Indigo - Das Erwachen
kann dich spüren . Ihre Stimme schenkte ihm allen Trost, den er brauchte.
Direkt vor sich sah Lucas eine neonbeleuchtete Einkaufsmeile. An sich keine groÃe Sache â bis er eine Veränderung im Licht bemerkte. Die Neonlampen glühten plötzlich heller und strahlten Ringe aus schillernden Farben aus, die leicht pulsierten. Er hielt an und staunte wie ein Kind vor seinem ersten Weihnachtsbaum.
Kurz vor den Läden weckte eine Kreuzung seine Aufmerksamkeit. Er lieà sich von seinen Instinkten weiterführen. Die StraÃen bildeten ein X, und vor seinem inneren Auge blitzte das Bild eines Zielscheibenzentrums auf, das seinen Blick weiter über die StraÃe lenkte. Als Nächstes schickten ihn seine Instinkte zu einem mehrstöckigen alten Parkhaus. Es war von einem Maschendrahtzaun umgeben, auf dem mehrere Schilder hingen, auf denen gewarnt wurde, dass das Gebäude zum Abriss freigegeben war. Es sah leer und verlassen aus.
Wie auch immer sein Verstand dieses Puzzle zusammengesetzt hatte: Er wusste, dass das Mädchen dort war, in einem Parkhaus, das bald abgerissen werden sollte. Ein seltsamer, unspektakulärer Ort, um sein neues Leben zu beginnen. Er fragte sich nicht, woher er wusste, dass er dort richtig war, sondern folgte weiter seiner Eingebung. Lucas überquerte die StraÃe, lief immer schneller, je näher er kam. Bruchstückhafte Bilder von einem Mädchen blitzten durch seinen Kopf. Sie trug das Gesicht seiner Zukunft, in jeder Nuance, jeder Farbe.
Das Mädchen in seinem Kopf erschien ihm wie ein Kristallprisma. Ihr innerstes Wesen spiegelte sich in zahllosen Bildern wider, die sich in einem gebrochenen, strahlend hellen Licht fingen. Er prägte sich jeden Blick, den er auf sie erhaschen konnte, genau ein. Ihre Haut, den weichen Schwung ihrer Lippen, wie es ihrer Seele gelang, ihn festzuhalten, ohne ihn zu berühren. Er musste sie nicht sehen, um zu wissen, dass alles, was er spürte, der Wahrheit entsprach.
Sie hatte ihn für alles blind gemacht â selbst für den Van, der langsam hinter ihm herfuhr.
Griffith Park Zoo
Gabe hatte gar nicht bemerkt, wie müde er war, bis er die Motorhaube seines alten Trucks herunterklappte und die Kerzen ausblies, in deren Licht er gearbeitet hatte. Nur eine Kerze lieà er brennen und schützte die Flamme mit der Hand vor dem Erlöschen, während er sie zum Schlafplatz des Mädchens trug.
Rayne. Ihr Name erinnerte ihn an den Frühling, an Musik und ein Leben, in dem er im Regen hatte tanzen können â an das letzte Mal, dass er sich sicher gefühlt hatte ⦠und geliebt.
Jetzt stand er im flackernden Licht der Kerze über ihr und sah ihr zu, wie sie auf den Bauch gedreht schlief. Es entspannte ihn, dem Rhythmus ihres Atems zu lauschen, und da ihre Augen geschlossen waren, konnte er sie anstarren, solange er wollte. Er hätte bleiben und ihr weiter beim Schlafen zusehen können, doch damit hätte er sich nur gequält. Denn sie rief ihm ein Leben in Erinnerung, das er nicht haben konnte. Er kniete sich hin und breitete die Decke über ihre Schultern.
Jetzt, wo der Truck wieder fahrtüchtig war, würde sie bald erwachen und aufbrechen wollen. Sie musste ihren Bruder finden, und so sehr Gabe ihr auch helfen wollte, er konnte es nicht. Er hatte keine Wahl. Selbst wenn sie ihn um Hilfe bat, würde er Nein sagen müssen. Klar, er würde wie ein Riesenarschloch dastehen und hatte es auch mehr als verdient, diesen Stempel aufgedrückt zu bekommen.
Aber es war besser für sie, wütend auf ihn zu sein, weil er sie abwies, als in sein total verkorkstes Leben hineingezogen zu werden. Gabriel löste sich von ihrem Anblick und kroch auf die Ladefläche seines Trucks, um für ein Weilchen die Augen zu schlieÃen. Ehe er die Kerze ausblies, sah er in Raynes Gesicht. Vielleicht konnte sie ja eine Nacht lang die Albträume vertreiben.
Vielleicht .
West Hollywood
Auf der Suche nach einem Weg durch den Zaun, der das abbruchreife Parkhaus umgab, bemerkte Lucas beim Ãberqueren der StraÃe einen dunklen Van, der beschleunigte. Die Scheinwerfer blendeten ihn, als der Van auf ihn zuraste. Im letzten Augenblick schwenkte der Wagen ab und hielt mit quietschenden Reifen am Randstein. Hinter der Windschutzscheibe bewegten sich Schatten. Als eine Tür aufglitt, ging die Innenbeleuchtung an, und Lucas sah zwei Männer herausspringen. Er wartete nicht ab, was sie
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