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Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
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kann ja überhaupt nichts sehen.«
    Finn trat ein und bemerkte sofort, wie die schweißnasse Stirn des Jungen im Lichtschein glänzte und wie krank der Knabe aussah.

    Â»Das wird schon wieder«, sagte er ungewollt schroff.
    Der Junge lächelte ängstlich.
    Â»Wenn du ihn doch nur berühren würdest«, murmelte die Mutter.
    Finn drehte sich zu ihr herum. Vermutlich war sie früher einmal eine schöne Frau gewesen, doch nun sah sie hager und dürr aus.
    Â»Die Berührung eines Sternensehers hat heilende Kräfte, sagt man.«
    Â»Abergläubischer Unsinn«, schnaubte Gildas und knotete das Ende des Verbandes fest. Finn tat trotzdem, worum er gebeten worden war, und legte seine Finger sanft auf die heiße Stirn des verletzten Jungen.
    Â»Kein großer Unterschied zu dem, woran du glaubst, Weiser«, sagte Keiro mit seidenweicher Stimme.
    Gildas richtete sich auf, wischte sich die Finger an seinem Umhang ab und ignorierte den Spott. »So, mehr kann ich nicht tun. Die Wunde muss trocknen. Haltet sie sauber.«
    Â 
    Als sie hinausgingen, knurrte er: »Immer noch mehr Infektionen, mehr Krankheiten. Wir brauchen Antibiotika, kein Gold und Blech.«
    Finn kannte ihn in dieser düsteren Stimmung, die ihn manchmal tagelang in seinem Schlafkäfig hielt, wo er mit niemandem sprach, sondern nur las und schlief. Der Tod der Maestra schien auch den alten Mann zu quälen. Ohne Vorwarnung sagte Finn: »Ich habe Sapphique gesehen.«
    Â» Was !« Gildas blieb wie angewurzelt stehen. Selbst Keiro sah interessiert aus.
    Â»Er sagte …«
    Â»Warte.« Der Sapient schaute sich hastig um. »Hier entlang.«
    Er schob Finn in einen dunklen Gang, der zu einer der riesigen
Ketten führte, welche in Schlaufen von der Decke des Baues herabhing. Gildas setzte einen Fuß auf die Glieder und kletterte dann rasch hinauf, bis ihn die Dunkelheit verschluckte. Finn stieg ihm hinterher und sah den Mann schließlich auf einem schmalen Vorsprung hoch oben in der Wand, wo er damit beschäftigt war, Vogeldreck und alte Nester beiseitezuschieben.
    Â»Da hocke ich mich bestimmt nicht hin«, sagte Keiro, der ihnen gefolgt war.
    Â»Dann bleib eben da stehen.« Gildas nahm Finn die Laterne aus der Hand und hängte sie in die Kette ein. »Und jetzt, Finn, erzähl mir alles. Wortwörtlich.«
    Finn ließ seine Beine über die Kante baumeln und sah hinab. »Wir waren an einem Ort wie diesem, hoch oben. Er war bei mir, und ich hatte den Schlüssel.«
    Â»Diesen Kristall? Er hat ihn als Schlüssel bezeichnet?« Gildas sah verblüfft aus, und er kratzte die weißen Stoppeln an seinem Kinn. »Das ist ein Wort der Sapienti, Finn, ein magisches Wort. Es bezeichnet einen Gegenstand, der etwas öffnen kann.«
    Â»Ich weiß, was ein Schlüssel ist.« Finns Stimme klang ungeduldig, obwohl er versuchte, ruhig zu bleiben. »Sapphique hat mir gesagt, ich solle ihn verwenden, um die Zeit aufzuschließen. Da war ein Schlüsselloch in irgendeinem schwarzen, glänzenden Felsen, aber der Schlüssel war so schwer, dass ich es nicht schaffte, ihn zu benutzen. Ich habe mich … entsetzlich gefühlt.«
    Der alte Mann packte Finn am Handgelenk und umklammerte es mit hartem, festem Griff.
    Â»Wie hat er ausgesehen?«
    Â»Jung. Mit langem, dunklem Haar. Wie in den Geschichten.«
    Â»Und die Tür?«
    Â»Sehr klein. Der Felsen selbst hatte Lichter im Innern wie Sterne.«

    Keiro lehnte sich entspannt an die Wand. »Seltsame Träume, Bruder.«
    Â»Das sind keine Träume.« Gildas ließ Finns Hand wieder los; der alte Mann sah fast benommen und ungläubig vor Freude aus. »Ich kenne diese Tür. Sie ist noch nie geöffnet worden. Aber es gibt sie, ungefähr eine Meile von hier im Land der Civitates.« Mit beiden Händen fuhr er sich übers Gesicht und fuhr fort: »Wo hast du diesen Schlüssel?«
    Finn zögerte. Zuerst hatte er ihn sich an einem alten Stück Band um den Hals gehängt, aber er war zu schwer gewesen, sodass er ihn nun in einer Gürteltasche unter seinem Hemd verborgen trug. Zögernd holte er ihn heraus.
    Der Sapient betrachtete ihn ehrfürchtig. Seine schmalen Hände mit den hervortretenden Adern betasteten ihn, und er hielt ihn sich nahe vor die Augen und untersuchte den Adler. »Das ist es, worauf ich all die Zeit gewartet habe.« Seine Stimme klang halb erstickt

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