigefinger, er packte sie am Handgelenk, hielt es umklammert, während er keuchend hinter dem Tisch vorkam.
»Scheißwichser!«
Er drehte ihr den Arm auf den Rücken, bis sie das Messer losließ. Es rutschte unter den Herd. Während er sie zu Boden rang, zerrte er mit der Linken das Handy aus der Tasche. Blut tropfte auf das Linoleum. Sie trat schreiend um sich. Berentz von der Abteilung Einsatz meldete sich.
»Schick mir einen Streifenwagen, und zwar pronto.« Er gab Berentz die Adresse.
Endlich gab sie ihren Widerstand auf, wehrte sich nicht länger, blieb ruhig auf dem Boden liegen.
Sein Herz raste. Er atmete keuchend. Langsam wurde er zu alt für solche Sachen. Als er sich umdrehte, sah er eine Pistole auf sich gerichtet.
»Lass sie los, und dann stehst du ganz langsam auf. Und mach nur keinen Scheiß.« Die Frau mit der Waffe hatte den Körper einer Sportlerin, trug Trainingshosen, schwarzes Tanktop und darüber eine offene Kapuzenjacke.
»Alex. Lass es gut sein, sonst reitest du dich auch noch in die Scheiße. Das ist ein Bulle, und gleich kommen mehr davon.« Sabine Groß versuchte erneut, sich seinem Griff zu entwinden, während Alex langsam die Waffe sinken ließ.
Dühnfort hörte Schritte im Treppenhaus. Sicher die Kollegen. »Legen Sie die Waffe auf den Tisch, sonst führt das noch zu tragischen Missverständnissen.«
»Ach du Scheiße.« Alex ließ die Pistole langsam auf den Tisch gleiten. Dühnfort griff danach und schob sie in den Hosenbund. »Sie sind vorläufig festgenommen. Alle beide.«
* * *
Zwei Stunden später beendete Dühnfort die Befragungen von Alexandra Schimoni und Sabine Groß. Mit Groß’ Ärztin wollte er noch sprechen, bis dahin musste sie in einer Haftzelle warten. Aber erst holte er sich ein Sandwich im nahen Feinkostladen.
Ein Klammerpflaster hielt die Wunde zusammen. Ein pochender Schmerz tobte darin, den er zu ignorieren versuchte. »Das sollte genäht werden«, hatte die Apothekerin gesagt, bei der er etwas zum Desinfizieren und Verbinden gekauft hatte. Aber dafür hatte Dühnfort keine Zeit. »Dann wenigstens ein ordentliches Pflaster«,erwiderte sie und verarztete ihn. »Wie ist das denn passiert?«
»Ein Brotmesser …«
»Männer und Hausarbeit.« Ihre Augen lächelten, während sie die Wunde reinigte. Sie war hübsch
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