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Indigosommer

Indigosommer

Titel: Indigosommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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Färöer Inseln waren in einer Reihe von Bildbänden abgedruckt, die ich wie einen Schatz in Ehren hielt. Von ihm hatte ich auch meine erste Kamera bekommen. Ich feierte meinen zwölften Geburtstag, während wir Ferien in seinem kleinen Häuschen in Hvalba machten. Ein Jahr später starb Großvater Tormar und ich vermisste ihn heute noch unsäglich. Meine Mutter behauptete, ich hätte meinen Blick fürs Detail von ihm geerbt.
    Ich war drangeblieben und hatte versucht, meinem Großvater nachzueifern. Inzwischen hatte ich mit meinen Fotografien schon einige Preise gewonnen, den letzten vor einem halben Jahr, als beim Geolino-Fotowettbewerb das beste Foto zum Thema »Wetter« gesucht wurde. Ich hatte einen kompletten Regenbogen über einem Tal aufgenommen. Die Landschaft im Inneren des Bogens war gestochen scharf, alles andere verschwand in einem grauen Regenschleier.
    Mir war klar, dass ich gut sein musste, wenn ich eines Tages mit meinen Fotos Geld verdienen wollte. Und genau das hatte ich vor: gut sein und damit Geld verdienen. Ich malte mir ein Leben auf Reisen aus, wie ich interessante Menschen an exotischen Orten traf und von ihnen lernte.
    Nachdem ich meine Kamera wieder im Rucksack verstaut hatte, suchte ich ein paar Sachen zusammen und ging vor zum Supermarkt, um zu duschen. Bis ich ins Camp zurückkehrte und die anderen endlich verschlafen aus ihren Zelten krabbelten, hatte die Sonne den Nebel längst besiegt.
    Zum Frühstück gab es Rühreier mit Speck, in der Pfanne geröstetes Brot, Orangensaft und Pulverkaffee. Alle waren bester Laune, trotz der verknitterten Gesichter und der leichten Katerstimmung. Nur Brandee beschwerte sich darüber, schlecht geschlafen zu haben. Angeblich hatte sie mysteriöse Geräusche gehört und deshalb kein Auge zugemacht.
    »Vielleicht war es ein Werwolf«, meinte Janice. »Die soll es hier ja zuhauf geben.« Sie lächelte verschmitzt.
    »Ja, hab auch schon davon gehört«, sagte ich und angelte mir zwei knusprige Speckstreifen aus der Pfanne.
    »Werwölfe?«, fragte Josh hinter dem Dampf aus seinem Kaffeebecher. »Wie zum Teufel kommt ihr denn darauf?«
    Janice griff neben sich und hob eine zerlesene Taschenbuchausgabe von Stephenie Meyers »Twilight« in die Höhe. »Viel leicht solltest du dich das nächste Mal besser über die lokalen Besonderheiten deines Surfparadieses informieren«, sagte sie zu Josh. »Wellen sind nicht alles.«
    Josh nahm Janice das Buch aus der Hand und fluchte leise, als heißer Kaffee aus seinem Becher schwappte und ihm über die Finger rann.
    »So ein Schwachsinn«, sagte er, nachdem er den Klappentext gelesen hatte. »Vampire und Werwölfe.« Er verdrehte die Augen. »Das Einzige, was es hier zuhauf gibt, sind Indianer.«
    »Du hast die Haie vergessen«, bemerkte Mark mit todernster Miene.
    »Ach ja, die Haie.« Josh grinste. »Genau.«
    »Na toll«, meinte Brandee beleidigt. »Macht euch nur über mich lustig. Ich weiß, dass ich was gehört habe.«
    »Klar«, sagte Alec, »Joshs Riesenfurz hat mich auch aufgeweckt.«
    »Hey, das ist nicht wahr, ohne Scheiß«, rief Josh empört, aber sein Protest ging in Gelächter unter. Sogar Brandee lachte und das Lachen nahm ihrem Gesicht etwas von dieser Maskenhaftigkeit.
    Nach dem Frühstück lief Mark hinunter zum Meer, das sich jetzt weit zurückgezogen hatte. Er trug nur seine gelben Badeshorts mit den roten Palmen darauf, und schon allein ihm beim Laufen zuzusehen, war eine Schau. Breite dunkle Schultern, lange Beine, schmale Hüften, eine geschmeidige Gangart. Eigentlich war es vielmehr ein Gleiten als ein Gehen. Eins stand fest, Mark Landon war wirklich eine Augenweide.
    Zufällig bekam ich mit, wie Janices Blick ihm folgte. Ganz offensichtlich hatte sie ein Auge auf ihn geworfen. Na ja, verständlich war es. Aber würde Janice es schaffen, dass Mark sich auch noch für etwas anderes interessierte als für das Meer, die Wellen und sein Surfbrett?
    Ich wusste kaum etwas über Mark, nur, was Alec mir schon in Seattle über ihn erzählt hatte: dass seine Mutter eine Nachfahrin hawaiianischer Könige war und er das Surfen sozusagen als Religion betrachtete, weil es auf Hawaii bereits seit tausend Jahren praktiziert wurde. Er war schweigsam, das war mir schon gestern aufgefallen, aber ich mochte seine Art des stillen Beobachtens.
    Jetzt lief er über den nassen glatten Sand, den die Ebbe zurückgelassen hatte. Laut Alecs Gezeitenkalender würde die nächste Flut erst am Nachmittag hereinkommen. Ich war

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