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Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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dort oben eine Höhle.«
    »Könnten wir anhalten und nachschauen?« sagte sie hoffnungsvoll.
    Nach einer kurzen Pause meinte er: »Wenn du möchtest. Es dürfte nicht allzu schwer sein, dort hinaufzuklettern.« Er lenkte sein Pferd von der Straße und durch das lichte Unterholz. Das Packpferd und Laura folgten ihm.
    Ein paar Minuten später hatten sie den Fuß des Felsens erreicht. Laura suchte die glatte Fläche über ihr ab und streckte dann den Finger aus. »Der Falke ist dort oben verschwunden, da, bei der Ansammlung dicker Steine unter dem dunkleren Felsen.«
    Sie ritten noch ein paar Meter, bis Ian abstieg und sein Pferd anband. »Wenn du ein Auge auf die Pferde hältst, sehe ich mal nach.«
    Laura biß sich auf die Lippe, als ihr etwas einfiel. »Wir können das auch lassen, Ian. Nach ein paar Jahren Gefängnis teilst du wahrscheinlich meine Vorliebe für Höhlen nicht.«
    »Um Himmels willen, Laura, ich bin nicht ganz so geschädigt, daß ich nicht allein in eine Höhle gehen kann!« fauchte er.
    Es war das erste Mal, daß Ian ihr gegenüber Unmut zeigte, und Laura nahm an, daß es deswegen war, weil sie den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Doch obwohl sie es verstehen konnte, taten ihr seine Worte weh.
    Es war ihr wohl deutlich anzusehen, denn Ians Miene wurde weicher. »Tut mir leid - ich hätte dich nicht anschreien dürfen. Du hast absolut recht: Ich fand Höhlen früher interessant, aber nun verabscheue ich sie. Aber es ist besser, sich seinen Ängsten zu stellen, als immer davor davonzulaufen.«
    »Du bist ganz schön hart mit dir selbst, nicht wahr?«
    »Das sind schottische Calvinisten nun mal.« Angespannt starrte er einen Augenblick auf die Ansammlung von Steinen. Er schien sich zu sammeln, alle Kraft aufzubieten. Sie nahm an, daß es genau die Fähigkeit war, die ihn am Leben gehalten hatte: Er tat, was er tun mußte.
    Er machte sich also auf seinen Weg und war kurz darauf verschwunden. Ein paar Minuten später schwang sich der Falke mit einem empörten Kreischen in die Lüfte, in seinen Krallen den schlaffen Körper eines kleinen Tieres. Dann hörte sie Ian rufen: »Der Falke hat mir den Weg gezeigt. Hier ist eine Höhle, und sie scheint ziemlich groß zu sein. Zumindest ist der Eingang groß genug, daß man hinein kann.« Dann kam er zwischen den Felsen wieder zum Vorschein. »Wenn allerdings ein Mensch hinein-kommt, können es auch Fledermäuse, Leoparden, Hyänen, Schlangen und so weiter«, meinte er, als er wieder bei ihr war.
    Laura zog ein Gesicht. »Würde man dann nicht irgendwelche Anzeichen dafür finden?«
    »Ich sehe jedenfalls nichts, was auf größere Tiere hinweist, für Schlangen und Fledermäuse möchte ich nicht garantieren. Warte einen Augenblick. Ich hole zwei Laternen.« Er ging zum Packpferd und durchwühlte ihre Ausrüstung. Wegen Ians Abneigung gegen dunkle Nächte waren sie mit Lampen und Öl ausreichend versorgt.
    Laura wurde ein wenig nervös, als er seinen Revolver aus dem Halfter zog und ihr ihn reichte. »Weißt du noch, was ich eben gesagt habe? Man weiß nie, wann man eine Waffe braucht. Es ist klüger, sich zu bewaffnen, wenn man eine unbekannte Höhle betritt, die vielleicht von hungrigen oder wütenden Raubtieren bevölkert ist.«
    »Auch wenn du nur ein paar Schritte entfernt bist?«
    »Auch wenn ich nur ein paar Schritte entfernt bin«, wiederholte er. »Gefahr kann im nächsten Moment aus dem Nichts kommen, und man kann nie genug darauf vorbereitet sein.«
    Sie verschränkte die Hände auf dem Rücken und starrte den Revolver ablehnend an. »Wenn du darauf bestehst, dann gib mir eine Flinte. Dabei brauche ich kein guter Schütze zu sein, und ein Gesicht voll Schrot sollte auch die zornigste Hyäne entmutigen.«
    »Also gut, wenn es dir nichts ausmacht, das Gewicht zu schleppen.« Er lud die Flinte und reichte sie Laura.
    Die Waffe behutsam in der Linken haltend, folgte sie Ian an den Steinen vorbei zum Höhleneingang. Ein kleiner freier Platz befand sich vor der düsteren Öffnung, aber ansonsten waren sie von Steinen und Felsen umgeben. »Interessant, wie gut versteckt der Eingang liegt«, sagte sie. »Wenn man nicht genau hier steht, kann man nichts sehen. Wenn ich den Falken nicht bemerkt hätte, wären wir niemals hier.«
    »Ja, wirklich interessant«, murmelte Ian nachdenklich. »Ich frage mich, ob es wirklich reiner Zufall ist.« Ohne weiter zu erklären, was er meinte, verschwand er mit eingezogenem Kopf im Eingang. Einen Augenblick später stieß

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