Ina: Der Konflikt (German Edition)
wollte ihm nicht sagen wo sie war, er konnte keine Antwort von ihr erzwingen. Also riss er sie weiter den Hang hinunter, durch die Strassen und Gassen auf dem direktesten Weg zurück in ihre Unterkunft. Unterwegs begegneten sie anderen tumanischen Wachen, die sich ihnen anschlossen. Offenbar waren alle auf der Suche nach ihr. Er passierte das Tor, ging über die Steinplatten zum hinteren Eingang des Hauses. Die Tür war verschlossen. Seine Faust schlug zwei Mal dagegen und kurz darauf öffnete Chevrin die Tür. Decha gab ihr einen unsanften Stoss in den Rücken, der sie hineinbeförderte und schloss hinter sich die Tür. Neche nahm einen Satz vom Sofa hoch: „Wo waren sie?!“ Ah, jetzt war er wieder beim sie. Chevrin hob seine Hände: „Sie ist wieder hier. Sie wollte uns nicht in Aufregung versetzen. – Nicht wahr?“ Ina drehte sich zu ihm, sein Bild verschwamm vor ihren Augen. Demir sass auf dem anderen Ende des Sofas und betrachtete sie. „Sie wagen es…“
„Miss Norak!“ Mehr sagte Demir nicht. Verhinderte mit bloss zwei Worten, dass sie Chevrin angeschrien hätte und hielt unendlich lange ihren Augenkontakt. „Wir sind hier Gäste, Miss Norak. Also benehmen wir uns wie solche.“ Ihre Hand strich über ihre Stirn, sie sah kurz auf den Boden, dann wieder zu Demir: „Gäste, Sir? – Ihre Definitionen werden immer eigensinniger.“ Chevrin trat neben sie, wollte ihr ein Tuch reichen: „Sie sind hier und es geht ihnen gut, Miss Ina. Damit hat es sich erledigt.“ Ina warf ihm einen verächtlichen Blick zu. Er war der Auslöser dafür und stellte sich nun als äusserst tolerant und verständnisvoll dar! „Freunde nennen mich Ina!“ Laut, arrogant, wütend, unhöflich formuliert – noch mehr hätte sie an dieser Aussage nicht falsch machen können. Dann ging sie an Chevrin vorbei, der sprachlos war.
Ina stieg in die Wanne. Das Wasser war lauwarm, doch ihr Körper war kalt, dass es ihr viel zu heiss erschien, obwohl es noch nicht einmal dampfte. Sie legte sich zurück, tauchte ihren Kopf unter Wasser und versuchte sich zu entspannen. Nach einigen Minuten drehte sie mit ihrem Fuss das heisse Wasser auf. Langsam stieg Dampf aus dem Becken empor und beschlug den Spiegel an der Wand. „Wir fühlen uns verpflichtet. – Tuma ist ihre Heimat.“ Chevrin’s Worte wiederholten sich unaufhörlich in ihrem Kopf, als wären sie dort für die Ewigkeit eingebrant. – Halte dir Wege und Möglichkeiten offen. Allmählich dämmerte es ihr. – Nicht nur die neutrale Vereinigung konnte sie retten.
Wahrscheinlich war Demir inzwischen am schlafen. Ina konnte nicht ins Bett gehen. Zu aufgeregt, zu wirr im Kopf. Unten im Aufenthaltsraum traf sie auf Neche. – Irgendwie schien immer mindestens einer der beiden wach und präsent zu sein. „Verzeihung Sir, wissen sie wo ich Botschafter Chevrin finde?“ Mit seinen leuchtenden Augen musterte er sie von oben bis unten: „Er schläft.“ Dumm. Jetzt war sie bereit. Ob sie es morgen auch noch war? „Kann ich ihnen helfen?“
„Ich wollte mich bei ihm entschuldigen.“ Wenn sie es Neche sagte, dann war sie morgen gezwungen, sich wirklich bei Chevrin zu entschuldigen. „Er will sich bei ihnen entschuldigen“ Oh, wie praktisch. Dann konnte er es zuerst tun, damit sie danach nicht mehr so lange nach Worten suchen musste. „Ich habe ihm davon abgeraten.“
„Sich zu entschuldigen?“
„Dir ein Angebot zu machen.“ Und jetzt war er wieder beim du. „Trotzdem haben sie Demir abgelenkt.“ Er erhob sich, ging langsam auf sie zu. Dabei erinnerte er sie an Achri, wie er auf sie zugegangen war. Ebenso wie Achri ging er langsam um sie herum und musterte sie von jeder Seite. Versuchte sie nervös zu machen. Auch er blieb hinter ihr stehen. „Setz dich“, flüsterte er neben ihrem Ohr. Ob er erkannte, dass ihr das Herz beinahe stehen blieb? Unvermittelt wandte er sich von ihr ab, füllte eine zweite Tasse mit einer dampfenden Flüssigkeit und streckte sie ihr entgegen, als er sich wieder gesetzte hatte. – Sei nett zu denen, die dir helfen können. Also nahm sie die Tasse und setzte sich in einigem Abstand zu ihm in die Polster. „Als Decha dich angemeldet hat, dachten wir alle, dass du kommst um Seran zu verraten.“ Dann war sie also nicht die einzige, der dieser Tag nicht mehr aus dem Kopf ging. „Das war so.“
„Weil dein Botschafter es von dir verlangte. Nicht weil du es wolltest.“ Seine Augen ruhten auf ihrem Gesicht. Sog jede noch so kleine Regung darin auf und
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