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Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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schluckte hart und wandte sich zu ihm. »G... glaubst du, daß man so... so etwas wirklich tut?« Sie deutete schwach auf eine Gruppe ineinander verschränkter Gestalten.
    »Ich habe noch nie von einem lebenden Mann gehört, der auf dem Kopf steht, während er drei Frauen gleichzeitig liebt«, sagte Ian trocken. Er sicherte seinen Revolver und schob ihn wieder in das Halfter, dann kam er zu ihr und legte ihr einen Arm um die Schulter.
    »Wirst du ohnmächtig? Du bist weiß wie ein Laken.«
    Sie verbarg ihr Gesicht an seiner Brust. Sie fühlte sich erhitzt, gedemütigt und ein wenig betäubt. Doch die Figuren zogen ihren Blick wieder magisch an. »Sind... männliche Organe wirklich so groß?«
    Er folgte ihm Blick. »Das ist definitiv übertrieben«, erwiderte er noch trockener als zuvor. »Komm, ich bringe dich besser raus, bevor du wirklich in Ohnmacht fällst.«
    Mit Ians fester Hand auf ihrem Arm schaffte Laura den Weg hinaus auf den freien Platz vor der Höhle. Die gleißende Sonne blendete sie, und sie schwankte ein wenig.
    Ian fing sie auf und zog sie in den Schatten eines Felsens. »Nimm den Kopf herunter«, sagte er und kniete sich an ihre Seite.
    Laura beugte sich vor und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Das schummrige Gefühl verschwand, doch die Augen zu schließen, löschte die lebhaften Bilder in ihrem Gedächtnis nicht aus. Ein Paar hatte ihre Aufmerksamkeit besonders erregt: Mann und Frau standen sich gegenüber, die Frau hatte ihre Beine um die seinen geschlungen, und der Mann hielt zur Unterstützung ihre Pobacken mit beiden Händen fest. Natürlich war das scheußlich obszön - aber ihre Gesichter hatten Freude ausgedrückt.
    Laura empfand alles andere als Freude. Wieder zeigte sich, wie verdorben sie selbst war, denn intime Stellen, für die sie keine Bezeichnung hatte, begannen heiß zu pulsieren. Grimmig bekämpfte sie diese schändliche, angenehme Empfindung, bis sie endlich wieder aufsehen und mit lobenswerter Ruhe sagen konnte: »Alles in Ordnung. Tut mir leid, daß ich mich wie ein Jammerlappen benehme.«
    »Du mußt zwangsläufig schockiert sein«, sagte er mit einem schwachen Lächeln. »Man kann etwas Derartiges kaum in einer anglikanischen Kirche eines Dorfes in Upper Surrey finden.«
    Sie kicherte unsicher. »An keiner christlichen Stätte. Wieso schmücken die Inder ihre heiligen Orte mit solchen Sachen?«
    »Ich bin kein Theologe, aber man kann wohl auch so behaupten, daß die westliche Kultur versucht, sich über die Grenzen der fleischlichen Bedürfnisse zu erheben, um so nah an den reinen Geist zu kommen, wie möglich«, erklärte Ian. »Viele Hindus aber verehren das Körperliche, weil sie glauben, Erotik ist ein
    Weg, das Göttliche zu finden — die Vereinigung von Mann und Frau ist ein Symbol für die Verbindung von Mensch zu Gott. Es ist zwar sehr anders als westliches Denken, aber ich finde, es ergibt Sinn, wenn man es so betrachtet.«
    Laura nickte nachdenklich. »Die Schnitzereien sind sehr schön, und sie strahlen eine... Sanftheit aus. Ein Gefühl des Friedens. Obwohl ich sie mir in Surrey immer noch nicht vorstellen kann.« Ihre Brauen zogen sich zusammen. »Aber ich finde verschiedene Hindu-Bräuche, zum Beispiel die Witwenverbrennung, ausgesprochen bizarr. Wo liegt denn da der Sinn?«
    Ian zuckte die Schultern. »Ich will nicht so tun, als ob ich alle Hindu-Sitten verstehen kann. Aber ich habe in Indien bisher mehr Spiritualität beobachtet als irgendwo in Europa.«
    »Wie kommt es, daß du soviel über indische Religion weißt?«
    »Ich habe mich bewußt damit befaßt. Als Offizier mußte ich Soldaten aus fast allen indischen Religionsgruppen befehligen, und ich glaube nicht, daß man Männer anführen kann, ohne zu wissen, woran sie glauben und was sie verehren.«
    »Sind alle britischen Offiziere wie du?«
    »Die guten sicher. Leider gibt es ein paar, die die Einheimischen bloß als dumme Barbaren betrachten.« Ian runzelte die Stirn. »Als ich gerade frisch mit dem Schiff in Indien eintraf, erzählte mir ein alter Major, daß es früher besser gewesen war. Offiziere verbrachten mehr Zeit mit den Männern zusammen, was zu einem besseren Verständnis untereinander führte. Doch die Briten ziehen sich immer mehr in ihre privaten Enklaven zurück. Der Major sagte voraus, daß der Sirkar es bereuen würde, wenn man diese Entwicklung nicht aufhielte. Die Inder dienen treu den Männern, die sie respektieren, aber sie sind zu stolz, um Narren zu erlauben, sie wie

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