Indigo - Das Erwachen
weià ich, aber es war wichtig, dass du bei Kendra bleibst. Du weiÃt doch, wie das ist.â Rafe zuckte mit den Achseln. âWenn ich nicht da bin, hat sie nur noch dich, kleiner Mann.â
Nachdem Benny zu ihnen in die Tunnel gekommen war, hatte er schnell gemerkt, dass er nicht so war wie Rafe und die anderen. Er hatte keine besonderen Fähigkeiten. Rafe hatte ihn deswegen bemitleidet, bis der kleine Gnom sich einfach eine Superkraft ausgedacht hatte. Benny verwandelte sich in einen Ninja-Superhelden. Rafe sah kein Problem darin, ihn glauben zu lassen, dass er unsichtbar werden konnte, wann immer er es wollte. Rafe packte Benny und schwang ihn hoch, sodass er sich auf seine Schultern setzen konnte. Der Kleine mochte das.
Sie schlossen zu Kendra auf, und als er so nahe dran war, dass sie seine Gedanken deutlich spüren konnte, lieà er sie wortlos wissen, wo er war. Ich bin auf sechs Uhr. Wehe, du hetzt die Zwillinge auf mich . Nach zwei weiteren Schritten hatte er sie mit Benny auf den Schultern eingeholt und grinste breit.
âHey, Benny.â Kendra lächelte zu dem Jungen hoch, dann sagte sie zu Rafe: âWie ich sehe, hat dein Schatten dich gefunden.â
âJa, hat er. Wie immer.â Rafe lieà Benny herunter und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. âWir reden später noch, du Trottel. Jetzt muss ich erst mal meinem Mädchen hier helfen.â
Benny zog eine Grimasse und warf ihm ein schlaues Lächeln zu, dann machte er einen übertriebenen Kussmund und verschwand. Rafe warf ihm einen strengen Blick hinterher, ohne etwas zu sagen. Kaum war er mit Kendra allein, kam er nicht mehr gegen den Drang an, über das Vorgefallene zu sprechen. Er fühlte sich ein bisschen high. Sie alle wurden stärker. Es fühlte sich gut an, an ihren Fähigkeiten zu arbeiten, anstatt sie zu verstecken â es war fast wie Muskeltraining.
âBin ich froh, dass die Zwillinge nicht fürs gegnerische Team spielen.â Rafe grinste. âDie Typen haben sich ja förmlich in die Hose gemacht, als sie vor den kleinen ScheiÃern weggerannt sind.â
Im Licht der Taschenlampe sah er Kendra lächeln. Sie stand drauf, Chaos in den Köpfen der Muskelarmee der Believers zu stiften. Und die Zwillinge hatten das Talent, einen dauerhaften Eindruck zu hinterlassen. Nachdem diese Affen verängstigt weggerannt waren, würden sie sich erst gegenseitig verkloppen und dann Essen in sich hineinschaufeln, als wären sie kurz vorm Verhungern. Sobald die Wirkung nachlieÃ, würden sie erkennen, dass sie ihren Ruf als harte Kerle erst mal los waren.
All das schenkte Kendra Zeit, den Neuen zu verstecken und wieder aufzupäppeln. Der Junge konnte es zwar nicht fühlen, aber Kendra hielt seine Hand, während die anderen ihn trugen. Bei den Frischlingen war ihr Beschützerinstinkt immer besonders ausgeprägt.
âKein Zweifel, die Zwillinge sind ein Wunderâ, sagte sie.
Die beiden zwölfjährigen Jungs mit den abgefahrenen blauen Augen und dem weiÃblonden Haar gruselten Rafe, aber das hatte er niemals laut gesagt. Die Zwillinge trennten sich nie. Sie machten alles zusammen. Rafe hatte sie nie viel reden hören. Ihre Entscheidung. AuÃer Kendra kommunizierte niemand wirklich mit ihnen â jedenfalls nicht auf eine Weise, die Rafe verstand â, aber er war sicher, dass die Jungs andere Wege gefunden hatten, sich gegenseitig zu unterhalten.
Die Fähigkeiten der Jungs waren allerdings mehr als unterhaltsam. Im Gegensatz zu Kendra verstand Rafe die Wissenschaft dahinter nicht. Sie hatte ihm erklärt, dass die Zwillinge eine Drüse im menschlichen Gehirn anzapfen konnten â Hippo-Talmud oder so â die die vier menschlichen Urinstinkte steuerte: Essen, Kämpfen, Flüchten, Paarung. Die Zwillinge waren klein und dürr, aber sie konnten verdammt schräges Zeug in den Köpfen von Leuten anrichten und sie zwingen, alles Mögliche zu tun. Wie Marionetten.
Und die Männer von vorhin hatten eine Kostprobe erhalten.
Als sie den tiefsten Teil des Tunnelsystems erreicht hatten, brachte Kendra den Neuen in ihr Zimmer. Das hatte Rafe noch nie erlebt, und er war sich nicht sicher, ob es ihm gefiel, aber er hatte Schwierigkeiten, mit ihr zu streiten. Er musste doppelt so hart arbeiten, um seine Gedanken vor ihr abzuschirmen, damit sie nicht mitbekam, dass ihre Entscheidung an ihm nagte. Geheimnisse zu bewahren waren
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