Indigo - Das Erwachen
War es eine Vision über die Erlebnisse einer anderen Person? Oder die rasende Angst vor seiner eigenen unsicheren Zukunft? In der grauenhaften Welt seines Traums machte es keinen Unterschied.
Denn er musste all das so erleben, als würde es ihm selbst widerfahren.
11. KAPITEL
Umland von L.A .
22:30 Uhr
Rayne tankte die Harley auf, dann lieà sie sich von Gabriel aus der Stadt lotsen, und sie lieÃen Los Angeles hinter sich. Als die breiten Highways von zweispurigen StraÃen abgelöst wurden, wurde er ganz ruhig und lieà sich mit um sie geschlungenen Armen gegen ihren Rücken sinken. Sie wusste, dass er erschöpft sein musste und Schlaf brauchte. Er hatte ihr noch immer nicht verraten, wo sie hinfuhren, aber es reichte ihr schon, einfach mit ihm allein zu sein.
Bevor sie den Museumsparkplatz verlassen hatten, hatte er noch einmal gefragt, ob sie ihn wirklich begleiten wollte. Ihre Antwort war noch immer dieselbe, aber inzwischen hatte sie viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Die vorbeigleitenden nächtlichen StraÃen und die aufblitzenden Erinnerungen an Gabriel, der in den blauen Flammen zuckte, fraÃen sich tief in ihre Seele. Rayne fühlte sich gut, weil er ihr noch immer helfen wollte, aber sie wusste auch, dass seine Dämonen ihn eingeholt hatten.
Nichts an ihrer Situation fühlte sich richtig und gut an. Was für Probleme Gabriel auch haben mochte, sie standen im Konflikt mit ihrer Suche nach Lucas. Sie verstand, warum Gabriel Antworten brauchte: Er hatte Angst, dass er alles noch schlimmer machen könnte. Aber sie konnte nicht anders, als sich auch um Lucas zu sorgen. Sie betete, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte, indem sie sich an Gabe hielt. Dass sie nicht wusste, wie es Luke gerade ging, lieà die schrecklichsten Vorstellungen in ihr Blüten treiben â und die Dunkelheit war die perfekte Leinwand für ihre Ãngste.
Die Stadtlichter und der Asphalt wichen einem Baldachin aus Mondlicht und Sternen, der sich über ihre Köpfe spannte, und der Wind fegte um Raynes Körper. Die Scheinwerfer der Maschine strichen über das hohe Gras, das sich am StraÃenrand wiegte. Der Mittelstreifen zog sich über ein endloses Asphaltband hin, auf dem sie sich immer weiter von Ortschaften und Menschen entfernten. Sie hatte keine Ahnung, wo der Weg sie hinführte, aber das Dröhnen des Motors gab ihr das Gefühl, für den Moment in Sicherheit zu sein, obwohl sie ahnte, dass es sich nur um die Ruhe vor dem Sturm handelte.
Etwas war mit Gabriel geschehen, das konnten sie weder leugnen noch ignorieren. Er hatte recht damit, dass er Hilfe brauchte, und wenn es einen Ort gab, an dem er Antworten erhalten würde, dann musste er dorthin. Sie beide trugen ihre Probleme mit sich herum, und es war nur eine Frage der Zeit, bis sie zurückkehren und ihnen ins Auge sehen mussten.
Auf Höhe von Ludlow und den Bristol Mountains konnte sie an der kühler werdenden Luft spüren, dass sich die Höhenlage änderte. Gabriel lieà sie auf eine schmale StraÃe abbiegen. Den Namen konnte sie nicht erkennen, dafür sah sie aber Hinweisschilder, auf denen âDevilâs Playgroundâ stand. Der Spielplatz des Teufels . Nicht geradevertrauenerweckend. Sie wusste, dass die Mojavewüste nicht weit war, aber ansonsten hatte sie in der Dunkelheit die Orientierung verloren. Als sie den Schotterweg hinauffuhren, der in einem breiten Tor mit Zahlenschloss mündete, bedeutete Gabriel ihr zu halten und stieg ab. Ohne nachzudenken, gab er einen Pincode ein, und das Tor öffnete sich. Einen Moment lang schien er selbst überrascht zu sein, dass es funktionierte.
âWo sind wir hier?â, fragte sie.
âFalls es uns nicht gefällt, fahren wir wiederâ, erwiderte er statt einer Antwort. Ehe sie weiter nachfragen konnte, erklärte er: âAls ich klein war, habe ich eine Zeit lang hier gelebt.â
Das war alles, was er sagte, bevor er wieder auf die Harley stieg und darauf wartete, dass Rayne Gas gab. Eine Wolke schob sich vor den Mond, und die Dunkelheit um sie herum wurde noch undurchdringlicher. Selbst durch ihren Helm hindurch konnte Rayne das gruselige Heulen eines Kojoten in der Ferne hören. Sie konnte gut nachempfinden, warum sich das Tier so einsam und allein fühlte.
Am Anfang der unbefestigten PrivatstraÃe waren âDurchfahrt verbotenâ-Schilder aufgestellt worden, und das Scheinwerferlicht der
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