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Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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leere Tagebuch übertrug, das David ihr besorgt hatte. Tränen brannten in ihren Augen, und ihr tat das Herz weh um ihren Onkel und um ihren Mann. Doch sie empfand auch Freude, denn inmitten der feindseligen Umgebung hatte Pjotr etwas unendlich Kostbares gefunden.
    Sie wollte gerade die nächste Eintragung abschreiben, als Bhawar, Davids Bursche, den Salon betrat und sich verbeugte. »Lady Falkirk. Mrs. Colonel Baskin ist hier. Möchten Sie sie empfangen?«
    »Natürlich. Führ sie bitte herein.« Laura schloß die Bibel. Obwohl Ian sie gewarnt hatte, daß die Frauen der Regimentsoffiziere sie würden kennenIernen wollen, hatte sie nicht so bald damit gerechnet. Wahrscheinlich war es zwangsläufig, daß die erste Besucherin die Gattin eines Colonels war. Der Status der Frauen von Armeeangehörigen war an den ihrer Männer gebunden, und die höchstrangige einer Station würde es für ihre Pflicht halten, jede neueingetroffene Frau zu begutachten.
    Während Laura auf die Füße kam, rauschte auch schon eine hübsche, braunhaarige Lady Ende Dreißig herein. »Guten Tag, liebe Lady Falkirk. Ich bin Blanche Baskin. Ich möchte Sie als erste in Cambay willkommen heißen.«
    »Bring uns doch bitte Tee, Bhawar«, sagte Laura freundlich.
    Mrs. Baskin setzte sich und bemerkte bewundernd: »Sie sprechen aber gut Urdu. Sehr ungewöhnlich für eine weiße Frau.«
    »In den Familien der Verwaltungsbeamten ist es eine Frage des Stolzes, mit Einheimischen in ihrer Sprache zu sprechen.« Laura nahm neben ihrem Gast Platz. »Zudem gab es wenig Europäer dort, wo ich lebte, so daß ich ein recht stilles Leben geführt hätte, wenn ich kein Urdu könnte.«
    Die andere Frau schauderte pikiert zusammen. »Gott sei Dank sind Armeestandorte groß genug, so daß man wenigstens eine Art gesellschaftliches Leben führen kann. Eine Frau hier braucht überhaupt kein
    Urdu zu sprechen, obwohl ein paar Sätze durchaus nützlich sein könnten.« Ihr Blick glitt offenbar zufrieden über Laura. »Ich habe gehört, Sie seien Russin, aber Sie sprechen wie eine Engländerin.«
    Einen Augenblick überlegte Laura, ob sie die Neugier der Frau abwehren sollte, aber sie wollte nicht, daß Ians Freunde ihn bemitleiden würden, weil er eine Schreckschraube geheiratet hatte. »Ich bin in Rußland geboren, kam aber etwa mit zehn nach England«, erklärte sie also wahrheitsgemäß. »Mein Stiefvater war bei der Company. Nachdem er ein paar Jahre in Haileybury gelehrt hatte, nahm er wieder einen Posten in Indien an. Dort haben Ian und ich uns kennengelernt.«
    Nach einem weiteren prüfenden Blick nickte Mrs. Baskin zufrieden. »Sie passen sehr gut zu Ian.«
    »Schön, daß Sie der Meinung sind. Ich werde es meinem Mann berichten«, antwortete Laura, ohne den säuerlichen Ton in ihrer Stimme unterdrücken zu können. Dann kam der Tee, und sie schenkte zwei Tassen ein.
    Die Frau des Colonels nahm die Tasse und lächelte gewinnend. »Sie wünschen mich zum Teufel, nicht wahr, Lady Falkirk? Aber es wird noch schlimmer kommen, denn jede Frau im Regiment will Sie unbedingt sehen. Ian ist immer schon als glänzende Partie betrachtet worden, sogar noch bevor er den Titel erbte, und seine Wiederauferstehung von den Toten macht ihn nur noch faszinierender. Jetzt wird lautstark gejammert, daß Sie ihn sich geschnappt haben, bevor noch eine von Cambays Schönen eine Chance gehabt hat. Ach, übrigens, wenn Sie es noch nicht gehört haben: Der Ball wird heute in zwei Tagen im Club stattfinden.«
    Verärgert, daß jeder mehr wußte als sie, murmelte sie: »Sie sind gut informiert.«
    »Längst nicht so gut, wie ich es gerne wäre.« Mrs. Baskin beugte sich mit schiefgelegtem Kopf nach vorn. »Sagen Sie mir bitte, Lady Falkirk - wie ist Ian im Bett? Ich gebe offen zu, daß ich alles versucht habe, um ihn da hineinzukriegen, aber er hielt beharrlich an seiner Angewohnheit fest, nicht mit den Frauen anderer Offiziere zu schlafen.«
    Laura schnappte nach Luft und war sprachlos. Sie spürte, wie glühende Röte in ihre Wangen kroch, und wäre am liebsten im Erdboden versunken.
    Mrs. Baskin lehnte sich im Stuhl zurück. »Jetzt habe ich Sie in Verlegenheit gebracht«, sagte sie zerknirscht. »Sie wirken wie eine verständige, realistische Frau, so daß ich ganz vergessen habe, daß Sie ja gerade erst geheiratet haben.«
    »Ich bin bestimmt nicht realistisch genug, um bei einer Diskussion solch intimer Details nicht schockiert zu reagieren«, erwiderte Laura steif.
    Eine Augenbraue

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