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In weißer Stille

In weißer Stille

Titel: In weißer Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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Mann?«, fragte Sandra.
    »Kein Zwerg Nase«, rief Clara kichernd.
    Dühnfort ging in die Hocke und hakte die Schließe des Hosenträgers in den Knopf ein. »Aber so gut kochen wie der Zwerg Nase kann ich schon«, sagte er.
    Sandra sah ihn nachdenklich an. »Auch die Pistete Susine?«
    »Dann will ich aber die Mimi sein«, rief Clara aus dem Kinderzimmer.
    »Das Rezept der Pastete Souzeraine kennt doch nur der Zwerg Nase.« Dühnfort erhob sich aus der Hocke.
    »Und die Mimi!«, rief Clara.
    »Ist die Mimi nicht eine Gans?« Dühnfort war sich nicht sicher.
    »Aber nicht in echt.« Clara stand auf, kam in den Flur und blickte tadelnd zu ihm hoch. »In echt ist sie eine Prinzessin.« Sie hob den Zeigefinger und deutete auf ihn. »Und du bist jetzt der Zwerg Nase und backst eine Susine.«
    »So, jetzt ist es gut, Clara.« Diana Waller schob das Baby auf den anderen Arm. »Hast du die Prinzessin schon fertig gemalt?« Clara schüttelte den Kopf, nahm Sandra bei der Hand und zog sie hinter sich her ins Kinderzimmer. »Vielleicht ist er ein Prinz«, flüsterte sie Sandra zu und wandte sich kichernd um.
    »Das sind nicht alle meine.« Diana Waller sah sich nach dem Jungen um, der noch immer hinter ihr stand. »Hier, der Felix, das ist meiner. Clara, Sandra und Bienchen«, sie strich dem Baby über den Kopf, »sind Kinder von Kolleginnen. Wir wechseln uns mit der Kinderbetreuung ab.« Während sie Dühnfort in das andere Zimmer bat und voranging, erklärte sie, dass sie als Verkäuferin in einem Drogeriemarkt arbeitete. Teilzeit, anders ging das nicht. Und auch das war nur möglich, weil sie sich mit vier Frauen zusammengetan hatte, die ebenfalls imEinkaufszentrum arbeiteten und wie sie kleine Kinder, aber keinen Betreuungsplatz hatten. »Heute habe ich Pech gehabt. Bis auf Kasper sind alle bei mir. Er hat sich einen Magen-Darm-Virus eingefangen. Eigentlich sollten Clara und Sandra heute bei ihm und seiner Mutter sein, aber das geht natürlich nicht.« Sie bot Dühnfort Platz auf einem blau gemusterten Sofa an, das sich zu einem Bett ausklappen ließ. Ein Korb Bügelwäsche stand neben einem weißen Regal mit abgestoßenen Kanten. Ein paar Bücher, Spielzeug und der Fernseher waren darin verstaut. Die Wohnung wirkte sauber und aufgeräumt, aber die Einrichtung war ärmlich und sah aus, wie auf dem Flohmarkt zusammengekauft. Felix setzte sich auf den Boden, griff nach einem Plastikschraubenzieher und begann, dicke Kunststoffschrauben in eine Platte mit vorgefertigten Löchern zu drehen. »Ich bin ein Bauarbeiter«, erklärte er und schob seinen Schnuller in den Mund. Seine Mutter legte das Baby in einen Kinderwagen in der Ecke und nahm dann in einem Korbsessel Platz.
    Dühnfort setzte sich aufs Sofa. »Es geht um Sabine Groß und den Zwischenfall vor zwei Jahren. Ich habe dazu einige Fragen.«
    »Sie meinen damals, als mein Freund …« Ihr Blick wanderte zu ihrem Sohn. »Felix, was hältst du davon, ins Kinderzimmer zu gehen?«
    »Ich muss aber arbeiten.«
    »Du darfst auch die Kekse mitnehmen. Aber Sandra und Clara bekommen auch welche ab.«
    Ein Leuchten glitt über das Kindergesicht. Eilig packte Felix sein Werkzeug zusammen und verließ das Zimmer. Dühnfort sah ihm nach, wie er in die Küche verschwand, mit einem Beutel Kekse wieder auftauchte und ins Kinderzimmer ging.
    »Wieso interessiert Sie diese alte Geschichte?« Diana Waller reckte die verspannten Schultern.
    »Das ist nicht so wichtig. Würden Sie mir einfach erzählen, was sich damals ereignet hat?«
    »Das ist ewig her. Aber gut. Wir haben damals in Giesing gewohnt, in der Sozialsiedlung. Ulf war arbeitslos und fand keine neue Stelle. Ich war mit Felix schwanger und habe deswegen meinen Job in einer chemischen Reinigung aufgegeben. Es war mir einfach zu riskant. Das Geld war also knapp und der Frust groß. Ulf hat ziemlich viel getrunken, und an dem Abend, als das passierte, ist er ausgeflippt. Wegen nichts. Er kam heim, von wo auch immer, und es war kein Essen auf dem Tisch. Das Bier war auch alle. Dabei hatte er schon mehr als genug intus. Erst hat er mich angebrüllt, dann geschlagen und getreten. Ich muss um Hilfe gerufen haben, aber daran kann ich mich nicht erinnern. Ich hatte eine Scheißangst wegen dem Kind. Die Bratpfanne stand auf dem Herd. Also habe ich mir die gegriffen und Ulf damit eins übergegeben. Das war genau in dem Moment, als Sabine, die über uns wohnte, die Tür eingetreten hat. Hätte ich ihr eigentlich nicht zugetraut. Und das ist

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