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Incognita

Incognita

Titel: Incognita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris von Smercek
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Minuten zurückversetzen und starten von Neuem.«
    Gordon lachte auf. »Ganz so einfach, wie du es dir vorstellst, ist das leider nicht. Auch mit dieser faszinierenden Maschine und all den Computern, an denen sie angeschlossen ist, schaffen wir es bislang nur, ein paar wenige Zeitpunkte in der Vergangenheit anzupeilen. Frag mich nicht, weshalb. Es ist einfach so. Wir stehen selbst noch vor vielen Rätseln. Vielleicht können wir in ein paar Jahren Reiseziele nach Belieben ansteuern. Für den Moment müssen wir uns jedoch mit dem begnügen, was wir haben.«
    Allmählich begann John zu begreifen, wofür Gordon fünfzehn Millionen Pfund benötigte. Seine Technik steckte noch in den Kinderschuhen. Um sie wissenschaftlich und später auch kommerziell zu nutzen, stand noch viel Arbeit bevor. Arbeit, die Geld kostete.
    »Welche Ziele stehen zur Auswahl?«, fragte John. »Ich meine, falls ich mich zu einem Zeitsprung entschließe.«
    »Das alte Ägypten, etwa im Jahr 3000 vor Christus – genau konnten wir das noch nicht herausfinden. Dann die Französische Revolution, die ich dir aber nicht empfehlen würde. Kaum bist du dort, fliegen dir auch schon die Kugeln um die Ohren. Und dann wäre da noch eine Zeitreise in die Berge.«
    John gab sich Mühe, seine Enttäuschung zu verbergen. Nichts davon erschien ihm sonderlich attraktiv. Das änderte sich allerdings, als Gordon das dritte Ziel näher erläuterte.
    »Ich spreche nicht von irgendwelchen Bergen, John«, sagte er lachend. »Ich spreche von den Anden. Genau genommen von einer Reise, die im Jahr 1541 in Quito beginnt und dich quer durch den Amazonas-Regenwald führen wird. Dämmert's?«
    »Die Pizarro-Expedition?«
    »Bingo!«
    John traute seinen Ohren kaum. Was Gordon ihm anbot, war wohl das Beste, was er sich vorstellen konnte, vielleicht einmal abgesehen von einer Reise ins Mittelalter – aber das stand nicht zur Auswahl. John ertappte sich, wie er im Geiste bereits an der Seite von Gonzalo Pizarro und Francisco de Orellana durch den südamerikanischen Dschungel streifte, so wie er es als Kind immer getan hatte, angeregt durch die glorifizierenden Erzählungen seiner Mutter.
    »Wieso ausgerechnet die erste Amazonas-Expedition?«, fragte er, obwohl er die Antwort bereits ahnte.
    »Weil mich diese Geschichtsepoche besonders fasziniert. Das alte Ägypten und die Französische Revolution waren die Favoriten meiner Teamkollegen. Deshalb haben wir diese Ziele als erste ins Auge gefasst. Sobald wir neues Geld haben, werden wir uns kommerzielleren Reisezielen widmen.«
    John betrachtete die Maschine neben sich, diesmal mit anderen Augen. Zum ersten Mal zog er ernsthaft in Erwägung, sich dort hineinzubegeben, um das Hier und Jetzt zu verlassen und quer durch Zeit und Raum zu reisen. Doch bevor er das tat, wollte er noch einmal auf die Technik zu sprechen kommen. »Du hast mir noch immer nicht erklärt, wie die ganze Sache funktioniert«, sagte er.
    Gordon warf einen weiteren Blick auf seine Armbanduhr. »Okay, in aller Kürze: Wir haben einen Weg gefunden, uns Wheelers Theorie des Raumzeitschaums zunutze zu machen. Oder des Quantenschaums, wie andere es nennen. Durch extreme Energiezufuhr schaffen wir es, dass in diesem Quantenschaum Wurmlöcher entstehen. Natürlich nur auf winzigster Ebene. Aber mit Hilfe dieses Apparats können wir die Wurmlöcher auf ein solches Niveau vergrößern, dass ein Mensch hindurchpasst.«
    Quantenschaum. Wurmlöcher. Wie oft hatten John und Gordon zu Studienzeiten über diese Dinge diskutiert? Wie viele Abhandlungen hatten sie gelesen, wie viele Denkmodelle entwickelt? Und wie oft waren sie zu dem Schluss gelangt, dass Zeitreisen in der Praxis nicht durchführbar waren, zumindest nicht in den nächsten fünftausend Jahren?
    Aber jetzt stand Gordon vor ihm und erklärte ihm die Technik seiner Maschine, als sei es das Simpelste auf der Welt. John fragte sich, weshalb diese Erfindung dann so lange auf sich hatte warten lassen. Gleichzeitig ahnte er die kommerziellen Möglichkeiten dieser neuartigen Technologie. Hier ging es nicht nur um Millionengewinne, sondern um ein paar Zehnerpotenzen mehr. Man musste kein Finanzgenie sein, um das zu begreifen.
    Gordon erwähnte gerade ein paar technische Details, die es ermöglichten, das Wurmloch für einen Menschen passierbar zu machen, aber John hatte ihm einen Moment lang nicht zugehört und bereits den Faden verloren. Er seufzte. Im Grunde hatte er seine Entscheidung bereits getroffen. Ein Teil von ihm

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