Ina: Der Konflikt (German Edition)
Grundstück getragen. Dann sah sie die Tuma in ihrem schwarzen Gewand. Sie ging ihr entgegen. Der Wind blies ihre Haare nach vorn, ebenso ihr Kleid. Ina war durcheinander, verwirrt, irritiert. Am liebsten wäre sie zurück in ihr Zimmer gegangen. Doch das wäre ein Zugeständnis an ihre Angst gewesen. Also ging sie dieser Tuma entgegen. Angst, verbunden mit einer ihr bis dahin unbekannten Neugier liess sie ihr unbeirrt entgegentreten. Und da war es wieder, dieses Geschöpf. Dieses Lächeln einer heiligen, dieser Gesichtsausdruck einer Vertrauten. Diese Tuma war einige Jahre älter als Ina, doch noch lange nicht so alt wie Achri oder einer der anderen Botschafter. Sie machte einen Schritt zur Seite, lies ihre Haare durch den Wind auf ihren Rücken wehen und legte ihre Hand unter Ina’s Arm. Ina blickte an ihr hinunter, auch sie war Barfuss und war ungefähr gleich gross wie Ina. „Ich bin Siel“, flüsterte sie, während sie Ina sanft von der Stelle bewegte: „Die Botschafter haben von dir erzählt.“ Dabei führte sie Ina zu der Treppe, die in das Wasser hinunter führte. Trat die erste Stufe hinein und liess Ina’s Arm los. Ihre Augen verfolgten sie, als sie Stufe für Stufe zurücklegte und langsam in das klare Wasser abtauchte. Ihr Kleid folgte ihren Bewegungen. Das Wasser ragte ihr bis zum Bauch, als sie stehen blieb und sich zu Ina umdrehte: „Komm.“ Ohne nachzudenken, ging Ina die Stufen hinunter. Das Wasser war angenehm warm. Umschloss ihren Körper wie einen Mantel. Siel drehte sich um und ging weiter, ihr Haar schwamm an der Oberfläche des Wassers. Ina folgte ihr, liess ihre Arme durch den Widerstand dieses Elementes tragen. Sie schwebten von ihrem Körper weg. Nach wenigen Schritten, reichte das Wasser bis zu ihrem Hals. – Eine innere Ruhe breitete sich aus. Das Gefühl von Geborgenheit umschlang sie wie die Atmosphäre den Planeten umhüllte.
„Nicht vergleichbar mit den sanften Meeren von Tuma. – Doch immerhin der Versuch uns Ruhe zu geben.“ Diese Stimme war zart und schien so zerbrechlich zu sein. Die ganze Gestalt vor Ina schien vollkommen verletzlich und wieder war dieser sanfte Gesichtsausdruck auf ihrem Gesicht. Ina war überwältigt von dem Gefühl das sich in ihr ausbreitete. Sie bemerkte mit einer gelassenen Gleichgültigkeit, dass eine weitere Person in das Becken kam. „Du siehst erschöpft aus“, bei diesen Worten bewegte sich Siel langsam vor Ina, sah in ihre grünen Augen, neigte ihren Kopf zur Seite und musterte jeden Zentimeter ihres Gesichts: „Das erste Mal?“
„Miss Norak!“ Langsam löste Ina ihre Augen von Siel. Demir stand am Rand des Beckens. Er machte eine Handbewegung, die sie heraus befahl. Sie besann sich und schwamm etwas benommen zu ihm an den Rand. Er reichte ihr seine Hand und zog sie hinaus. Ihre Kleider klebten an ihrer Haut, tropften. Ein kalter Windstoss liess ihren Körper zittern. Sie sah zurück in das Becken. Bei Siel stand Achri. Beide hatten ihre Augen auf sie gerichtet. Demir legte seine Hand um ihren Oberarm und brachte sie an einigen Tuma vorbei in ihr Zimmer. Obwohl sie vor Kälte zitterte, hatte sich in ihrem Körper eine beruhigende Wärme ausgebreitet. Hinter Demir schloss sich die Tür. Er betrachtete sie kurz und schob sie dann vor sich her, samt Kleider direkt unter die Dusche. Sie fühlte das warme Wasser auf ihrem Kopf, wie es sich langsam ihren Körper hinunter arbeitete und sie wärmte. Erst jetzt bemerkte sie, wie kalt ihr wirklich war. „Ziehen sie ihre nassen Kleider aus.“ Der Klang seiner Stimme erinnerte Ina an Kadir’s Befehlston auf der Rekrutenschule. „Sie sagten, ich soll derartige Einladungen annehmen.“ Ina verstand nicht, weshalb er es unterband. Was ihn daran störte. Er kam hinter der Ecke vor und musterte sie. Sie umklammerte sich selbst. Sah ihm entgegen, während das Wasser über sie fiel. „Das habe ich, Miss Norak. Und ich hätte ihnen dieses Vergnügen noch länger gegönnt. Allerdings wurden sie nicht nur von mir beobachtet.“ Er hatte noch keinen anderen Ton angeschlagen. Entledigte sich seiner Robe und ging auf sie zu. Schob ihre Arme weg und begann, die Knöpfe ihres Hemdes zu öffnen, ungeachtet dessen, dass seine Ärmel dabei durchnässt wurden. Die Art wie er vorging war keineswegs die eines Verehrers. „Pirev und Ifeta sassen etwas Abseits und haben alles genau beobachtet, Miss Norak.“ Bei Ifeta’s Namen durchfuhr ein zitternder Atemzug ihren Körper. Sie drehte sich um, öffnete die
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