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Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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Minderwertige zu behandeln.«
    »Damit hat der Major wahrscheinlich recht«, stimmte Laura zu. »Aber alte Männer denken schließlich immer, daß die Dinge früher besser waren. Die Company gibt sich sehr viel Mühe, ihre Verwalter auszubilden - sie müssen die Sprachen sprechen, Gesetze und Sitten kennen. Zu diesem Zweck hat mein Vater einige Jahre in Haileybury gelehrt. Müssen Armeeoffiziere denn keine Sprachprüfungen bestehen, bevor sie Einheimischen-Truppen befehligen?«
    »Doch, aber die Sprache ist bloß ein Teil des Verstehens.« Ian lächelte bei der Erinnerung. »Als ich mein Persisch-Examen machte, dachte man, ich hätte gemogelt, weil ich keinen Fehler gemacht habe. Ich wäre fast hinausgeworfen worden, bevor ich erklären konnte, daß ich als Kind in Persien gelebt habe.« Er stand auf und nahm eine der Laternen. »Ich gehe deine Flinte holen. Willst du mitkommen, um noch mehr von dem Tempel zu sehen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich hatte für heute genug Abenteuer.« Und der tanzende Gott war ein Bild, das sie nie vergessen würde - sie brauchte es nicht noch einmal zu sehen.
    Sie lehnte sich gegen den Felsen und fächelte sich mit ihrem Topi Luft zu, während ihr Mann sich auf den Weg machte. Allein der Gedanke an ihre Reaktion auf die erotischen Bildwerke ließ ihre Wangen glühen. Wenn sie wirklich einen edlen Charakter hätte, wäre sie ohnmächtig geworden, anstatt hinzustarren. Und wie konnte sie so absolut verdorben reagieren und Ian noch nach der Größe männlicher... Organe fragen?
    Sie hätte wissen sollen, daß die Größe übertrieben dargestellt war, denn sie hatte sowohl in Italien als auch in Indien andere Statuen nackter Männer gesehen. Und da war... alles immer viel kleiner gewesen. Wie froh sie war, daß ihr Stiefvater ihr den Zugang zur Kunst ermöglicht hatte, statt stets nur auf die Schicklichkeit zu achten. Es war eine Schande, daß sie so verwirrt gewesen und mit ihrer peinlichen Frage herausgeplatzt war.
    Bevor sie sich weiter schelten konnte, kam Ian schon zurück. Er half Laura auf die Füße und sagte: »Sollen wir den Behörden den Ort des Tempels melden?«
    Sie sah ihn nachdenklich an. »Du würdest nicht fragen, wenn du es wolltest.«
    »Der Tempel hat seit Jahrhunderten sein Geheimnis bewahrt«, erwiderte er. »Ich fände es schade, ihn der modernen Welt preiszugeben. Aber du hast ihn gefunden, daher mußt du entscheiden.«
    Laura biß sich auf die Lippe und blickte zum Tempel zurück. Obwohl sie sich nicht weit entfernt hatten, war der Zugang nicht zu sehen. In der Erinnerung an das Gefühl der Heiligkeit, das sie im Inneren verspürt hatte, antwortete sie: »Ohne Priester und Gläubige wird der Tempel vielleicht bloß zu einer Sehenswürdigkeit für Neugierige. Lassen wir ihn in Ruhe. Wenn der Gott des Tanzes möchte, daß man ihn entdeckt, wird er jemand anderen hierherlocken.«
    Als sie den Weg zu ihren Pferden zurückgingen, lächelte Laura ein wenig in sich hinein. Sie konnte zwar akzeptieren, daß die erotischen Bilder spirituelle
    Symbole waren, ihre Reaktion darauf war aber ganz und gar nicht spirituell. Dennoch war der Anblick sehr... lehrreich gewesen, auch wenn der Bildhauer, was die Größen betraf, übertrieben hatte.
    Wegen des Schocks, den Laura im Tempel erlitten hatte, ließ Ian das Thema Schießübungen für den Rest des Tages ruhen. Am nächsten Morgen schien sie absolut erholt, also setzte er erneut an, als sie das Mittagessen beendet hatten. »Ein guter Augenblick, um Zielschießen zu üben«, sagte er und bot seiner Frau die Hand zum Aufstehen. »Täglich eine halbe Stunde, und du bist im Handumdrehen eine Scharfschützin.«
    Seine Hand ignorierend, zog Laura die Knie an und schlang die Arme darum. Ihre Augen wurden schmal wie die einer mißtrauischen Katze. »Deine instinktive Vorsicht beeindruckt mich, aber ich kann immer noch nicht begreifen, warum ich schießen lernen muß.«
    »Ich bin nicht instinktiv vorsichtig, und dieser Mangel hat mich mehr als einmal fast umgebracht, als ich mein erstes Jahr in Indien verbrachte«, erwiderte er ironisch. »Denk daran - wir sind hier wirklich nicht in Surrey. Als dein Ehemann bin ich für deine Sicherheit verantwortlich. Obwohl ich mein Bestes gebe, um dich zu schützen, kann das nicht die eigene Fähigkeit zur Verteidigung ersetzen.«
    Ihre Augen verengten sich nur noch mehr, und in ihren Tiefen zeigte sich Berechnung. Endlich sagte sie: »Wenn du für meine Sicherheit verantwortlich

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