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Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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Mrs. Baskins zog sich nach oben. »Sie mißbilligen das? Aber warum sollte ich vorgeben, ein Paradebeispiel weiblicher Tugend zu sein, wenn mein Mann sich eine kleine schwarze Geliebte in einem Haus, keine Meile von hier entfernt, hält?« Bitterkeit schlich sich in ihre Stimme. »Er hat mich in dieses scheußliche Land gebracht, wo drei meiner Kinder starben, bevor sie ein Jahr alt werden konnten. Die zwei Überlebenden sind nach England in die Schule geschickt worden, kaum daß sie aus dem Stillalter heraus waren. Ich denke, ich habe ein Recht auf jeden Trost, den ich kriegen kann.«
    Mit wenigen Worten hatte Mrs. Baskin ihr ganzes
    Leben offenbart, und Laura empfand ungewolltes Mitgefühl. »Das tut mir leid.«
    »Sie brauchen keine Zeit damit zu verschwenden, mich zu bemitleiden. Seien Sie nur froh, daß Sie auf dem Nachhauseweg sind.« Mrs. Baskin stand auf, denn für sie gab es nichts mehr zu sagen. »Wenn Sie mich überlebt haben, dann haben Sie bei dem Rest der Hühner keine Schwierigkeiten. Ich wünsche Ian und Ihnen wirklich alles Gute. Er ist einer der anständigsten Männer, die ich kenne, und Ihr Erröten hat meine Frage nach seinen Liebeskünsten schon beantwortet.« Sie neigte den Kopf. »Wir sehen uns auf dem Ball.« Dann rauschte sie mit hocherhobenem Kopf aus dem Zimmer.
    Laura war wie betäubt. Wenn Mrs. Baskin ein Beispiel für die Gesellschaft Cambays war, dann wunderte es sie nicht, daß Ian nur widerwillig an diesem Leben teilgenommen hatte. Doch im Laufe des Tages besuchten sie noch andere Frauen, und sie schienen normal genug, obwohl sie alle mit unverhohlener Neugier Ians Frau musterten.
    Am späten Nachmittag kam der Derzi, den David bestellt hatte, und nahm Lauras Maße für ein Ballkleid. Danach begutachtete sie sein farbenprächtiges Sortiment von Modeblättern. Da sie wollte, daß Ian stolz auf sie war, wählte sie ein Kleid, das viel modischer war als ihre normalerweise konservative Kleidung. Besonders schwer fiel es ihr, bei der Vielfalt der Stoffmuster die richtige Wahl zu treffen, denn der Derzi hatte einige wundervolle Materialien anzubieten. Schließlich entschied sie sich für ein Kleid aus funkelnder blauer Seide, die changierte wie das Federkleid eines Pfaus.
    Der Tag war geschäftig gewesen, aber immer noch wartete ein Besucher. Bhawar kam und verkündete: »Eine Frau möchte Falkirk Sahib sprechen. Als ich ihr sagte, er wäre nicht da, bat sie, von der Frau des Sahibs empfangen zu werden.«
    »Schick sie herein.« Zu Lauras Überraschung handelte es sich um eine junge Inderin, die ein Kind auf dem Arm trug. In einen fadenscheinigen, aber sauberen roten Sari gekleidet, wirkte sie sehr zart und schön.
    Die junge Frau setzte ihr Kind ab, dann legte sie die Hände zusammen und senkte den Kopf darüber, wie die traditionelle indische Begrüßung es verlangte. »Namaste. Ich bin Leela. Sie sind die Frau von Major Cameron Sahib?« Sie sprach englisch, und das ziemlich gut.
    Laura gab den Gruß zurück. »Namaste, Leela. Ich bin Mrs. Cameron. Kann ich etwas für Sie tun? Wenn Sie lieber mit meinem Mann sprechen wollen — er wird bald zurück sein. Wenn Sie wollen, können Sie warten oder nach dem Dinner wiederkommen.«
    Leela überlegte einen Augenblick, dann schüttelte sie den Kopf und deutete auf den kleinen Jungen, der am Rock ihres Saris zog. »Mein Sohn würde nicht gerne warten. Bitte, Lady, würden Sie Cameron Sahib bitten, mich zu besuchen? Es ist sehr wichtig, daß ich mit ihm spreche.«
    Laura warf dem Jungen einen Blick zu, erstarrte und spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog. Das Kind war vielleicht eineinhalb Jahre alt und deutlich ein Mischling, dessen Teint um einiges heller war als der seiner Mutter. Laura starrte ihn an und suchte nach Ähnlichkeiten mit Ian. Gutgeschnittene Züge, ein kräftiges Kinn - es war durchaus möglich, daß der Junge einen schottischen Vater besaß.
    Mit zusammengepreßten Lippen sagte Laura: »Ich werde meinem Mann Ihre Nachricht übermitteln. Weiß er, wo Sie wohnen?«
    »Sagen Sie ihm, daß ich am gleichen Ort bin. Er wird wissen, wo es ist. Vielen Dank, Lady. Bitte vergessen Sie es nicht. Es ist sehr wichtig.« Dann verbeugte Leela sich erneut, hob den Jungen auf den Arm und ging.
    Laura saß im schattigen Wohnzimmer in einen Sessel gekuschelt mit verschränkten Armen, als ihr Mann kurz darauf eintraf.
    »Hier ist es aber dunkel.« Ian zündete ein Streichholz an, und eine Lampe flackerte auf. »Wir essen erst in ein paar Stunden.

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