INAGI - Kristalladern
sich nicht zu sehr von Tasukes Schwester vereinnahmen lassen, aber ein Picknick versprach eine unterhaltsame Abwechslung und Ishiras Bruder freute sich sichtlich darauf, so dass er es nicht über sich brachte, ihn zu enttäuschen. Außerdem würden Tasuke und Seiichi auch dabei sein. »Sicher.«
Der Tag vor Vollmond zeigte sich mit strahlend blauem Himmel und Sonnenschein. Die sommerliche Hitze wurde durch eine sanfte Brise gemildert, die spielerisch durch die Blätter strich und kleine weiße Wölkchen vor sich her trieb. Es war der perfekte Tag für ihre Unternehmung. Nach den Keiko-Rennen begaben sich Kanhiro und Kenjin mit Ozami und ihren Brüdern zum Fluss. Sie waren nicht die einzigen, die diese Idee hatten. Vor und hinter ihnen schlenderten weitere Paare und Grüppchen. Weder Tasuke noch Seiichi fühlten sich bemüßigt, ihrer Schwester den schweren Korb mit dem Essen abzunehmen. Aus purer Höflichkeit erbot Kanhiro sich, den Korb zu tragen, was von Ozami mit einem derart strahlenden Lächeln quittiert wurde, dass er unbehaglich in die andere Richtung sah – direkt in Tasukes reumütiges Gesicht. Schweigend streckte sein Freund die Hand nach dem Korb aus.
»Ach, auf einmal kannst du also auch zuvorkommend sein?« kommentierte seine Schwester sarkastisch. Zur Abwechslung war Tasuke klug genug zu schweigen.
Kenjin und Seiichi liefen hinter ihnen und diskutierten über die Rennen. Diesmal hatten sie um Ozamis Keijirollen gewettet. Seiichis Keiko hatte gewonnen und Ishiras Bruder zog ein langes Gesicht, dass er von den Röllchen, die er so gerne aß, nun nichts abbekommen würde. Kanhiro schmunzelte in sich hinein. Sicher würde der Junge später beim Essen versuchen, ihm selbst einige der begehrten Leckerbissen abzuschwatzen.
»Worüber amüsierst du dich, Kanhiro?« wollte Ozami wissen.
»Ich habe gerade überlegt, dass ich meinen Anteil an deinen Keijirollen rechtzeitig vor Ken in Sicherheit bringen sollte.«
Tasukes Schwester kicherte. »Keine Sorge, ich habe mehr als genug gemacht. Ich bin froh, wenn die Jungen nur ums Essen wetten.«
»Ha!« rief Seiichi von hinten. »Deine Röllchen sind doch der beste Gewinn überhaupt.«
Kanhiro lachte. »Du solltest dich geschmeichelt fühlen, Ozami.«
Ozami verdrehte nur die Augen. Für einen Moment erinnerte sie ihn an Ishira. Er verspürte einen plötzlichen, scharfen Stich der Sehnsucht nach seiner Freundin und wandte den Blick ab.
Kurz darauf stieß Tasukes Schwester ihn an. »Wie wäre es da drüben?« Sie wies auf eine Stelle etwas weiter vorn, an der der Fluss eine kleine Biegung beschrieb. Dort war das Ufer weniger ausgewaschen und an einigen Stellen mit dichten Graspolstern bewachsen.
Kanhiro nickte. »Ich glaube, das ist ein guter Platz.«
Sie ließen sich im Kreis auf dem federnden Untergrund nieder und packten das Essen aus. Ozami hatte in der Tat viel zu viel gekocht. Es wurde ein gemütlicher Nachmittag. Kanhiro plauderte abwechselnd mit Ozami und Tasuke, die es ausnahmsweise fertigbrachten, sich nicht in die Haare zu geraten. Die beiden Jungen waren überwiegend mit sich selbst beschäftigt und trugen nur gelegentlich etwas zur Unterhaltung der Älteren bei. Da Ozami so großzügig gekocht hatte, ließ Kanhiro sich von Kenjins treuherzigem Blick erweichen und teilte seinen Anteil an den Keijiröllchen mit ihm. Nach dem Essen lagen sie alle faul und zufrieden im Gras. Kanhiro hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und schaute müßig den Wolken zu, die über den Himmel trieben. Wenn er jetzt noch Ishira im Arm hätte halten können, wäre sein Glück perfekt gewesen.
Tasukes Schwester veränderte leicht ihre Lage. Ihre Finger streiften seinen Arm. Es war eine leichte, flatternde Berührung, als hätte sich ein Schmetterling auf seiner Haut niedergelassen. Unwillkürlich zog er seine Hand zurück. »Verzeihung«, murmelte Ozami, aber Kanhiro ließ sich nicht täuschen. Er war sicher, dass es kein Versehen gewesen war.
»Wie wäre es mit einer Partie Ujibo?« ließ sich Tasuke vernehmen. »Du bist mir von neulich noch was schuldig.«
Kanhiro richtete sich auf. »Gute Idee. Ich bin schon ganz schläfrig.«
»Umso besser«, grinste sein Freund. »Das macht es leichter, dich zu schlagen.«
Er grinste zurück. »Glaubst du .«
Ozami zog einen ihrer Schmollmünder. »Wollt ihr etwa wieder ewig dieses dumme Spiel spielen?« fragte sie missmutig.
»Dummes Spiel?« wiederholte ihr Bruder in der ihm eigenen schleppenden Art. »Das beweist
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