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Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
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begannen die roten Lichter schwach, aber entsetzlich vertraut zu verschwimmen. Nicht jetzt, dachte er voller Panik. Bitte. Nicht jetzt .
    Goldstücke schoben sich klappernd übereinander. Ringe, Kelche, Teller und kunstvolle Kerzenleuchter. Ein Sack wurde ausgeleert, und Silbermünzen kullerten heraus. Vermutlich waren es Fälschungen, aus dem Erz gefertigt, das die Händler herausgeschmuggelt hatten. Dann folgte eine Flut von Kleinteilen, die aus den dunklen, wenig genutzten Bereichen des Flügels entwendet worden waren: zerbrochene Kontroll käfer , Augenlinsen und ein Kehrer , dessen Radar entfernt worden war.
    Die Nadel an der Waage schlug jetzt aus. Die Civitates starrten darauf und legten einen Sack mit Ket auf das aufgetürmte Lösegeld, dann zwei kleinere Stücke des wertvollen Ebenholzes, das irgendwo in einem verkümmerten Wald wuchs, den selbst Gildas nur aus Gerüchten kannte.

    Keiro grinste Finn an.
    Die rote Nadel bewegte sich vorwärts, als Kupferdrähte und Kunststoffglas aufgehäuft und eine Handvoll Kristallfasern, ein geflickter Helm und drei rostige Klingen dazugelegt wurden, die mit Sicherheit beim ersten, kräftigen Schlag in Stücke zerbrechen würden.
    Die Männer arbeiteten zügig, aber es war offensichtlich, dass ihnen die Waren ausgingen. Die Maestra sah mit zusammengekniffenen Lippen zu; Keiros Messerspitze ließ die Haut unter ihrem Ohr weiß werden.
    Finns Atem ging ungleichmäßig. Über seine Netzhaut zuckten schmerzhafte Blitze. Er schluckte und versuchte, Keiro etwas zuzuflüstern, aber er hatte nicht genug Luft dafür, und sein Eidbruder beobachtete gebannt, wie der letzte Sack mit nutzlosem Blechzeug auf den Haufen geworfen wurde.
    Die Nadel bewegte sich.
    Und machte kurz vor dem Ziel halt.
    Â 
    Â»Mehr«, sagte Keiro leise.
    Â»Mehr haben wir nicht.«
    Keiro lachte. »Du liebst den Mantel, den du trägst, mehr als sie?«
    Sim riss sich seinen Mantel von den Schultern und warf ihn auf die Waage. Nach einem raschen Blick zur Maestra wanderten auch sein Schwert und seine Pistole auf die aufgetürmten Güter. Die beiden anderen Männer taten es ihm nach. Mit leeren Händen standen sie dort und starrten, einer wie der andere, auf die zitternde Nadel.
    Es fehlte noch immer ein winziges Stück.
    Â»Mehr«, sagte Keiro.
    Â»Um Himmels willen!« Sims Stimme klang heiser. »Lasst sie doch einfach gehen!«

    Keiro sah Finn an. »Dieser Kristall: Ist er dabei?«
    Benommen schüttelte Finn den Kopf.
    Eiskalt lächelte Keiro die Männer an. Dann verstärkte er den Druck auf die Klinge am Hals der Maestra, und einige dunkle Tropfen Blut quollen hervor. »Du solltest lieber darum bitten.«
    Sie war ganz ruhig und sagte: »Sie wollen den Kristall, Sim. Den, den wir in der Verlorenen Halle gefunden haben.«
    Â»Maestra …«
    Â»Gib ihn heraus.«
    Sim zögerte, zwar nur einen winzigen Moment lang, aber auch durch seine benommene Übelkeit hindurch sah Finn, dass es die Maestra wie ein Schlag traf. Dann schob der Mann seine Hand in sein Hemd und zog einen Gegenstand heraus, auf dem sich das Licht brach, sodass sich ein kleiner Regenbogen über seinen Fingern zu wölben schien. »Wir haben etwas herausgefunden«, begann er. »Manchmal…«
    Die Maestra brachte ihn mit einem einzigen Blick zum Schweigen. Langsam legte er den Kristall ganz oben auf den Haufen auf der Waage.
    Die Nadel fand endlich ihr Ziel.
    Sofort versetzte Keiro der Frau einen Stoß. Sim packte sie am Arm und zog sie hinaus auf die zweite Brücke. »Lauf!«, brüllte er.
    In Finn krampfte sich alles zusammen. Bittere Galle stieg ihm in der Kehle auf, als sich seine Finger um den Kristall schlossen. Ins Innere eingelassen war ein Adler mit weit gespreizten Schwingen. Es war das gleiche Bild wie auf dem Mal an seinem Arm.
    Â»Finn.«
    Er blickte auf.
    Die Maestra war stehen geblieben und hatte sich mit schneeweißem Gesicht umgedreht. »Ich hoffe, dass er dich vernichten wird.«

    Â»Maestra!« Sim hielt ihren Arm fest, aber sie schüttelte ihn ab. Sie umklammerte die Ketten der zweiten Brücke, starrte Finn unverwandt an und spuckte ihm die Worte förmlich entgegen.
    Â»Ich verfluche diesen Kristall, und ich verfluche dich.«
    Â»Es bleibt keine Zeit mehr«, entgegnete Finn heiser. »Du musst gehen.«
    Â»Du hast mein Vertrauen zerstört. Mein Mitgefühl.

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