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Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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David ist zu seiner Kompanie gegangen. Er ist zwar für heute und morgen freigestellt, möchte aber seine Männer nicht vernachlässigen.«
    Nachdem er seinen Topi neben der Tür aufgehängt hatte, kam er zu ihr und küßte sie auf die Stirn. »Du siehst müde aus. Haben die Frauen dich erschöpft? Ich hätte nicht auf David hören und bei dir bleiben sollen.«
    Laura musterte ihren Mann. Die Zeit mit seinem Bruder mußte ihm gutgetan haben, denn er wirkte wieder viel entspannter. »Die Parade der Besucher begann mit Mrs. Baskin«, sagte sie, »die vor allem wissen wollte, wie du im Bett bist.«
    Ian wich zurück, als hätte sie ihn geohrfeigt. »Tut mir leid, daß du dich damit auseinandersetzen mußtest«, gab er zurück, als er seine Fassung wiedererrungen hatte. »Sogar für Blanche Baskin ist das eine ziemlich dreiste Bemerkung. Blanche ist wirklich keine üble Person, aber Leute zu schockieren, ist eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen. Nach ihr müssen dir die anderen Gäste ja wie die Tugend in Person erschienen sein.«
    »So in etwa. Besonders die Inderin, die vor ein paar Minuten erst hier war. Leela hieß sie. Ich vermute, sie ist eine alte Freundin von dir.« Lauras Brauen zogen sich zusammen. »Sie hatte einen kleinen Jungen bei sich, vielleicht achtzehn Monate alt, und nach meiner Meinung halb europäisch. Leela bittet dich, sie zu besuchen. Ich denke, es ist dringend. Sie sagte, daß sie immer noch am selben Ort lebt. Du wüßtest Bescheid.«
    Während Laura sprach, verdichtete sich die Atmosphäre zwischen ihnen. »Ich verstehe.« Ians Miene war undefinierbar, wie aus Stein gehauen. »Ich gehe sofort zu ihr. Die Hütte ist nicht weit entfernt.«
    »Sehr freundlich von dir«, erwiderte Laura, ohne den Versuch zu machen, den beißenden Tonfall zu mildern.
    Ian nahm seinen Topi vom Haken. »Laura...«, sagte er zögernd, brach dann aber ab, als wüßte er nicht, wie er fortfahren sollte.
    »Geh schon. Ich bin sicher, daß Leela bereits ungeduldig auf deinen Besuch wartet.« Laura stand auf und ging steif in ihr Schlafzimmer, wo sie die Tür behutsam, aber nachdrücklich schloß.
    Dort riß Laura ein Kissen von einem Stuhl und schleuderte es quer durchs Zimmer gegen die gegenüberliegende Wand, wo es eine verdatterte Eidechse von der Mauer fegte. Ian mochte sich ja hartnäckig verheirateten Regimentsfrauen verweigern, doch Leela war ein Beweis, daß er ein Mann mit männlichen Bedürfnissen war. Zumindest gewesen war, dachte Laura biestig. Wenigstens mußte sie nach dem, was ihm im Gefängnis passiert war, nicht befürchten, daß sein abendlicher Besuch bei seiner ehemaligen Geliebten im Bett endete.
    Der Schock über die Gehässigkeit ihrer Gedanken löschte Lauras Zorn und ließ nur noch die Demütigung zurück. Sie schob das Moskitonetz beiseite, rollte sich auf dem Bett zusammen und rief sich in Erinnerung, daß die Sache lange zurücklag, selbst wenn Leela seine Mätresse gewesen sein sollte. Doch Vernunft reichte nicht aus, um das Gefühl, betrogen worden zu sein, zu verscheuchen.
    Als sie eingewilligt hatte, Ian zu heiraten, war sie sich darüber im klaren gewesen, daß es Probleme mit sich bringen würde, die nicht vorhersehbar waren. Nun war ein solches Problem aufgetaucht. Bebend umschlang sie eines der dicken Kissen. Es war zutiefst beunruhigend, erkennen zu müssen, daß sie auch in dieser seltsamen Ehe nicht vor Eifersucht gefeit war.
    Als Ian aus Leelas Haus zurückkehrte, war er auf Lauras Zorn vorbereitet, aber sie saß ruhig am Schreibtisch ihres Schlafzimmers und schrieb Pjotrs Tagebuch ab. Sie hatte gebadet und sich umgezogen und wirkte im Lampenlicht gelassen und schön. Er fragte sich, wie lange diese Haltung dauern würde. Als er gegangen war, hatte sie gewirkt, als wollte sie ihn zu Krokodilsfutter zerfetzen.
    Sie blickte auf, als er eintrat, und ihre Miene verriet nichts. »Ist... ist alles unter Kontrolle?«
    »Ja.« Er zog seinen Rock aus und band die Krawatte ab. »Falls du dich das gefragt hast: Der Junge ist nicht von mir.«
    Nach einer langen Pause sagte Laura: »Ich könnte mir vorstellen, daß du fast ein wenig traurig bist, daß es so ist.«
    Ians Magen zog sich zusammen, als sie so treffend das aussprach, was er fühlte. Er war besorgt gewesen, als er von Leelas Besuch gehört hatte, aber dennoch war plötzlich die Hoffnung in ihm aufgekeimt, daß sie vielleicht ein ungeplantes Kind von ihm hätte, das ihn über die hinwegtrösten könnte, die er niemals mehr haben konnte.

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