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INAGI - Kristalladern

INAGI - Kristalladern

Titel: INAGI - Kristalladern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Strunk
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den Kiresh wegzuschieben, legte sie entschlossen ihre Hände auf seine Schultern.
    Ausgerechnet in diesem Moment schlug er die Augen auf.

    * * *

    Yarens Kopf schien voller Nebel zu hängen. Bruchstückhaft erinnerte er sich daran, dass der Mishuo ihm alles andere als einen erholsamen Schlaf beschert hatte. Im Gegenteil hatten seine Alpträume ihn nur noch heftiger gequält. Dann hatte er auf einmal in Larikas Armen gelegen und sie hatte ihm versichert, dass sie ihm vergab. Etwas an ihren Worten war ihm eigenartig vorgekommen, aber er konnte sich nicht erinnern, was genau sie gesagt hatte. Er war ihr so nah gewesen... Nie zuvor hatte er so intensiv von Rondars Tochter geträumt, dass er ihren Körper gespürt und sogar den Duft ihres Haares gerochen hatte.
    Allmählich wurde ihm bewusst, dass er statt im Bett auf den harten Holzdielen lag. Genaugenommen war es weniger ein Liegen als ein halb kniendes Sitzen, Kopf und Oberkörper an etwas Warmes und Nachgiebiges geschmiegt. Es fühlte sich angenehm an, obwohl die Haltung unbequem war. Seine linke Hand war um etwas Glattes, Seidiges geschlossen. Es fühlte sich an wie… Haare? Ein Zittern lief durch seinen Körper. Träumte er noch immer?
    Blinzelnd öffnete er die Augen. Einige Herzschläge lang starrte er auf den Vorhang aus schwarzen Haaren vor seinem Gesicht, bevor er schlagartig begriff.
    Yaren fuhr hoch, als würden urplötzlich Flammen aus dem Leib der Sklavin schlagen, und wich zurück. Im nächsten Moment explodierten Sterne hinter seinen Augen. Stöhnend tastete er mit der ausgestreckten Hand nach einem Halt, als sich das Zimmer um ihn zu drehen begann, und stolperte gegen den Tisch. Sein Schädel fühlte sich an, als wollte er zerspringen. Er verwünschte seine gestrige Dummheit. Wie war er nur auf die Idee gekommen, sich derartig zu betrinken?
    Als sich seine Sicht wieder klärte, begegnete sein Blick dem seiner Schutzbefohlenen, die sich erschrocken auf den Knien aufgerichtet hatte. »Du!« keuchte er anklagend. »Was tust du hier? Wie bist du überhaupt ins Zimmer gekommen?«
    Sie senkte den Blick. Ihre Wangen waren von dunkler Röte übergossen. »Ihr… hattet wieder einen Eurer Alpträume, Deiro«, erklärte sie stockend. »Ihr habt so laut geschrien, dass sich die Nachbarn beschwert haben. Deshalb habe ich mir vom Wirt den Schlüssel geholt, um Euch aufzuwecken.«
    Yarens Halsmuskeln spannten sich an. Wie oft war sie schon Zeugin seiner Alpträume geworden? »Das nennst du aufwecken?« herrschte er sie an.
    Das Mädchen zuckte vor seinem Zorn zurück. »Ich habe es versucht, aber – « Sie schluckte. »Ihr habt mich für Rondars Tochter gehalten.«
    Er erstarrte. Was wusste sie von Larika? Was hatte er im Schlaf alles gesagt? Und getan? Schwach sank er auf die Stuhlkante. Seine Schultern sackten nach vorn, als ihm aufging, dass die Larika, die er im Traum in den Armen gehalten hatte, in Wahrheit die Sklavin gewesen war. Er musste sich in der Nacht aufgeführt haben wie ein kompletter Idiot. Am liebsten hätte er sich vor Scham aufgelöst. »Warum bist du überhaupt gekommen?« fragte er tonlos. »Ich brauche dein Mitleid nicht.«
    Ihr Schweigen dehnte sich so lange aus, dass er den Kopf hob. In ihrem Gesicht rangen die unterschiedlichsten Emotionen miteinander. »Ich weiß es nicht«, erwiderte sie schließlich mit entwaffnender Aufrichtigkeit. »Ich habe mir Sorgen gemacht.«
    Er lachte abfällig. »Sorgen? Glaubst du etwa, du könntest mich befreien – wie neulich den Drachen?« Das letzte Wort spie er beinahe aus.
    Anstatt eingeschüchtert zu sein, stand die Inagiri auf und trat vor ihn. »Ich weiß, dass ich nur eine Sklavin bin, und wenn Ihr es wünscht, werde ich sofort gehen«, begann sie hastig, als befürchtete sie, der Mut könnte sie verlassen oder er würde ihr jeden Augenblick das Wort abschneiden. »Aber wenn Ihr darüber reden möchtet, was damals in Hakkon geschehen ist … ich meine, falls …« Sie brach ab, als hätte sie erkannt, dass sie zu weit gegangen war.
    Zu jeder anderen Zeit wäre Yaren aufgefahren und hätte dieses unverschämte Mädchen, das seinen Platz nicht kennen wollte, in die Schranken gewiesen. Was glaubte sie, wer sie war? Woher nahm sie die Dreistigkeit zu denken, er würde ausgerechnet mit ihr darüber sprechen? Und doch wollte etwas in seinem Innern ihr Angebot verzweifelt annehmen. Er wusste, dass er sie schleunigst loswerden musste, aber anstatt aufzustehen und sie zur Tür zu schieben, saß er einfach

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