Indische Naechte
damit Sie wissen, worauf Sie sich einlassen, mußten Sie die Wahrheit wissen.«
Wenn Laura zu Ohnmächten geneigt hätte, dann wäre sie jetzt in eine gefallen. So aber hob sie die Tasse, die sie immer noch hielt, und nahm einen tiefen Schluck. Dann noch einen. »Sie wollen mich heiraten?« sagte sie schwach.
»Ja. Habe ich recht, daß Sie ablehnen würden, wenn ich zu... normalen ehelichen Beziehungen fähig wäre?«
»Sie haben recht. Ich würde bestimmt nicht zustimmen.« Ihre Brauen zogen sich zusammen. »Schlagen Sie mir eine Zweckehe vor? Wir beide gehen unsere eigenen Wege, aber ich hätte den Schutz Ihres Namens?«
»Nein. Ich meine eine echte Ehe in jeder Hinsicht, mit dieser einen Ausnahme.« Sein Lächeln zeigte einen Hauch von Bitterkeit. »Manche Leute meinen, die körperliche Liebe ist Zweck und Grundstein einer Ehe, und vielleicht haben sie recht damit. Aber eine Ehe ist mehr als nur das Produzieren von Kindern — es bedeutet auch Kameradschaft, Hilfe und Schutz gegen die Außenwelt. Es gibt so viele Beziehungen, wo Mann und Frau längst nicht mehr das Bett teilen, doch das Band der Ehe hält weiter. Ich empfinde viel für Sie, Laura, und Ihnen scheint meine Gesellschaft zu gefallen. Ich hoffe
— ich bete darum —, daß dies eine solide Basis für eine Ehe ist.«
Sie schluckte hart, zu verwirrt, um zu ergründen, was sie wirklich fühlte. »Was Sie vorschlagen — ist das legal?«
»Der Nichtvollzug der Ehe ist ein Grund zur Annullierung«, gab er zu, »aber wen geht es denn etwas an, was wir in der Privatsphäre unseres Schlafzimmers tun oder nicht tun?«
»Vielleicht hat es niemanden anzugehen.« Sie setzte vorsichtig ihre Tasse ab. »Aber es kommt mir irgendwie nicht richtig vor.«
»Es würde anders sein als die meisten Verbindungen«, stimmte er zu. »Aber Andersartigkeit bedeutet nicht zwingend etwas Falsches.«
»Das ist wahr.« Sie überlegte einen Moment konzentriert. »Das, was Sie vorschlagen, könnte... funktionieren.«
Seine Miene entspannte sich. »Ich bin froh, daß Sie nicht sofort ablehnen. Gleichzeitig möchte ich aber nicht, daß Sie meinen Antrag annehmen, bevor Sie sich nicht wirklich klar darüber sind, was Sie aufgeben. Die körperliche Liebe ist für Sterbliche vielleicht der beste Weg in den Himmel.«
Laura verzog ihr Gesicht, als ihr die unauslöschliche Erinnerung an die Gewalttätigkeit ihrer Eltern durch den Kopf schoß. »Davon weiß ich nichts, wohl aber, daß Leidenschaft ebenfalls zerstörerisch und grausam sein kann. Ich will nichts davon.«
»Sie müssen sich aber sehr sicher sein«, warnte er. »Denn wenn Sie mich heiraten, verlieren Sie die Chance, Ihre Meinung zu ändern. Vielleicht ist es unfair von mir, aber ich glaube nicht, daß ich einen Liebhaber akzeptieren könnte.«
»Offene Worte, Major«, antwortete sie kühl. »Geben Sie mir Zeit, mir über meine Gefühle klar zu werden. Oder versuchen Sie, sich Möglichkeiten offenzuhalten?«
»Ich versuche, ehrlich zu sein, denn unsere Ehe würde ohne Ehrlichkeit keine Chance haben.« Er kam über die Lichtung und ließ sich vor ihr auf ein Knie nieder. »Es ist zu früh, um von Liebe zu sprechen, Laura, aber ich hoffe, Sie denken über mein Angebot ernsthaft nach. Wir sind in einzigartiger Hinsicht füreinander gemacht, denn Sie wollen keine Intimität, und ich kann sie Ihnen nicht geben. Wenn wir genug für den anderen empfinden, um eine Ehe einzugehen, dann können wir miteinander vielleicht etwas zutiefst Befriedigendes aufbauen.«
Sie konnte in seinen Augen lesen, wieviel ihm daran lag. Aus Angst, was in den ihren zu lesen sein mochte, stand sie auf und entfernte sich von ihm.
Was für eine Ironie, daß Ian glaubte, sie würde körperliche Nähe nicht mögen, wo sie doch befürchtete, sie fände zuviel Gefallen daran! Das Zerfallen ihrer Familie hatte ihr die schrecklichen Gefahren der Leidenschaft verdeutlicht. Später hatte ihr die eine kurze Erfahrung mit der Fleischeslust gezeigt, daß auch sie die zerstörerische Saat in sich trug. Nur indem sie vermied, sich in den Sog der Leidenschaft ziehen zu lassen, konnte sie eine Katastrophe verhindern.
Aber es war nicht wichtig, daß Ian sich irrte, was ihre Ablehnung der Ehe betraf. Was zählte, war, daß er ihr eine Verbindung anbot, die das Element, das sie fürchtete, nicht enthielt. Hier war die Chance, Kameradschaft, Sicherheit und Liebe zu finden — Dinge, die sie bisher für unerreichbar gehalten hatte. Wenn sie annahm, konnte sie ihr
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