Ina: Der Konflikt (German Edition)
„Hat Neven ihnen das nicht erzählt?“
„Nein. Das nicht.“ Demir neigte seinen Kopf zur Seite, presste seine Augen leicht zusammen und studierte ihr Gesicht. Sichtlich überrascht darüber, dass sie nicht abstritt von Neven Informationen über ihn erhalten zu haben. „Ich hatte Glück.“
„Es muss sehr viel Glück gewesen sein“, erwiderte sie trocken. „Wie meinen sie das?“
„Nun, ihre Art. – Sie sind nicht wie man sich einen Botschafter vorstellt.“
„Wie stellt man sich einen Botschafter denn vor, Miss Norak?“
„Bedacht, vorsichtig, diplomatisch, ernst. - Wie Sebiha.“
„Wie bin ich stattdessen?“ Ina lächelte ihn an: „Herausfordernd, direkt, teilweise sogar beleidigend. Sie scheinen ihre Aufgabe nicht ernst zu nehmen.“
„Ich nehme meine Aufgabe ernst, Miss Norak. Ebenso ernst wie Sebiha. Doch ich vergesse nicht, dass es noch etwas anderes als meine Arbeit gibt. – Es ist mein Beruf, nicht mein Leben“, er nahm einen Schluck, stellte das Glas wieder hin und drehte es in seiner Hand: „Sebiha’s Art, die Dinge anzugehen, ist nicht die einzig richtige Art, Miss Norak. Ich habe ebenso viele Erfolge erzielt wie er. Also kann es nicht falsch sein.“
„Aber ungewohnt. – Seltsam.“
„Nun, sie sind in ihrer Position auch nicht so, wie man sich einen Gehilfen vorstellt.“ Ina neigte ihren Kopf und sah in fragend an. „Liegt wahrscheinlich daran, dass er sie nicht so behandelt und sie keine Seranerin sind. – Eben ungewohnt. – Seltsam.“ Sie presste ihre Lippen aufeinander und liess es stehen. „Ist ihnen klar welche Chance ihnen Sebiha gibt?“ Auf einmal war er ernst. „Ja.“
„Eine sehr simple Antwort für das was er auf sich nimmt. – Er erhält viel Kritik ihretwegen.“
„Ich weiss. – Viele Stimmen die gegen mich sind. – Aus gutem Grund.“
„Sie können sich nicht vorstellen wie viele Stimmen, Miss Norak.“
„Doch Sir.“
„Nein, können sie nicht.“ Ina presste ihre Lippen aufeinander: „Doch. – Sogar sie haben ihn dafür kritisiert.“ Demir sah sie überrascht an: „Hat er ihnen das gesagt?“ Sie schüttelte ihren Kopf: „Das war nicht nötig. Ich erkannte es an ihrem Verhalten mir gegenüber. – Glauben sie mir Sir, ich kann mir sehr gut vorstellen wie viel Kritik er sich meinetwegen anhören muss.“ Demir nickte. Trank seinen Talila und deutete dem Kellner das Glas wieder aufzufüllen und die Flasche stehen zu lassen. „Ich habe mich vielleicht in ihnen geirrt, Miss Norak.“
„Nicht vielleicht. - Mit Sicherheit.“
„Da bin ich mir noch nicht sicher.“
„Sie werden sehen.“ Er nickte langsam, drehte sein Glas in der Hand und richtete sich abrupt wieder zu ihr: „Sie können gar nicht beurteilen, ob ich mich geirrt habe oder nicht, Miss Norak. Sie Wissen nicht, was ich damit meine.“
„Sie sehen in mir die Tochter eines Verräters. – Das bin ich nicht“, sie sprach leise, dass er sie gerade noch verstand.
Kapitel 17
Ein Gitter wurde vor dem Schacht befestigt, ein Stuhl davor geschoben. Schläge gegen die Tür. Die Tür wurde aufgebrochen. Fusstritte. Die Füsse ihrer Mutter, die sich rückwärts bewegten. Sie fiel zu Boden, Blut tropfte an ihrer Lippe herunter. Ein Fusstritt in ihren Magen. Jemand packte sie an den Haaren und riss sie hoch. Schlug erneut in ihr Gesicht. Wieder und wieder. Ina presste ihre Augen zusammen, sah nicht hin, wie sie es von ihr verlangt hatte. Sie drückte ihre Hände auf ihren Mund.
Ina hörte Schläge. Schläge gegen eine Tür. Sie wachte auf. Ausser Atem, schwitzend, verwirrt, verängstigt. Aber sie war alleine. Wieder vernahm sie ein leises Klopfen. Jemand war vor ihrer Tür. Mit einer Hand strich sie über ihre Augen. Nahm die Decke und wickelte sie um ihren Körper. Wieder klopfte es an der Tür. Sie stand auf und öffnete sie. Sah in das müde Gesicht von Demir. Es war dunkel. Die Tuma hatten die Fenster auf den Gängen verdunkelt. „Schlafen sie gut Miss Norak?“ Was für eine Frage! „Ja Sir. Und sie?“
„Ausgezeichnet. Wären da nicht diese seltsamen Geräusche aus dem Nebenzimmer.“ Ina strich mit ihrer Hand über ihren Nacken: „Entschuldigen sie Sir.“ Er schüttelte seinen Kopf: „Dafür müssen sie sich nicht entschuldigen. Wir suchen uns unsere Träume nicht aus. – Kann ich ihnen irgendwie helfen?“
„Nein.“ Er blieb stehen und nickte: „Sie wissen wo sie mich finden, wenn ich ihnen doch irgendwie behilflich sein kann, Miss Norak.“ Sie schloss die Tür wieder.
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