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Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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Versprechen ihrem Stiefvater gegenüber erfüllen, sich einen Mann zu suchen, und gleichzeitig ihrem Schwur treu bleiben, sich nicht in Lust zu verlieren. Ihr Stiefvater wäre froh über Ian gewesen, denn die beiden waren sich in vieler Hinsicht sehr ähnlich. Sie waren in sich gefestigt. Freundlich. Zuverlässig.
    Doch die Tatsache, daß solch eine Ehe funktionieren konnte, schloß mögliche Schwierigkeiten nicht aus. Lauras Hin-und-her-Wandern hatte sie bis vor den Schrein geführt, und nun drehte sie sich um und betrachtete Ian schweigend. Er hatte sich nicht bewegt und musterte sie mit der gleichen Reglosigkeit, mit der er ein Tier ansehen würde, das er zu sich locken wollte.
    Selbstkritisch erkannte sie, daß die Analogie gar nicht so unpassend war. Sie begehrte Ian schon jetzt, und dieses Begehren würde bestimmt wachsen, wenn sie ihm noch näher kam. Sie konnte es vielleicht aushalten, da sie seine Gegenwart auch so genoß, dennoch blieb es ein Sprung ins Unbekannte, wenn sie ihn heiratete.
    Doch wie sollte sie einen Mann ablehnen, in den sie schon fast verliebt war? Wie er bemerkt hatte, waren sie auf einzigartige Weise füreinander geschaffen. Und sie wollte ihn, lieber Gott, und wie sie ihn wollte!
    Mit einer gewaltigen Anstrengung zügelte sie ihre aufkommenden Emotionen. Der vernünftige Teil in ihr wollte mehr Informationen, bevor sie eine spontane Entscheidung traf. Oder vielleicht brauchte ihr Kopf auch Gründe für das, was ihr Herz herauszuschreien schien? »Ich weiß sogar noch weniger von Ihren Zukunftsplänen, als Sie von meinen, Ian. Wo werden wir leben? Und was werden Sie tun, wo Sie nicht mehr bei der Armee sind?«
    »Während ich in Buchara war, habe ich das Anwesen meines Onkels an der schottischen Küste, nicht weit von Edinburgh, geerbt. Die Verwaltung wird mich gut beschäftigt halten und uns ein ansehnliches Einkommen verschaffen. Es wird Ihnen an nichts fehlen, und Sie hätten eine gesellschaftliche Stellung.« Er dachte einen Augenblick nach, dann fügte er hinzu: »Was auch immer es wert ist, ich habe einen Titel. Ich bin der vierzehnte Baron Falkirk.«
    »Sie sind also ein Lord und nicht glücklich darüber«, sagte sie nachdenklich. »Warum nicht?«
    Seine Gesichtszüge wurden härter. »Ich habe geerbt, weil drei Männer gestorben sind. Darüber kann ich mich nicht freuen, obwohl ich vom Militär die Nase voll und Falkirk immer sehr geliebt habe. Es zu erben, ist wie ein vergifteter Apfel — hübsch zu betrachten, aber im Inneren bitter. Deswegen habe ich noch nicht damit angefangen, den Titel zu benutzen. Ich bin mir noch nicht darüber im klaren, was es bedeutet.«
    »Die Todesfälle sind gewiß sehr tragisch, aber Sie tragen keine Schuld daran«, bemerkte sie vernünftig. »Da jemand das Anwesen erben muß, was ist daran falsch, wenn Sie es tun? Ich bin sicher, daß Ihr Onkel, wo auch immer er nun sein mag, sich freut, daß der Familienbesitz an jemanden geht, der ihn zu schätzen weiß.«
    Nach einer Pause sagte er: »Sie haben natürlich recht. Einer der Aspekte, die mir an Ihnen so gefallen, ist Ihr bewundernswerter gesunder Menschenverstand.«
    »Wenn ich etwas davon hätte«, erwiderte sie ein wenig bitter, »dann würde ich Ihr Angebot nicht in Betracht ziehen.«
    »Dann kann ich nur hoffen, daß Sie manchmal vernünftig sind und manchmal überhaupt nicht.« Er seufzte. »Wie ich eben schon gesagt habe, möchte ich ganz offen mit Ihnen sein, Laura. Ich kann finanziell für Sie sorgen, aber ich habe mich in mehr als einer Hinsicht zum Schlechteren verändert. Früher besaß ich eine ziemlich liebenswerte Natur, doch ich habe seit Monaten in etwas gelebt, was ich schwarze Nebel nenne. An einem schlechten Tag kostet es mich jeden Fetzen Willenskraft, überhaupt aus dem Bett zu steigen, und die guten Tage sind nicht wesentlich besser. Manchmal fühle ich mich wie ein vertrockneter Ast, der beim nächsten kräftigen Windstoß weggefegt wird.«
    Er hielt kurz inne, dann schüttelte er den Kopf. »Kein besonders guter Vergleich, aber mir fällt kein besserer ein. Seit kurzem — seit ich Sie getroffen habe — habe ich häufiger gute Tage als schlechte, aber wahrscheinlich werde ich immer noch ein launischer und schwieriger Ehemann bleiben.«
    Sie dachte über seine Worte nach, und ihre schrägen goldenen Augen blickten ernst. »Depressionen«, sagte sie schließlich einfach.
    Verdutzt erwiderte er: »Ich war noch nie depressiv.«
    »Sie sind auch noch nie eingekerkert und

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