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Indigosommer

Indigosommer

Titel: Indigosommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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sonst was auf der Welt.
    Die Tatsache, dass Smilla in seinem Zimmer gewesen ist, erfüllt Conrad mit tiefem Staunen. Kein Weißer hat dieses Zimmer je betreten. Und plötzlich stand Smilla in seinem Chaos. Conrad hat das Gefühl, als ob sie etwas zurückgelassen hat, etwas, das sich ausbreitet im Raum und in alle Ecken schlüpft. Er ist nicht mehr allein, jemand hat den Dreck aufgewirbelt in seinem Zimmer, in seinem Leben. Jetzt liegt es an ihm, was er daraus macht.
    Den Rest des Tages verbringt er damit, Ordnung zu schaffen. Schwarze Müllsäcke füllen sich mit Dingen, die er nicht mehr braucht. Sachen, von denen er sich nicht trennen kann, noch nicht, die trägt er in das Zimmer nebenan. Es ist Justins Zimmer, in dem alles noch so ist, wie sein Bruder es vor einem Jahr verlassen hat, um mit seinem Brett an den Strand zu gehen.
    Conrad schrubbt die Holzdielen in seinem Zimmer, befreit die Fenster von der krustigen Salzschicht, die sie trübe gemacht hat, und wäscht sogar die Vorhänge. Er bezieht sein Bett neu. Er ist in Bewegung, alles in ihm ist in Bewegung, auch seine Gedanken und Gefühle.
    Sein Vater sieht, wie er Müllsäcke fortschafft, wie er mehrere Male die Waschmaschine füllt und Wäsche zum Trocknen in den warmen Wind hängt. Aber Paul Howe sagt nichts, wahrscheinlich denkt er sich seinen Teil. Conrad ist seinem Vater dankbar dafür.
    Später, als Milo, Valerie und Sassy vor seiner Tür stehen und mit ihm auf eine Cola ins »River’s Edge« gehen wollen, sagt er, dass er sich den Magen verdorben hat und schlafen will. Aber er schläft nicht. Er setzt sich an seinen aufgeräumten Schreibtisch, öffnet den Laptop und beginnt zu schreiben.
    Justin. Ich habe Angst. Angst, dass du mich für immer verlässt. Ich habe nicht deinen Mut und deine Entschlossenheit. Ich kann nicht du sein. Nicht für Milo, nicht für Dad und für Tamra auch nicht. Ich bin nicht CJ, ich bin nur C. Kannst du das verstehen?
    Mehr als diese vier Zeilen bringt er nicht zustande. Aber es ist ein Anfang. Später liegt er auf seinem Bett, starrt in die Dunkelheit und hört Musik von den Red Hot Chili Peppers.
    She’s the one, she’s the only one She’s got ripped back light gonna make me come I say when I smile, I’m a really smile I got dreams so wide like a country mile
    Conrad denkt an Smilla. Warum muss sie zur Surferclique gehören? Genügt es nicht, dass sie weiß ist?
    In seinem Inneren regt sich etwas, das lange geschlummert hat.
    Er mag Smillas ernsten Blick aus ihren Meeresaugen, die ihn zu kennen scheinen. Er mag die senkrechte Falte zwischen ihren Augenbrauen, wenn sie sich ärgert. Er mag ihre Art, ihn mit Fragen herauszufordern, weil er dann spürt, dass er lebendig ist. Und er mag ihre schmalen Hüften, die kleinen Brüste, den niedlichen Hintern.
    Verflixt. Dass er sich verlieben könnte, war in seinem Plan nicht vorgesehen.

13. Kapitel
    A m Montag goss es in Strömen. Der Regen prasselte auf das Zelt und schien darin ungeheure Ausdauer zu haben. Ich sah die Fotos auf meiner Kamera durch und löschte die, die unscharf waren oder wenig gelungen. Da wir bei dem Regen kein Feuer machen konnten, warf Alec unter dem Treibholzdach den Campingkocher an und kochte Kaffee für alle.
    Ich hörte Alec, Mark und Josh darüber diskutieren, ob wir das Lager abbrechen sollten, falls es die nächsten Tage so weiterregnen würde, was nicht ungewöhnlich gewesen wäre für diese Gegend.
    Auch mich störte es, im Zelt festzusitzen, aber in mir sträubte sich alles bei dem Gedanken, La Push verlassen zu müssen. Dafür gab es viele Gründe und der wichtigste war Conrad Howe. Die gestrige Begegnung mit ihm hatte mich mehr aufgewühlt, als ich mir eingestehen wollte. Schlag ihn dir aus dem Kopf, Smilla, sagte ich mir. Doch genau dort trug ich ihn ständig mit mir herum.
    Trotz des Regens machte ich einen kurzen Strandspaziergang, ausgerüstet mit Regenjacke und Gummischuhen. Die nassen Steine am Strand hatten Farben wie Edelsteine: Rot, Grün, Gelb und Violett. Der Basaltfelsen glänzte vor Nässe. Ich versuchte, mit der Kamera das üppige tropfende Grün im Wald einzufangen, die Tropfen auf den Blättern und in den Zweigen, die wie Kristalle glitzerten. Im Gegensatz zu den anderen fand ich den Regen spannend, zumindest, solange er mich nicht vom First Beach vertreiben würde.
    Am Abend gab es kein Feuer, es war einfach zu nass. Alec und Josh hatten eine blaue Plane über das Dach des Unterstandes gezogen, sodass wir darunter

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